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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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ewigen Himmlischen Freude vorgezogen / und mich damit der ewigen Verdammnus werth gemacht hätte / die mir auch wiederfahren würde / wann keine rechtschaffene Buß folgte / ein rechtschaffener Christ solte wider sothane Laster auß allen Kräfften streiten / umb seinen Schöpfer nicht zu erzürnen / der ihme auch seinen Beystand hierzu versprochen / damit er den Sieg erhalten / und ihne hernach der gerechte Kampff-Meister nach der Uberwindung desto herrlicher krönen möge.
    Diese kurtze / doch scharpffe Predigt gieng mir / wie oben gemeldt / trefflich zu Hertzen / aber gleich wie einer nicht auff einmal gähling zum Schelmen wird / sondern gleichsam nach und nach Staffelweis darzu gelangt / also bekehret sich auch selten einsmals der Sünder (sonderlich ein solcher / der allbereits vorlängst / wie ich war / in allen Lastern ersoffen) von gantzem Hertzen / es seye dann / daß ihne ein absonderlicher Gnaden-Glantz von Gott erleuchte; Jch verbliebe halt der ich war / und legte alle Schuld auff die Liebe / wie andere unsinnige Phantasten mehr zu thun pflegen / die ihre Begierden / oder vielmehr sich selbst zu überwinden / keinen rechten Ernst und Fleiß anlegen.

CAP. XVII.
    Wer dieses Capitels Jnhalt wissen will / muß es entweder selbst lesen / oder ihm lesen lassen / es sey dann / daß ihms einer sonst erzehle.
    VMb diese Zeit fieng ich an nachzusinnen / beydes wie ich meine Esther / und unser Töchterlein auß Eliezers Hauß und Gewalt bringen / als auch / wie ich sie zwey versorgen möchte / ich gedachte / sie dem guten Eraßmo auffzubürden / damit beyde nicht auß dem Geschlecht heurathen solten / und gedacht auff Mittel / durch welche ich ein namhafft stück Gelt in die Hand kriegen möchte / welches ich ihm mitgeben wolte / daß es ihm ein solche Bürde / welche zu tragen vielen gantz abgeschmackt / und zu wider pflegt zu seyn / erleichtern / und gern auff sich zu nehmen / ihne bewegen solte / dann Lieber / wie schwer müste wol jetziger Zeit ein Ding in der Welt seyn / welches das holde Gold nicht überwäget? Jch wuste zwar wol / daß die Esther mit einer solchen seltenen und unvergleichlichen Schönheit begabt war / daß noch wol reichere und qualificirt ere Kerl als Eraßmus gewesen / sich vor ein groß Glück / ja vor die höchste Glückseligkeit selbst geschätzt hätten / wann sie ihrer zum Ehegatten theilhafftig werden sollen; aber wann ich hingegen auch meinen jungen halb-Jüdischen Moschiachs-Balg neben ihr betrachtet / von welchem sonst kein Mensch als ich wuste / auß was vor einem Geist oder Fleisch er gezimmert worden / (ohne was ich dem Eraßmo darvon gesagt) und daß gleichwol Kalb und Kuh miteinander an Mann gebracht werden müsten / so war mir ohnschwer zu ermessen / mit was vor einer affection , und beständigen künfftigen Treu beyde in einem solchen Stand angenommen werden möchten / darinn sie unzertrennlich leben solten / so fern nicht auch alles mit Gelt / wie mit einer güldenen Ketten versorgt und verbunden würde; Uber das war ich so leichtfertig und Gottlos noch nicht / daß ich mein eygen Geschöpff / mein eygen Fleisch und Blut / dessen ich besser versichert war als mancher frommer Ehemann / ohnwol versorgt in Wind schlagen / und unter den Juden lassen sollen / derowegen hiesse es bey mir / schaue nur wo du Gelt bekommst.
    Jch wolte das / was ich in Händen hatte / und zu meiner Handelschafft brauchte / nicht schmälern / der gemeinen Art nach aller unersättlichen Geitzhälse / welche / je mehr sie haben / je mehr sie begehren / und nicht ehender genug haben / als biß ihnen die Höllische Flammen 17. Stadien hoch über den Köpffen zusammen schlagen / so war ich auch viel zu faul / oder bedunckte mich viel zu herrisch / vermittelst meiner Unsichtbarkeit / hier und dort / nach und nach Pfundweis so viel zusammen zu stelen / biß ich zu Centnern gelangt / meinen wilden Zweig / sampt dem frembden Jüdischen Stamm eine Million mitzugeben / darumb verabfaßte ich andere neue Anschläge / die mir aber bekommen / wie die Folge meiner Histori erzehlen wird.
    Jch hatte mich nach und nach mit allerhand Leuten bekandt gemacht / und galte mir allerdings gleich / ob ich mit Armen oder Reichen / mit Ehrlichen / Dapffern / oder mit Heyllosen nichtswürdigen Menschen meine Zeit hinbracht / was etwas rechtschaffnes war / die tractir te ich mit allerhand dienlicher begegnung / wie es ihr Stand und humor erfordert / ihr affection zu gewinnen / und der Dürfftigen Freundschafft verband ich mir

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