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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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deßwegen vor eine Göttliche Rach und Warnung / weil sie mich weder sehen noch wissen konten / wer ihm diesen Streich versetzt; Jch selbst aber hielte es deßwegen ihme vor ein Göttliche Straffe / weil GOtt auch durch Sünder die Warheit zu reden / und gemeiniglich seine allergewaltigste und trotzigste Feinde durch die allerliederlichste und geringste Insecta abzustraffen pflegt.
    Jndessen nun beydes Calvinisten und Catholische gantz bestürtzt dort sassen / raffte sich der Kerl / welcher wie eine gestochene Sau blutet / wiederumb auff / und erzeigte sich so still und dusam / wie ein Schäflein; Jch masse mir damals selbsten zu / ich hätte einen glückseeligen Præceptorem abgeben / seintemal ich mit einem Streich so wolgezogene Discipul machen konte: hätte man mich aber sehen können / wie solten mir wol die halb volle Bauren den Buckel abgeraumet: und mir das Præceptoriren eingetränckt haben?
    Jn dieser Stille / als jeder den Geschlagenen angaffte / erwischte ich der Bauren ihre Kandel / und soff sie auß biß auff den dörren Boden / dann ich hatte bißher noch durst gelitten / weil ich so unvermerckt wie ich gehen wolt / nit zukommen können; Beyde Frembdling giengen ihres Wegs / mit denen ich mich mit zur Stubthür hinauß packte / nicht weiß ich / was die Bauren gesagt: oder vor ein Wunder darauß gemacht haben / als sie befunden / daß ihnen ihr Wein auß der Kanden verschwunden.
    Jch kam denselben Abend nicht weiter als in ein klein Dörffgen / daß keinen Wirth: sonder ungefehr dreyzehen Bauren vermochte / da kehrte ich ein / bey dem / der den grösten Hauffen Mist im Hof liegen hatte / weil ich ihn deßwegen vor den Reichesten hielte / und dannenhero glaubte / ich würde bey ihm dieselbe Nacht auch mein Maulfutter am besten haben können; aber ich befande mich betrogen / darin er war ein karger Filtz / er hausete mit keinen Dienstbotten oder gedingtem Gesind / sonder mit seinen nunmehr erwachsenen Kindern / die er mit einer Wassersuppen und einer grossen Pfannen voll starckem Haberbrey tractirte; damit sie wol verlieb nemmen musten / welches aber Knecht und Mägd jetziger Zeit Gewohnheit nach nicht gethan hätten; also daß ich bey nahe hätte Hunger leyden müssen / wie ich dann / so lang sie zu Nacht assen / hintern Ofen zu protzen sasse / und mich mit Ungedult speissete / in dem ich keine Hoffnung fassen könte / daß denselben Abend etwas annemlichs in meinen Magen logirt werden möchte.
    Gleich nach dem Essen musten beyde Söhne die Pferd: die Tochter aber das Rindviehe abfüttern / indessen gieng die Mutter hin ihren Marckschatz zusammen zu machen / was sie nemlich den folgenden Tag in dem nächste Marckflecken zuverkauffen willens war; solcher bestunde in einem dutzet zwey oder dreypfündiger Küh-Käsen / in einen Schock Eyer / in etlichen jungen Hanen / und in ungefehr 10. Pfund Butter / den sie zu Pfunden partirt hätte; solches alles packte sie ordentlich in einen grossen Korb biß auf die Hüner / die absonderlich in einen Dauben-Korb gethan worden; Jch hätte ihr hiezu wol leuchten können / weil ich ihr überall nachschliche / und sahe was sie machete / aber ich thäts drumb nicht / sonder packte ein Stück faulen Käse an sampt einem geringen partickul Butter / so ich vor die lange Weil zu einem Stück Brod / das ich noch im Sack hatte / auffwerckte; hernach tratt ich wieder mit ihr auß dem Keller in die Stub / wo ihr Alter sasse / den Kopff mit einer Hand auff den Elenbogen untersteuerte / und mit der andern die Zähn sticherte / gleichsam als wann er denselben Abend viel zahmes und wildes darmit zermahlen müssen; aber der gute Mann machte wol andere Calender / als ich mir eingebildet: dann gleich darauff sagte er; Ja Frau! es schickt sich einmal noch nicht / daß wir unser Gret deß Clausen Hansen Geörgen geben / denck selber! wir müsten ja gleich eine Magd dingen / die kostet uns gleichwol alle Jahr ohne das Essen auff zwantzig Gulden / was kostet uns erst die Hochzeit? Was die Spieleute? Was die Morgen-Supp? Was die Brautkleider? Was die Kleider für uns und unsere zween Buben? Und was müsten wir ihr erst zur Haußsteur geben? geschweige jetzt ihren Vorauß / den wir ihr vor allen Dingen hinauß geben / und dardurch unsere gantze Nahrung umbs halb schwächen müsten! es ist ohne das jetzt so eine herbe Zeit / in deren die liebe Frucht und das Viehe bald nichts gilt / so daß wir kümmerlich so viel erübrigen können / der Obrigkeit / die Herren-Gelder / sampt Zinß und Gült

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