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Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
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Jackett aus und schüttelte es.
    »Meine Großtante hat viel von ihm erzählt«, sagte er, legte sich das Jackett über den Arm und nahm Paxton sein Glas ab. »Von Tucker Devlin. Sie sagte, als er hierherkam, hat er diesen Ort mit seinem Zauber in Geiselhaft genommen. Erinnerst du dich an das Bild in meinem Schlafzimmer, das ich von ihr habe? Das mit dem Vogel, der auf dem Rand einer Schüssel voller Beeren sitzt?«, fragte er Paxton. Nach dieser Bemerkung wurden unauffällig ein paar Blicke gewechselt. Nun wussten alle, dass sie in seinem Schlafzimmer gewesen war. Paxton fragte sich, ob er das absichtlich gesagt hatte. »Sie hat mir erzählt, dass Tucker Devlin sie einmal besucht hat«, fuhr Sebastian fort. »Er umwarb alle Mädchen, um sicherzugehen, dass jede seinem Bann erlag. Sie erzählte; während er da stand und mit ihr plauderte, griff er in das Bild, holte eine Handvoll Beeren heraus und verzehrte sie direkt vor ihren Augen. Seine Hand blutete allerdings, als hätte der Vogel reingepickt. Diese Geschichte hat mich immer besonders fasziniert. Normalerweise neigte meine Großtante nämlich nicht zu solchen Hirngespinsten. Aber wenn ich jetzt das Bild betrachte, frage ich mich immer, ob es Blut ist oder Beerensaft, was da am Schnabel dieses Vogels klebt.«
    »Moment mal«, sagte Honor. »Auch meine Großmutter hat etwas von einem Zauberer erzählt. Einem Handelsvertreter, der durch den Ort kam, als sie eine junge Frau war. Sie sagte, er habe Herzen geraubt. Jedes Mal, wenn sie mir diese Geschichte erzählte, sagte sie: ›Wenn ein Mann so viel Hitze hat, dass er dich verbrennt, wenn er dich berührt, dann ist er der Teufel. Renn weg, so schnell du kannst.‹«
    Das war der Auslöser für eine ganze Reihe beinahe vergessener Geschichten, die Großmütter ihren Enkelinnen über den Zauberer erzählt hatten. Die meisten dieser Geschichten sollten wohl eine Art Warnung sein. Nana Osgood hatte offenbar nicht übertrieben, als sie berichtete, wie stark Tucker Devlins Persönlichkeit gewesen war. Noch heute war Ehrfurcht zu spüren, wenn von ihm die Rede war, selbst wenn die meisten ihn mittlerweile in das Reich der Fantasie abgeschoben hatten.
    Er lebte weiter in den Geschichten, die nun wieder ans Licht traten, weil sein Skelett gefunden worden war. Doch ein solcher Mann hatte es nicht verdient, dass man je wieder an ihn dachte. Warum hätte er nicht einfach unter der Erde bleiben können? Es kam nichts Gutes dabei heraus.
    Plötzlich begannen die Gäste unruhig zu werden, und manche stießen spitze Schreie aus. Paxton stellte fest, dass ein schwarz-gelber Vogel seinen Weg unter das Zeltdach gefunden hatte und nun so nah über den Leuten kreiste, dass sie die Köpfe einzogen. Das tat er mehrere Minuten lang, wobei er immer wieder gegen das Zeltdach flatterte, bis er endlich einen Weg nach draußen fand.
    Als er verschwunden war, wusste keiner mehr, worüber er gerade gesprochen hatte.
    Schließlich bat Moira ihre Gäste, Platz zu nehmen. Sie hielt eine kleine Rede, in der sie sich vor allem selbst beglückwünschte, und vergaß dabei beinahe, die Gruppe – ein ukrainisches Streichquartett – vorzustellen, die der Damenklub in diesem Jahr unterstützte. Dann wurde das Essen serviert, wundervolle Speisen, die mit Rosen garniert waren und nach Lavendel, Minze und Lust schmeckten. Die Leute schlossen bei jedem Bissen die Augen, und die Luft wurde kühl und süß. Das Quartett spielte hinreißende Melodien, die seltsam und exotisch klangen. Es hing eine merkwürdige Sehnsucht in der Luft, die alle spürten. Die Leute begannen, an alte Liebschaften zu denken und an verpasste Gelegenheiten. Anders als bei den meisten solcher Veranstaltungen wollte keiner gehen. Das Essen zog sich über mehrere Stunden hin. Das Quartett spielte sein Repertoire zweimal von vorn bis hinten. Als die Teller abgeräumt wurden, um Platz für das Dessert zu machen, verkündete der Sprecher des Quartetts, dass sie aufbrechen müssten, weil sie am Abend noch eine Vorstellung hatten. Alle streckten sich, als ob sie gerade aus einem angenehmen Schlummer erwacht wären. Moira stand an der Seite und wirkte sehr zufrieden.
    Paxton wandte sich an Sebastian, der nachdenklich in sein Weinglas starrte. »Wenn jetzt gleich das Dessert serviert wird, heißt das, dass die Köchin bald geht. Ich habe wohl keine Gelegenheit mehr, Claire Waverley das Geschenk meiner Mutter zu überreichen. Aber die hatte offenbar niemand.«
    Jemand schräg gegenüber sagte

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