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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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bey euch nicht in das Heiligthumb / ja noch heutige Tags nicht in die Synagog en kommen dörffen / so / daß es scheinet / ob wären sie als ein undüchtigs Geschlecht vom Gottesdienst gar ausgeschlossen; wie solte dann ein Weibsbild gar der Moschiach werden können? Aber einem solchen Volck geschiehet recht / und ist auch kein Wunder / wann es ein Weibsbild vor seinen Heyland erkennet / weil es ehemal an Gottes statt güldene Kälber geehret / glaubt mir liebe Josanna / daß ich eures Moschiachs Vattern kenne / welcher auß Liebe / die er zur Esther getragen / sich vor den Propheten Eliam außgeben / und ihr / zu Lohn ihrer Leichtglaubigkeit / die junge Tochter angehenckt / und solte gleich geschehen / daß diese Frucht / wann sie Mannbar / in ein Mannsbild verändert würde / so wäre solches gar nichts neus / also auch kein Wunder / viel weniger ein Messias deßwegen zu hoffen / darumb liebe Josanna rathe ich euch / ihr wollet euren vorlängst gehabten Vorsatz ins Werck richten / und nicht länger auff die Esther warten / wann sie so festiglich glaubt / daß ihre Tochter der Messias sey / habt ihr sie und ihre Reichthumb nicht zu Hülff / darauff ihr ehemal euren Trost gesetzt / so werdet ihr doch Gott den Allmächtigen / wann ihr euch durch den Heil. Tauff zu ihm bekehret / zum Zuflucht haben / der euch auch nimmermehr verlassen wird.
    Josanna höret diß gar kaltsinnig an / so / daß man wol sehen konte / wie verwirret und Zweifelhafftig sie in ihrem Gemüth war / sie vermochte auch nicht zu glauben / daß ein anderer als Elias die Esther geschwängert haben solte / weil sie wuste / wie genau sie unter ihrer Eltern Auffsicht vor der Gemeinschafft aller Manns-Bilder bewahret würde; Endlich sagte sie zu Eraßmo / sie wolte sich noch weiters / was sie thun oder lassen solte / bedencken / gieng darauff ihres Wegs / und verhiesse dem Eraßmo / ihm in bälde wider zuzusprechen.

CAP. XIX.
    Kuh und Kalb wird miteinander verstellt.
    ALs ich auß dieser beyden Discours genugsam verstanden / daß Esther in Eraßmum / und dieser hinwiederumb in jene verliebt / zumalen beyde deß Willens gewesen / wann ich nicht mit meinem Banier darzwischen kommen wäre / miteinander sich trauen zu lassen / und folgends durchzugehen / zuvor aber dem Eliezer etwas zur Zehrung mitzunehmen / da begunte mich zu reuen / daß ich dem guten Eraßmo den Raum abgehoben: Durch meine Unzucht so wol der Esther als der Josannæ Bekehrung verhindert / und Eraßmum selbst nicht wenig geärgert / die Juden hingegen aber in ihrem unsinnigen hoffen und harren gestärckt hatte / gedachte derowegen gleich / solches alles wieder einzubringen / wiewol ich dem ehrlichen Eraßmo der Esther Jungfrauschafft nicht wieder restituir en konte / als vor welche er meine junge Tochter zu eygen haben solte; Jch tratte unsichtbarer Weis mit auß dem Zimmer / als Josanna hinweg gieng / kehret aber gleich sichtbarlicher Gestalt wieder umb / kam zum Eraßmo / und stellete mich allerdings / als wann ich sonst nirgends herkommen wäre / und ob wäre mir Josanna unden im Hauß begegnet / fragende / was das vor ein Weib sey / so bey ihm gewesen / und was sie da zu verrichten gehabt / Eraßmus war so ehrlich und offenhertzig / daß er mir nicht allein ihren gantzen Discurs erzehlte / sondern noch darzu sagte / daß er und Esther lange Zeit heimliche Lieb zusammen getragen / einander aber deßwegen niemal Mündlich besprochen / viel weniger berührt hätten sondern Josanna wäre ihr Mercurius , zuvor aber von Jugend auff der Esther Hofmeisterin gewesen / welche sie nicht allein alle Frauen-Zimmer-Arbeit / als nähen / stricken / würcken / sticken und dergleichen / sondern auch Teutsch lesen und schreiben gelernet / in welcher Zeit ihnen Christliche Bücher unter die Hände kommen / worauß beyde einen solchen Lust zur Christlichen Religion geschöpfft / daß sie sich resolv irt / dieselbe anzunehmen / und sich tauffen zu lassen / es hätte ihnen aber an Leuten gemanglet / die ihnen mit Rath und That an die Hand gangen / solches ihr heylsam Vorhaben ins Werck zu setzen / biß er Eraßmus selbst von den Juden zu den Christen getretten / da sie dann nicht allein das Hertz gefaßt / ihm / was sie im Sinn hätten / zu vertrauen / sondern es hätte auch die Esther auß sonderbarem guten Vertrauen / welches sie zu ihme Eraßmo gefaßt / weil er selbst auch ein Christ worden / ihme durch die Josanna die Versicherung thun lassen / ihne zu heurathen / so fern er auff Mittel und Weg bedacht

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