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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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den Schaffnern abzustatten / und solten wir noch darzu so ein Gefest anstellen / und uns vollents dardurch verderben?
    Es ist wahr / lieber Hans! wie du sagst / antwortet die Bäurin / aber du must auch gedencken / das es Tag und Nacht wird / wann es Zeit ist / du magst gleich sauer oder süß darzu sehen; daß Mensch ist gleichwol schon vorlängst Mannbar gewest / und hat dir zugehorsamen etliche Heyrath ausgeschlagen / sich auch bey uns viel mehr als eine Magd gelitten / und ihr bestes gethan / und diß ist ein sehr anständiger Heyrath vor sie; soltest du dich nun auch unterstehen / diesen wie die vorrige zuverhindern / so wirst du das Kalb ins Aug schlagen / und der Greten Vormünder werden den Bossen mercken und sagen / du begehrtest deiner Tochter vor ihrem Glück zustehen / nur daß du ihren Mütterlichen Vorauß nicht herauß geben dörfftest; darum schaue was du thust / und unterstehe dich nichts zu hindern / wann du siehest / daß du es ohne das nicht mehr verhindern kanst.
    Was? sagte hierauff der Bauer / solt ich ein Kind haben / daß mir nicht folgte? Es muß mir den Kerl wider meinen Willen nicht kriegen / und solt es Haar scheissen wie ein Wolff! Jch will gern sehen / wer mich zwingen wird. Wie nun die Bäurin sahe / daß ihr Alter so schellig wurde / sagte sie nichts anders mehr / als meinet halber / du bist Meister / und witziger als ich / magst derowegen mit deiner Tochter verfahren wie du wilst.
    Gleich darauf kamen die Söhne / denen befahl der Vatter schlaffen zu gehen / damit sie den künfftigen Morgen desto früher auffstehen könten; hernach kam auch die Tochter / der wurde ein gleicher Befelch gegeben / doch daß sie zuvor daß Geschier in der Kuchel abwäschen solte; weil mich dann sehr auff den Käß dürstet / den ich zu Nacht gessen / und keine Hoffnung da war / vor dißmal mit Wein zu löschen / gieng ich mit ihr hinauß / und thäte gantz verstohlen aus einem Kübel / in den ich das Maul steckte wie eine Kuh / einen rechtschaffenen Trunck Wasser / welches mir lang nicht widerfahren war; da sahe und hörete ich / wie das Gretel / als es das Geschier butzte / seufftzet und weinet / ohne daß ich die Ursach hätte eigentlich wissen können / so ich aber bald erfuhre.
    Dann als sie schlaffen gieng / schlich ich ihr nach und legte mich in ihrer Kammer in einen Winckel auff etliches schwartz leinen Gezeug und alte Säck / konte aber wegen deß Käses / dessen ich gegen die Nacht zuviel zu mir genommen / so wenig als das Gretel schlaffen / welche noch immerhin in ihrem Bett lag / und hertzlich seufftzete; Als aber ungefehr anderthalb Stund vergangen waren / klopffte einer am Cammerladen; Gretl / Gretl / rieffe er gar leiß / ach mein Schatz wach auf / und laß mich hinein; Gretel stund auf / und versichert sich zuvor / ob es eigentlich ihr Clausen Hansen Geörg wäre: und da sie ihn erkannte / machte sie den Laden auf / und sagte; wann du fromm seyn wilst / so will ich dich herein lassen / und dir etwas erzehlen / daran mir und dir gelegen; Geörg schwur darauf deß Henckers Großmutter ein Bein ab / daß er thun wolt / was sie begehrte / ward auch darauff eingelassen / und vom Gretel alles dessen berichtet / was ihr Vatter und Stieffmutter ihrentwegen denselben Abend miteinander geredet / welches sie selbst gehöret / als sie vor im Fenster gestanden und auffgelaustert hatte.
    Ja! sagte sie / man spricht / wer eine Stiffmutter habe / der kriege auch einen Stiffvatter / aber mein Stiffmutter meinets wol besser mit mir als mein leiblicher Vatter! wann es ihr nachgieng / so dörfften wir bald Hochzeit halten; wanns aber meines Vatters Sinn nach gehen solte / so dörffte ich keinen Mann nehmen / so lang er lebt / und solte ich so lang warten müssen / biß ich unter das alt Geschier gerechnet würde; Geörg hingegen sprach ihr zu / und sagte / sie müste sich nur selbst versorgen / und auff ihr bestes gedencken / wanns diese Mucken hätte; er wüste so viel / daß ihre zween Vormünder und seine Eltern ihren Heyrath gern sehen / wolte sie ihn darauf nehmen / so wolte er sie in Ewigkeit nicht verlassen / sondern daran seyn / daß sie ehistens zusammen gegeben würden; in Summa / er gab ihr so gute Wort / daß endlich Gretel ja sagte / und so viel ich mercken konte / einen harten Thaler von ihm auff die Ehe empfing.
    Hierauff hörete ich am Schmatzen / daß ihm das küssen erlaubt war / und unlängst hernach noch mehrers / dann er schertzte ihr das Kräntzlein ab / und hatte durch öffters

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