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Das Wüten der ganzen Welt

Das Wüten der ganzen Welt

Titel: Das Wüten der ganzen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maarten 't Hart
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gleich wegwerfen. Nichts da: erst schmieren, dann schneiden.«
    »Ja, erst schmieren, dann schneiden«, johlten die vier Varekamp-Kinder.
    »Ihr eßt zu Hause sicher auch Blutwurst?« fragte juffrouw Varekamp. »Manchmal«, sagte ich.
    »Das hab ich mir gedacht«, sagte juffrouw Varekamp, »wo sie erst schneiden und dann schmieren, essen sie auch Blutwurst, hab ich schon oft gesehen!« »Igitt, Blutwurst!« riefen die Varekamp-Kinder. »Also, das kann ich dir sagen«, sagte juffrouw Varekamp, während sie mich drohend anblickte und kämpferisch ihre Schürzenträger hochschob, »wir essen prinzipiell keine Blutwurst. Steht in der Bibel, gleich am Anfang, in Genesis: ›Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; nur Fleisch, das seine Seele - sein Blut - noch in sich hat, dürft ihr nicht essen.‹«
    »Wenn ihr zu Hause Blutwurst eßt«, sagte Vater Varekamp, »dann seid ihr, es tut mir leid, daß ich das sagen muß, keine guten Christenmenschen. Das hätte ich nun niemals von euch gedacht, ehrlich nicht.«
    »Du faßt es nicht«, sagte juffrouw Varekamp, »daß fast alle Christenmenschen einfach Blutwurst essen! Aber na ja, man hört auch nie einen Pastor darüber predigen, die übersehen das glattweg alle, obwohl es doch sozusagen das Nullte Gebot ist, denn es steht in der Bibel noch vor den Zehn Geboten.«
    »Nun, ich bin froh, Mutti«, sagte Varekamp zu seiner Frau, »daß wir uns darin so rührend einig sind. In dieses Haus hier kommt keine Blutwurst. Stell dir mal vor, daß ich mit irgendeiner Mamsell verheiratet wäre, die Blutwurst auftischen wollte... Ach, Mut ti Var, wenn ich dich nun nicht hätte...«
    Er seufzte, hielt das Brot hoch, hob mit der anderen Hand das Messer, das, so wußte ich, gleich darauf wie eine Flußschwalbe in die Margarine eintauchen würde, und sagte: »Und doch hat nicht viel gefehlt, und es wäre nichts mit uns geworden. Du hättest rein gar nichts von mir wissen wollen, wenn ich nicht mit diesen meinen Fäusten...«
    Er legte Brot und Messer hin und breitete dann seine beiden riesigen Hände auf dem Tischtuch aus.
    »Mit diesen beiden Fäusten«, sagte er, während er seine Hände kurz auf und ab bewegte, »ja, mit diesen beiden Fäusten habe ich den ganzen Kasten von irgendwo bei Doggerbank nach Hoek zurückgerudert, Vroombout wollte mich dauernd ablösen, und dann sagte ich: ›Nee, Schiffer, ich bin noch nicht müde, es geht sehr gut, solange es noch geht, würde ich gern eben an den Riemen bleiben.‹
    Und Vroombout sagte zu mir: ›Ja, Leen‹, sagt er, ›da findet man an der ganzen Wasserstraße keinen, der strammer rudern kann als du!‹ sagt er. ›Also wenn's noch geht, dann ruder man weiter!‹ sagt er.« Vater Varekamp rieb sich mit der linken Hand liebkosend über den Spann seiner rechten Hand.
    »Mit diesen beiden Fäusten«, sagte er, seine Stimme erhebend.
    Und im Hafen tutete wie zur Bestätigung dessen, was Varekamp gesagt hatte, zweimal das Lotsenboot.
    »Da fährt die Sirius«, sagte Vater Varekamp. Dann blickte er wieder auf seine Hände. »Wo war ich noch mal stehngeblieben?« fragte er. »Da, wo Sie nach Hoek ruderten«, sagte ich. »O ja«, sagte er, »na, um es kurz zu machen, ich hab den ganzen Kasten mitten aus Doggerbank nach Hoek gerudert, und darüber haben sie hier im Hoofd hinterher noch tagelang geredet, und Mutti Var hat es damals auch gehört...«
    Fragend schaute er juffrouw Varekamp an. »Wo hast du's noch gleich zuerst gehört?«
    »Am nächsten Montag, als ich so um sechs in der Schlange für heißes Waschwasser anstand«, sagte juffrouw Varekamp.
    »Ach ja, da... das hätte ich nun direkt vergessen, wie ist das möglich, na ja, um es kurz zu machen, sie bekam da tatsächlich wohl ein bißchen Lust auf mich, nicht wahr?«
    »Ein bißchen«, sagte juffrouw Varekamp mürrisch.
    »Genau, du gingst doch nicht mehr ein so großes Stück zur Seite, wenn ich mich neben dich stellte, am Sonntag nach der Kirche, wo wir uns zufällig bei einem Schwätzchen trafen. Aber ich hab noch den ganzen Krieg dazu gebraucht, um dich zu bekommen den ganzen Krieg. Und nachdem die Scheißmoffen dann abgehauen waren, hattest du immer noch irgendwie ein Auge auf so 'nen Mistkanadier geworfen... Na ja, als dieser Schwächling sich auch davongemacht hatte, konntest du mich Gott sei Dank nicht schnell genug heiraten... aber der Anfang war, als hier im Hoofd plötzlich jeder davon sprach, daß ich ganz allein die ganze Nacht... ja, Tungens, wenn dieser Scheißmoff

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