Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)
dir sicher?« Rachel nickte Richtung Schaufenster, und Willa drehte sich um und sah Colin vorbeilaufen. »Ich habe nämlich noch nie erlebt, dass du dich vor jemandem versteckst. Er muss irgendwas Verrücktes mit dir anstellen.«
Als Colin hereinkam, schaute er von Rachel zu Willa. Vermutlich fragte er sich, warum sie ihn so anstarrten. Er sah sogar an sich herab, um sich zu vergewissern, dass mit seiner Kleidung alles in Ordnung war. Er trug Shorts, Wanderschuhe und ein langärmliges Hemd.
Rachel beobachtete, wie sich Willas Augen verengten. »Du bist angezogen, als wolltest du … Nein!« Sie hob abwehrend die Hand. »Auf gar keinen Fall.«
»Rate mal, was wir heute tun!« Colin grinste. »Wir gehen wandern.«
»Ich will nicht wandern«, entgegnete Willa. »Ich bin nicht richtig angezogen.«
»Stehen wir hier in einem Sportartikelladen oder nicht?«
»Deshalb wolltest du mich hier treffen!«, fauchte Willa empört.
»Richtig.«
Willa verschränkte die Arme. »Ohne mich.«
»Na komm schon. Vertrau mir«, bat Colin.
»Ich hole ein Paar Wanderschuhe in deiner Größe, während du dir Shorts und ein T-Shirt anziehst«, bot Rachel eifrig an. Sie hoffte, dass sie und Colin es vielleicht gemeinsam schaffen konnten. »Ich leih dir sogar meinen Cowboyhut aus Stroh.«
»Sie leiht dir sogar ihren Hut«, sagte Colin, sah Willa in die Augen und hob die Brauen, als ob die Sache damit klar wäre.
Rachel wusste, dass Willa nichts tat, was sie nicht tun wollte. Dass sie sich jetzt überreden ließ, zeigte ihr, dass Willa im Moment ausschließlich gegen sich selbst kämpfte.
Im Handumdrehen war Willa passend gekleidet, auch wenn sie aussah wie ein Kind, das gezwungen worden war, hässliche Klamotten anzuziehen, die die Großmutter genäht hatte. »Bringen wir’s hinter uns«, seufzte sie. »Aber wie ich schon sagte – das haben schon andere vor dir versucht.«
»Sie ist einmal mit mir zum Wandern gegangen. Nach ein paar Metern hat sie eine Schlange gesehen und ist zum Auto zurückgerannt«, erzählte Rachel.
Willa schauderte. »Ich mag Schlangen nicht.«
»Die meisten Schlangen sind ganz nett«, meinte Colin.
»Na toll«, sagte Willa auf dem Weg zur Tür. »Du magst Schlangen.«
Colin folgte ihr nach draußen. »Man braucht sich vor Schlangen nicht zu fürchten. Ich könnte dir eine zeigen, die dir vielleicht ganz gut gefällt.«
»Vielen Dank, aber ich will deine Schlange nicht sehen. Im Übrigen habe ich gesagt, dass ich Schlangen nicht mag, und nicht, dass ich Angst vor ihnen habe.«
»Ist das eine Kampfansage?«, fragte er.
»Was hast du nur mit deinen ewigen Kampfansagen? Nein.«
»Besorgt euch doch einfach ein Hotelzimmer«, rief Rachel ihnen nach.
»Das habe ich gehört!«, rief Willa, als die Tür hinter ihnen zuging.
Ja, Rachel Edney glaubte an die Liebe.
Und sie wusste, dass es Liebe war, wenn ihr eine begegnete.
Sie passierten den Eingang zum Cataract-Nationalpark und fuhren weiter auf kurvenreichen Straßen mit wundervollen wildromantischen Ausblicken. Unterwegs gab es immer wieder Aussichtspunkte, an denen man anhalten und den Blick in die Ferne schweifen lassen konnte. Von manchen dieser Plätze hatte man sogar einen Blick auf einige der Wasserfälle, für die dieser Park berühmt war. Doch zu den meisten Wasserfällen gelangte man nur zu Fuß.
Als Colin auf einem Parkplatz anhielt, von dem ein Weg in den Wald führte, sah sich Willa um. »Wohin gehen wir?«
»Zu den Tinpenny Falls.«
Alles in allem war Willa erleichtert. Die Tinpenny Falls waren ein beliebtes Ausflugsziel, und der Weg dorthin war vermutlich nicht allzu tückisch. Leute in den Siebzigern, die in Willas Laden gekommen waren, hatten erzählt, dass sie auf dem Tinpenny-Pfad gewandert waren. Wenn die das schafften, dann sollte das auch für sie kein Problem sein. »Bist du je hier unterwegs gewesen, als du in Walls of Water gelebt hast?«, fragte sie, um noch ein wenig Zeit zu schinden.
Colin löste seinen Sitzgurt. »Nein.«
»Also bist du zum ersten Mal hier?«
»Nein, keine Sorge.« Er legte die Hand auf ihr Knie. Seine Haut fühlte sich warm an auf ihrem durch die Klimaanlage gekühlten Bein. Ihr stockte der Atem. »Ich kenne den Weg. Wenn ich hier zu Besuch bin, gehe ich immer zum Wandern. Es hilft mir zurechtzukommen.«
»Womit denn?«
»Damit, dass ich hier bin.«
Ohne ihre Erwiderung abzuwarten, stieg er aus, schulterte einen Rucksack und schloss den Hüftgurt.
Was für eine seltsame Verführung, dachte sie
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