Das Wunder der Liebe
Blick war kälter als das Eis draußen.
Wren musste tief durchatmen, als sie an Blaine Thomas dachte. Ja, sie hatte einmal dem falschen Mann vertraut. Sie hatte sich ohne ihre Eltern so einsam gefühlt, dass sie unbedingt an Blaines Liebe hatte glauben wollen. Doch bei Blaine hatte sie gegen ihren Instinkt gehandelt. Sie hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte, dass er zu bereit war, auf sie einzugehen, aber in ihrer Verzweiflung hatte sie ihre innere Stimme ignoriert und am Ende einen hohen Preis dafür bezahlt.
Und dieselbe Stimme, die sie vor Blaine gewarnt hatte, drängte sie jetzt dazu, auf Keegan einzugehen.
“Offensichtlich treibt Sie irgendetwas dazu, sich so aggressiv zu benehmen”, sprach sie unbeirrt und mit erhobenem Kinn weiter. “Irgendetwas Schreckliches, das mit Ihrer Vergangenheit zu tun hat. Es ist Ihre Sache, wenn Sie mir nicht davon erzählen wollen. Aber das hier ist mein Haus, und wir haben Weihnachten, und ich kann Ihr schlechtes Benehmen nicht billigen.”
“Entschuldigen Sie”, sagte er bedrückt. “Das haben Sie auch nicht verdient.”
“Ich nehme Ihre Entschuldigung an. Warum gönnen Sie sich jetzt nicht einfach ein warmes Bad und versuchen, sich ein wenig zu entspannen?”
Er drehte sich, ohne ein Wort zu sagen, um und ging tatsächlich ins Badezimmer, bestürzt über die Gedanken, die ihm jetzt durch den Kopf fuhren.
Wrens Haltung überraschte ihn. Die meisten Frauen wären vor ihm geflüchtet. Maggie hätte es sicherlich getan. Seine Frau hatte Auseinandersetzungen gehasst. Das war eines der größten Probleme in ihrer Ehe gewesen. Sie hatte ihm niemals die Stirn geboten. Nie eine eigene Meinung gehabt. Im Geheimen hatte ihm dieser Charakterzug missfallen. Keegan, der von ganzem Herzen Polizist gewesen war, liebte Herausforderungen.
Natürlich hatte er keine ständige Disharmonie in der Familie gewollt. Bei weitem nicht. Davon hatte er genug bei seinen Eltern gehabt, aber wenn Maggie mehr Persönlichkeit gezeigt hätte, hätte das ein wenig mehr Feuer, etwas mehr Leidenschaft in ihre Ehe gebracht. Mit Wren zusammen spürte er manchmal diese Funken, die er in der Beziehung mit seiner Frau vermisst hatte.
Maggie war immer freundlich und angepasst gewesen, hatte ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Ihre Unschuld, ihre Hilflosigkeit hatte seinen Beschützerinstinkt geweckt, aber wenn er ehrlich war, hatte ihre Abhängigkeit ihn manchmal gestört. Er hatte immer alles unter Kontrolle halten müssen, hatte nie Schwäche zeigen können. Ständig den starken Mann zu spielen konnte anstrengend sein.
Wrens Weigerung, sich vor seiner Wut zu beugen, hatte Keegan beeindruckt und auch beruhigt. Sie hatte ihn wieder zur Besinnung gebracht und Verantwortung für sein Handeln gefordert. Ihr Verhalten war ausgesprochen klug gewesen, das musste er sich eingestehen.
Sie war eine beeindruckende Frau. Sanft und liebevoll wie Maggie, aber mit einem stählernen Kern, der Keegans Respekt forderte. Seine Bewunderung für sie war noch gewachsen. Als er in jener Nacht an ihre Tür klopfte, hätte er niemals gedacht, dass sie solch eine starke und fähige Persönlichkeit war.
Keegan schloss die Badezimmertür und schaute in den Spiegel. In seinem Blick lag ein gehetzter Ausdruck. Sein Gesicht wirkte hager, die Züge verbittert. Die ersten grauen Haare zeigten sich an seinen Schläfen, und Faltchen zogen sich um seine Augen. Wann hatte er angefangen, so alt auszusehen?
Er war erst fünfunddreißig Jahre alt, aber fühlte sich drei Mal so alt. Die letzten achtzehn Monate hatten ihren Preis gefordert.
Ob Wren Matthews mich wohl attraktiv findet? fragte er sich.
Oder hat sie nur Mitleid mit mir?
Als sie heute Morgen von der Leiter in seine Arme fiel, glaubte er, Verlangen in ihren Augen gesehen zu haben. Oder hatte er sich geirrt?
Es störte ihn, dass er sich zu dieser Frau so hingezogen fühlte. Es gab für sie in seinem Leben keinen Platz. Sein Herz wäre selbst dann leer und dunkel, wenn er nicht auf der Jagd nach Connor wäre. Er hatte nichts zu geben, schon gar nicht solch einer wunderbaren Frau wie Wren.
Als sie ihm vorhin den Job auf der Farm anbot, war er einen flüchtigen Moment lang in Versuchung gekommen, ihr Angebot anzunehmen. Er brauchte Heller nicht zu verfolgen, er konnte das der Polizei überlassen, die ihn ebenfalls suchte. Er könnte sein Leben hier in Stephenville, Texas, neu beginnen. Er hatte die Wahl, seine Wut, seinen Hass endlich loszulassen und sich von Wrens
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