Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
fühlen?«
»Ich kann Stimmungen verändern. Was ich nicht verändern kann, sind Menschen. Dafür gibt es keinen Zauber. Wen wollen Sie denn verändern?«
Paxton stutzte. Sie wollte nicht, dass Sebastian sich änderte. Und in jemanden verliebt zu sein war auch in Ordnung. Auch das wollte sie nicht ändern. Ihr ging auf, dass dies ihr allerletzter, verzweifelter Versuch war, die Dinge ihrem Willen zu unterwerfen. Finde heraus, was dich glücklich macht, hatte ihr Bruder ihr geraten. Das hier brachte ihr kein Glück, weshalb es also weiter betreiben? Es war Zeit, sich endlich mit ihrem Schicksal abzufinden. »Vermutlich niemanden«, antwortete sie.
Claire lächelte verständnisvoll. »Das ist auch besser so. Je härter wir kämpfen, desto schlimmer wird es. Ich spreche aus Erfahrung.«
Paxton verließ die Küche. Sie fühlte sich ein wenig benommen. Aber das machte ihr nichts aus. Sie ging in Moiras Wohnzimmer, wo Sebastian auf sie wartete.
Trotz seiner feinen Gesichtszüge und seiner schlanken Gestalt konnte er, wenn er wollte, wie der Lord eines Herrenhauses wirken – erhaben und unnahbar. Genau so sah er jetzt aus. Er saß mit gekreuzten Beinen auf der Ledercouch und starrte aus dem Fenster. Als er sie kommen hörte, drehte er sich um.
»Du hast ihr das Geschenk nicht gegeben«, stellte er überrascht fest.
Paxton schaute auf die eingewickelte Schachtel in ihrer Hand. »Nein. Ich glaube, ich würde jetzt gern gehen.«
Er stand auf und holte sein Jackett, das er über die Lehne gelegt hatte. Draußen überreichte er dem Pagen das Parkticket. Paxtons Blick fiel auf die ukrainischen Künstler, die gerade in einen großen weißen Kombi stiegen. Spontan ging sie zu ihnen und überreichte ihnen das Geschenk ihrer Mutter. »Danke«, sagte sie. »Sie haben wundervoll gespielt.«
Die Leute lächelten, auch wenn sie diese seltsamen Amerikanerinnen aus dem Süden nicht so recht verstanden.
Der Page fuhr gerade mit Sebastians Wagen vor, als sie zu ihm zurückging. Sebastian half ihr beim Einsteigen und setzte sich ans Steuer.
Bevor er den Motor startete, sagte sie: »Ich hätte Claire Waverley beinahe um einen Liebestrank gebeten.«
Er lehnte sich zurück und sah sie an. »Beinahe?«
»Ich möchte nicht, dass du etwas bist, was du nicht bist. Du bist wunderbar, so wie du bist. Meine Gefühle sind zwar unpassend, aber nicht falsch. Ich glaube nicht, dass ich sie ändern will, selbst wenn ich es könnte.«
Seufzend beugte er sich zu ihr und lehnte die Stirn an die ihre. Dann schloss er die Augen. Auch er schien die Hoffnungslosigkeit der Lage zu verstehen. Nach einer Weile lehnte er sich ein wenig zurück und sah sie an. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, dann beugte er sich langsam, kaum wahrnehmbar wieder zu ihr und betrachtete ihren Mund. Das machte er bestimmt, weil sie es sich so sehr wünschte. »Tu es nicht«, flüsterte sie, als seine Lippen den ihren so nahe waren, dass sie den schwachen Geruch seines letzten Schlucks Wein riechen konnte. »Bitte hab kein Mitleid mit mir.«
Er wirkte verwirrt. »Wie kommst du darauf, dass ich dich bemitleide?«
»Ich weiß, dass du nicht gern darüber redest und dass du deine Sexualität gern in eine Aura des Geheimnisvollen hüllst. Aber ich habe dich gesehen. Weißt du noch? Damals, im Einkaufszentrum von Asheville. Es war in unserem letzten Schuljahr. Du warst von ein paar Jungs umgeben. Einer von ihnen beugte sich vor und küsste dich, und du hast mir direkt in die Augen geschaut.« Er lehnte sich verdutzt zurück. Sofort vermisste sie seine Nähe. »Ich werde dich nie darum bitten, etwas zu sein, was du nicht bist. Niemals. Ich weiß, dass du nicht das für mich empfinden kannst, was ich für dich fühle. Aber das ist mein Problem, nicht deines. Ich muss dieses Hindernis überwinden, nicht du.«
Er atmete tief durch und schüttelte den Kopf. »Das hatte ich völlig vergessen«, sagte er.
Es kehrte ein peinliches Schweigen ein, bevor er den Wagen startete und losfuhr. An einer Kreuzung musste er halten, und Paxton erkannte den Wagen, der links neben ihnen stand. Colin saß am Steuer, Willa neben ihm. Colin hupte und winkte.
Hätte sie ihren Bruder nicht so geliebt, hätte sie sich in dem Moment vermutlich sehr über ihn geärgert.
Sein Tag war offenkundig um vieles besser gewesen als der ihre.
ZWÖLF
Seltsame Verführung
R achel Edney hielt sich im Grunde für einen nüchternen Menschen. Sie glaubte nicht an Geister oder anderes abergläubisches Zeug
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