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Das Wüten der ganzen Welt

Das Wüten der ganzen Welt

Titel: Das Wüten der ganzen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maarten 't Hart
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schließlich: »Nun ja, nun weißt du es.«
    Dann, während ich doch normalerweise so schroff bin, sagte ich etwas, von dem ich jetzt noch nicht begreife, wie ich es über die Lippen gebracht habe: »Das steht dir verdammt gut, ja, du siehst aus wie eine Gräfin, aber wie kommst du...« Da begriff ich, wessen Rock und Bluse und Schuhe er angezogen hatte und wessen Hut er aufgesetzt hatte. Auch begriff ich, wo er den Lippenstift und all die anderen Make-up-Artikel gefunden hatte, mit denen er sein rundes, noch jungenha ftes Gesicht in ein maskenhaftes Mädchengesicht verzaubert hatte.
    »Tust du das öfter?« fragte ich.
    Er machte eine Gebärde, die sowohl ja als auch nein bedeuten konnte, und ich ging wieder ins Zimmer, in dem der Flügel stand, und er kam hinter mir her. Wir setzten uns in die Sessel, und er sagte: »This is very embarrassing.«
    Warum sagte er das auf englisch? Weil es die Sprache seiner Mutter war? Oder um eine Art Abstand zu schaffen? Oder um seine Verlegenheit zu überspielen? Das Eigenartige war, daß er so überzeugend mädchenhaft aussah, und nicht allein überzeugend mädchenhaft, sondern auch wie ein Mädchentyp, den man niemals im Hoofd antreffen würde. Kurz, wohl ein Mädchen, aber bestimmt kein hittepetitje. Damit hatte er auf einmal einen enormen Vorsprung vo r mir, der ich so unendlich gern aus dieser Welt herauswollte und in der er, wie er jetzt aussah, nie und nimmer akzeptiert werden würde. Und indem ich dies letzte durchschaute, wußte ich: Wenn es mir gelang, dies zu akzeptieren, nahm ich ebenfalls vom Hoofd Abstand und damit zugleich von allem, was dort nicht möglich war oder nicht möglich sein durfte. Daher sagte ich: »Was embarrassing genau bedeutet, weiß ich nicht, aber ich hab hier auch mal rumgeschnüffelt, ich hab hier auch schon mal andere Kleider angezogen.«
    »Du? Aber du... nein, das glaub ich nicht, solltest du...«
    »Nun ja, keine Frauenkleider, das nicht, aber den Mantel und den Hut und den Schal von dem Mörder. «
    »Von dem Mörder? Welchem Mörder?«
    »Dem Mörder von Vroombout.«
    »Hängen hier die Kleider von dem Mörder?«
    »Meiner Meinung nach ja. Auf dem Dachboden. Warte, ich werde sie holen, ich werde sie anziehen, dann kannst du sehen, wie er aussah, vielleicht weißt du dann, wer es ist.«
    Absichtlich trödelte ich, obwohl ich Halstuch, Mantel und Hut sofort wiedergefunden hatte, noch lange auf dem Dachboden herum, damit er die Kleider von Maria Minderhout ausziehen und sein Gesicht waschen konnte. Als ich wieder nach unten kam, hatte er dies tatsächlich getan, was mich sehr erleichterte.
    »Sieh dir das an«, sagte ich, »dies ist meiner Meinung nach der Schal, den der Mörder sich vors Gesicht hielt, oder sonst ist es genau so ein Schal. Beim Hut und Mantel bin ich weniger sicher, aber sie können es sehr wohl gewesen sein.«
    »Aber wie sind sie denn bei Minderhout gelandet? Und warum hat Minderhout dann die Sachen nicht weggeworfen?« fragte er. »Das versteh ich überhaupt nicht, ich würde sofort alles verbrennen oder so...«
    »Kapier ich auch nicht. Vielleicht sind es auch gar nicht die Sachen, dies sind Dinge, die man überall kaufen kann, aber trotzdem: Wenn ich sie anziehe, sehe ich diesem Mann ziemlich ähnlich.«
    »Dann zieh sie mal an.«
    »Nein, zieh du sie mal an«, sagte ich. »Meiner Meinung nach siehst du dann auch so ähnlich aus wie der Mann.«
    Aber das war keineswegs so. Ausstaffiert mit Mantel, Schal und Hut, sah William wie ein kleiner Junge aus, der die Kleider seines Vaters angezogen hatte. Erst als ich alles angezogen hatte, stand ein weiteres Mal, in einer schmächtigeren Ausführung, der Mann dort, den ich nur kurz gesehen hatte.
    »Wenn du wirklich dem Mann so ähnelst«, sagte er, »ist es jemand, den ich noch nie gesehen habe.« Wir hörten die Haustür.
    »Jesus, kommen sie etwa jetzt schon nach Hause?« fragte William erschrocken.
    Er lief zur Treppe, schaute nach unten. Der Wind hatte die Tür, die noch immer angelehnt gewesen war, weit aufgestoßen. Dennoch war ich so erschrocken, daß ich hastig alles auszog und es schnell wieder auf den Dachboden brachte.
    Dann saßen wir mit bleichen Gesichtern in den Sesseln. Wir dachten nicht im entferntesten daran, jetzt noch zu musizieren, ich fragte: »Warum bist du eigentlich in den Kleidern nach draußen gegangen?« Er sagte: »Wenn du dich verkleidet hast, ist da ein unwiderstehlicher Drang, darin auf die Straße zu gehen. Du hast eine Heidenangst, dennoch

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