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Das Wunder von Treviso

Das Wunder von Treviso

Titel: Das Wunder von Treviso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Falk
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Figur um Haaresbreite nicht hinein. Wie war das möglich? Er kanntedie Antwort, und in demselben Moment, in dem ihm klarwurde, dass er den Betrug nun endlich beweisen konnte, spürte er eine große Erleichterung. Er hatte gewonnen. Er hatte diesen Scharlatan von einem Priester entlarvt und seine ganze scheinheilige Gemeinde dazu. Nun konnte er ruhigen Gewissens nach Rom zurückkehren.
    Er fühlte sich derart gelöst, dass er, war es unbewusst oder willentlich, zu pfeifen begann. Hier, in dieser nächtlichen Kirche am hinterletzten Teil seines Universums, stand Francesco de Renzi, Abgesandter im Auftrag der päpstlichen Kurie, und pfiff seine Überlegenheit in die Welt hinaus.
    «Guten Abend, Francesco!», sagte hinter ihm eine vertraute Stimme.

8
    Anna war schon früh zu Bett gegangen, aber er selbst konnte nicht schlafen. Unruhig geisterte Vito an diesem Freitagabend durch das Haus auf der Suche nach etwas, von dem er nicht wusste, was es war. Die Arbeiter waren längst wieder abgefahren, die Infrarotlichtkabine hatte letztlich doch noch ins Haus gepasst, nur hatte man sie durchs Fenster hieven müssen, wobei der Rahmen leicht beschädigt worden war. Er würde einen Beschwerdebrief schreiben müssen. Doch wasihn wirklich aufregte, das wusste er nicht. Schon seit Tagen arbeitete es in ihm, aber er kam zu keinem befriedigenden Ergebnis. Um halb zwölf nachts zog er sich an und machte sich auf den Weg zu seinem Supermarkt, denn wenn er schon nicht schlafen konnte, so konnte er doch wenigstens irgendetwas Sinnvolles tun, ein paar Kartons schichten oder die fällige Inventur bei den Putzwaren durchführen.
    In der kalten Luft fühlte er sich besser, und Vito ging ohne besondere Eile und genoss es, seinen Gedanken beim Gehen sprichwörtlich freien Lauf zu lassen. Das tat er in letzter Zeit häufiger, denn wie er feststellen durfte, halfen ein Hometrainer und ein Laufband eventuell dabei, gegen überflüssige Pfunde anzugehen, seine Seele aber brauchte den freien Himmel über sich, um sich zu entspannen. Da nutzten weder neue Möbel noch Hi-Fi-Anlagen, noch eine Heimsauna, noch, sehr zu seiner Verwunderung, Sex. Also reduzierte Vito seine Freizeit wieder auf ein Minimum und verbrachte diese mit zunehmender Begeisterung abseits der Gesellschaft auf den entlegenen Feldwegen rund um Treviso.
    Seit einer Woche ging das nun schon so, und langsam begann sich seine Anna Gedanken zu machen, doch im Grunde war sie viel zu beschäftigt mit der Umgestaltung ihres gemeinsamen Hauses, um sich ernstlich zu sorgen. Und das war auch nicht wirklich notwendig, wie Vito feststellte, denn er selbst sorgte sich auch nicht – bis vorhin. Als er feststellen musste, dass die extra aus Mailand angeforderte Infrarotlichtkabinedas neugestaltete Badezimmer so weit verstopfte, dass man sich in dem Raum unmöglich wohlfühlen konnte, hatte er erkannt, dass ihm sein neues Leben über den Kopf gewachsen war, und er sehnte sich plötzlich nach den vertrauten Regalen und einer Palette Waschmittelkartons, die er mit dem Teppichmesser auseinanderschneiden konnte.
    Schritt für Schritt bewegte sich Vito durch das nächtliche Treviso, vorbei an Häusern mit dunklen Fenstern, hinter denen seine Kunden schliefen. In den letzten zwölf Wochen hatte Vito einen Umsatz von 150   000   Euro vorwiegend mit Plastikmadonnen, Minikruzifixen und Erfrischungsgetränken gemacht, ganz zu schweigen von den ewigen Lichtern mit Batteriebetrieb. Gekauft hatten diese Dinge die Pilgertouristen, doch auch wenn Vito seinen neuen Reichtum ebendiesen Pilgern verdankte, vermisste er das übliche Geplänkel mit seinen Stammkunden, für die er jetzt nur noch wenig Zeit hatte. All diese Menschen, die jetzt in ihren Betten lagen und von einer schönen Zukunft träumten, hatten keine Ahnung, dass ihr Leben nur durch Butter, Brot und Salami weitaus besser wurde als durch fliederfarbene Fliesen, Dunstabzugshauben und Fitnessgeräte. Vito seufzte. Und dann, als er an der Kirche vorbeikam, hörte er durch die offene Tür aufgeregte Stimmen, von denen eine ganz sicher Don Antonios war. Wenn ihn nicht alles täuschte, dann war die andere Stimme die des aufgeblasenen vatikanischen Abgesandten, der seit seiner Ankunft nichts anderes in seinem Supermarkt gekaufthatte als ein paar Taschentücher. Was taten sie bloß so spät nachts in der Kirche? Egal, ihn ging das nichts an, sollten die doch machen, was sie wollten, solange sie ihn in Ruhe ließen. Damit lenkte Vito seine Schritte an der Kirche

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