Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
auch?«, fragte das Mädchen.
»Quatsch. Ich hasse sie nicht«, murmelte Willa, dann drehte sie sich um, trat an seinen Tisch und schenkte ihm ein höfliches Lächeln. »Wie ich sehe, bist du heil nach Hause gekommen.«
»Ja. Ich wollte mich für gestern Abend entschuldigen. Ich bin schon lange nicht mehr so fertig gewesen.« Er rieb sich die Augen, fühlte sich wie ein Geist seiner selbst, so, als ob jemand, der ihn berühren wollte, nur in die Luft greifen würde. »Ich könnte wahrscheinlich noch etliche Tage weiterschlafen.«
»Warum bist du dann hier?«
»Ich wollte nur einen kleinen Zwischenstopp einlegen.« Er hielt seine Kaffeetasse hoch. Der Cappuccino schmeckte wirklich ausgesprochen gut.
»Ziehst du wieder weiter?« Bei dem Gedanken hob sich ihre Stimmung.
»Nein. Ich werde etwa einen Monat hierbleiben. Im Moment bin ich auf dem Weg nach Asheville.«
Sie schickte sich an zu gehen. »Dann will ich dich nicht aufhalten.«
»Das tust du nicht.« Er deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. Sie starrte ihn an. Ihre hübschen hellgrauen Augen wurden ein wenig schmal, doch dann zog sie den Stuhl heraus und setzte sich. »Dir gehört also jetzt dieser Laden.«
»Ja«, antwortete sie zögernd, als hielte sie es für eine Fangfrage. »Wie ich dir gestern Abend schon erzählt habe und weshalb du mich heute früh hier aufgestöbert hast.«
Er sah sich kurz um. An der National Street waren ihm zwei weitere Sportgeschäfte aufgefallen, aber Willa schien etwas gefunden zu haben, das ihren Laden von den anderen unterschied – Ökosportbekleidung, umweltfreundlich hergestellte Sportartikel und das Café im Laden. Im ganzen Raum roch es nach gerösteten Kaffeebohnen – intensiv und geheimnisvoll. »Du gehst bestimmt oft zum Wandern und Campen.«
»Nein. Ich war zum letzten Mal in der dritten Klasse bei einem Klassenausflug im Cataract. Damals habe ich mich an Giftsumach verbrannt.«
»Dann stehst du wohl auf Kaffee.«
»Geht so.« Willa nickte dem Mädchen hinter der Kaffeetheke zu. »Dafür ist meine Freundin Rachel zuständig.«
»Warum gehören dir dann ein Sportgeschäft und ein Café?«, fragte er ein wenig verwirrt.
Sie zuckte mit den Schultern. »Vor ein paar Jahren habe ich jemanden getroffen, der den Laden verkaufen wollte. Und ich brauchte eine Beschäftigung.«
»Und dann hast du den Laden gekauft.«
»Richtig.«
Er stützte sich auf den Ellbogen. Warum beschäftigte ihn das so sehr? Als er gestern auf dem Jackson Hill gemerkt hatte, dass sie es war, die da auf der Motorhaube eines Jeeps saß, hatte ihn ein unerwartetes Glücksgefühl erfasst. Ihm war, als träfe er seine Mentorin wieder. Willa Jackson, deren Streiche so legendär waren, dass sie immer zu den ersten Dingen gehörten, über die er auf den höchst seltenen Klassentreffen mit seinen ehemaligen Schulfreunden plauderte. Der Aufwand bei einigen dieser Streiche – die Sorgfalt, die detaillierte Planung, die Zeit – war wirklich erstaunlich gewesen. Zum Beispiel bei ihrem letzten Streich, als sie den Feueralarm auslöste. Und als alle Schüler draußen versammelt waren, hatte sie auf dem Schuldach ein gigantisches Banner mit den Worten »Willa Jackson ist der Walls-of-Water-Highschool-Joker« entrollt. »Ich habe dich beobachtet, als dich die Polizei aus der Schule holte. Du hast nicht verlegen gewirkt. Eher erleichtert. So, als könntest du endlich aufhören, uns etwas vorzumachen. Ich dachte, du würdest die Stadt auf Nimmerwiedersehen verlassen.«
Sie sah ihn entnervt an. Er konnte es ihr nicht verübeln. Er hätte einfach den Mund halten sollen. Die Sache ging ihn nichts an.
Nein, etwas musste er noch loswerden. »Du bist der Grund, warum ich einen eigenen Weg gegangen bin, anstatt zurückzukommen und zu tun, was alle von mir wollten«, sagte er. Ihre Brauen gingen in die Höhe. »Niemand glaubte, dass du zu all dem Chaos fähig wärst, und du hast ihnen gezeigt, dass man dich nicht unterschätzen sollte. Wenn du so kühn sein konntest, dann konnte ich das auch, dachte ich damals. Das verdanke ich dir – dem Joker.«
Sie schüttelte den Kopf. »Diese Kühnheit, wie du es nennst, führte zu einem Direktoratsverweis. Ich wäre beinahe von der Schule geflogen und durfte nicht an der Abschlussfeier teilnehmen. Und mein Dad wurde wegen mir rausgeworfen. Ich habe für meine Streiche seine Schlüssel und seine Computer-Passwörter benutzt. Verherrliche es nicht, Colin. Es freut mich, dass du deinen Weg gefunden hast, und auch,
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