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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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traute Josanna / sagte Eraßmus zu ihr / was bedeuts / daß ich euch wieder einmal sehe? Jch vermeyne / ihr seyet in hundert Jahren nicht mehr bey mir gewesen; Mein Freund / antwortet Josanna / ich kam ehemahlen zu euch / der Hoffnung dahin zu vermitteln / daß die Liebwerthe Esther das Judenthumb verlassende / als euer Ehe-Gemahlin mit mir und euch in Ost-Jndien schiffen solte / so komme ich aber jetzunder / euch allerdings das Wiederspiel zu verkündigen / dann sehet Wunder! sie ist nicht allein vom Elia mit dem Messias schwanger worden / sondern hat ihn auch schon würcklich geboren / und zwar in Gestalt einer Tochter / damit / wann die Christen seine Ankunfft vielleicht erfahren / und ihme als einem Zerstörer ihrer Käiserthumb und Königreiche in seiner zarten und unschuldigen Jugend nach dem Leben stellen solten / ehe er Wunderwercke verrichten / und das grosse Werck / darzu er in diese Welt kommen / vollführen könte / sie in ihrem Wahn betrogen werden / und ihn als ein Weiblich Bild bey Leben lassen möchten; So bald sie vermerckte / daß sie vom König der Welt zu deß Messiæ Mutter erwehlet / und vom Elias besucht und geschwängert worden / dorffte ich nicht mehr vor ihr Angesicht kommen / ihr von euch wie zuvor geschehen / einige Wort oder Bottschafft zu vermelden / ich konte damals die Ursach nicht ersinnen / warumb sie sich einsmals so groß wuste / und beydes euch und die Christliche Religion so gähling verachtete / da sie doch euch über alle Ding / und den Christlichen Glauben weit mehr als das Jüdische Gesetz gelehrt und geliebt / so / daß sie auch ihre Eltern und deren grosse Reichthumb verlassen / und mit euch / biß ans Ende der Welt / in die verdrießliche Fremde ziehen wollen / wie sie mir dann kurtz zuvor / ehe sie schwanger worden / die Versicherung gethan / daß sie schon einen zimlichen grossen Werth von kostbarlichen Jubelen zusammen gepackt / und damit zu euch zu gehen beschlossen / wann sie nur eygentlich eine gute Gelegenheit haben könte / auff einer Flotte sampt euch / ihres Vattern nachforschen in ferne Länder zu entrinnen; was Raths nun lieber Eraßme? die Hoffnung / sie zu erhalten / ist allbereit verloren / und wann ihre Leibes-Frucht der wahre Messias seyn solte / daran dann die allergelehrteste Juden gar nicht zweiffeln / sondern sampt denen vornehmsten Cochams in Poln / zu Stampul und Jerusalem darvor halten / daß er sich im dreyzehenden Jahr seines Alters in ein Manns-Bild verändern / und alsdann das grosse Werck der Erlösung Jsraels angehen werde / wann solchem / mein liebster Eraßme / in Warheit nun also wäre / so thäten wir thöricht / wann wir das erwöhlte Volck Gottes verliessen / und sich seines Heyls / das nun so nahe bey der Thür ist / nicht theilhafftig machten.
    Hierauff antwortet Eraßmus / was die Liebwürdige Esther anbelangt / habe ich mir niemahlen einbilden / noch festiglich glauben können / daß der wiewol gütige Himmel mich mit einer solchen über-Jrrdischen Schönheit würdigen / noch das wiewol blinde Glück meinen schlechten Stand und geringes Herkommen mit einer solchen reichen Tochter begaben werde; ich habe allzeit gesorgt / es werde meine Verhängnus ein widerwärtiges Que einmischen / daß mir die versicherte Hoffnung / die mir so wol von der Esther selbst / als von euch eingesteckt worden / widerumb zu schanden machen würde; und derowegen wird mir zu rathen seyn / was geschehen / mir nicht gar zu tieff zu Hertzen zu ziehen; der Verlust deß jenigen / was niemalen mein gewesen / ist leicht zu verschmertzen / hab ich grössers gehofft / als mir gebührt / und mir der Himmel zu geben niemal beschlossen / so hab ich eine Thorheit begangen / deren ich jetzund selbst mehr zu lachen / als mich umb der Esther Verlust zu bekümmern Ursach habe / angesehen ich gestehen muß / daß es schwer fällt / sich dessen beraubt zu sehen / das einer würcklich in Besitz zu kriegen vermeynt gehabt: Betreffend aber ihre Leibsfrucht / umb deren willen ihr in eurem Vorsatz eine Christin zu werden / wancken wollet / weil ihr beredet werdet / es sey der Moschiach / da muß ich mich warhafftig über eure Blindheit zum allerhöchsten verwundern / und nun ists allbereit kein Wunder mehr / daß sich das Jüdische Volck so vielmahl von unterschiedlichen Betrügern / die sich vor den Moschiach ausgeben / verführen lassen / wann sie auch glauben könten / daß ein Mägdlein in der Wiegen der Messias seyn soll / wisset ihr dann selbst nicht / daß die Weibsbilder

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