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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Leyer deren die auß Hoffart ihrer Sünden nicht bekennen / oder auß Teufflischer Schamhafftigkeit solche nit erzehlen wollen / damit sie die Demut der Büssenden verspotten; Jst auch gar nicht glaublich / daß die Beicht auß Geitz unserer Geistlichen seye erdacht worden / sintemal sie auß ihren Pfründen übrig gnung erheben / dessen sie zu ihres Lebens Auffenthalt bedörfftig; so haben sie auch vor keine Leibs-Erben zu sorgen / umb deren willen sie viel zu ergeitzen Ursach hätten wie die eurige.
    Unlängst hatte ein Fürst alle Predicanten seines Lands beisammen / der Kirchen Ordnung wegen was zuberathschlagen / diese warteten im Vorzimmer auff / biß einer kam und sagte die Herren Predicanten sollen herein tretten / sie folgten alle biß auff einen der haussen blieb; als derselbe nun gemisset wurde / ward ein anderer geschickt der ihm ruffte / aber er wolte nicht hinein / sondern sagte / man hätte nur den Herren Predicanten befohlen hinein zu kommen / er aber wäre kein Predicant / sondern nur ein Predikrug; wann der Fürst den Predikrügen hinein wird ruffen lassen / so werde die Erscheinung auch an ihm seyn / diese referirte / was der draussen gesagt / daher der Fürst und andere gedachten er wäre vielleicht im Kopff verruckt / schickten derohalben zween von seinen Collegen zu ihm / zusehen wo es dem Kerl mangelte? Die fragten ihn wie seine Wort zu verstehen wären / und was er vermeinte / daß er so aberwitzig thät; er antwortet / es ist nur der Predicanten begehrt worden; nun ist keiner unter euch der nicht aufs wenigst jährlich ein halb Fuder Wein zur Competens hat / darumb könnet ihr euch wohl vor Predicanten ausgeben; Jch aber hab nichts dergleichen / sondern muß das Maul an Wasserkrug reiben / und mich unter die Predikrüg schreiben / was solte ich dann bey euch thun / wann man meiner nicht begehrt / etc. mit diesem lächerlichen Schwang brachte der Predikrug zu wegen / daß ihm der Fürst auch jährlich ein halb Fuder Wein geben liesse / und ihn also zum Predicanten machte.
    Wegen Erzehlung dieser ihnen ohne das genugsam bekandten Histori / wurden die Calvinisten so verbittert / daß sie die Zähn aufeinander bissen / und den Catholischen zu Spott das Ave Maria wieder einhellig zu singen anfingen / jene erzörneten sich aber gar nicht darüber / oder thäten doch wenigst dergleichen / daß es sie im geringsten verdrosse / da diese aber ein wenig pausirten / oder sich sonst müd geschrien hatten / sagte ein Catholischer / so recht ihr Herren / so muß man die Mutter GOttes ehren; wann ihr so fortfahret / so ist gute Hoffnung zu machen / ihr werdet / wills GOtt / bald gar Catholisch werden; Was? ehren? sagte hierauf der Stärckste unter den Calvinisten; Was? wir bald Catholisch werden? und damit sprang der Phantast hinterm Tisch hervor / stellete sich mitten in die Stub; stützte die Händ in beyde Seiten / und sagte / ihr Leute müst wissen / daß wir euch nur foppen / wann wir diß Lied singen / umb daß ihr eine Windelwäscherin so hoch zu verehren euch bereden lasset; diß verdrosse mich nicht wenig / als ich erwog / daß gleichwol die Demuth der aller Glorwürdigsten Jungfrauen / die uns allen zu gut den Heiland der Welt geboren / ein mehrers verdient hätte / als von einem solchen Kornhammer geschmähet zu werden; massen auch dergleichen Lästerungen die Türcken nicht ungestraft hingehen lassen; Was? gedachte ich / soltest du dessen Mutter übel reden von dem du glaubest / daß er dich von Sünd / Tod / Teufel und Hölle erlöst? beede Catholische aber steckten die Pfeiff mit Seufftzen und Gedult in den Sack / und sie thäten auch nicht unweißlich / dann man sahe gnugsam an den Minen der Calvinisten / daß sie ein Lust hatten ihnen das Fell zu gerben / wann sie nur ein wenig mehr Wort gemacht hätten.
    Solche bewögte mich zum Mitleiden / und als obenangedachter Kerl nicht auffhörete / der in alle Ewigkeit von allen Geschlechten selig gepriesenen jungfräulichen Mutter Hohn zu sprechen: gab ich ihm eine solche dichte Maulschell auff seine unbescheidene Gosche / daß ihm vier Zähn darvon außwurtzelten / er selbst aber den langen Weg rücklings zu Boden fiele; Es darff sich aber niemand darumb verwundern / daß dieser Streich von so kräfftiger Würckung gewesen / dann man nennet mich deßwegen in meiner Heimath den starchen Michel / weil ich die Ohrfeigen so gewichtig und meisterlich außtheilen kan; Alle Anwesende erschracken von diesem wunderbarlichen Fall / und hielten es nur

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