Das wunderbarliche Vogel-Nest
Schwartzkünstler gemacht hätte / wie zween Mahler einem einfältigen Schöps beym Boccatio gethan / die ihn auch mit einem schweren Sack voll Stein beladen überredet / er sey unsichtbar / biß ihn sein Weib darüber heßlich willkommen geheissen: derowegen legte ich mein Naßtüchel offt von mir / die Gewißheit meiner Unsichtbarkeit eygentlicher zu haben / biß ich endlich gewahr wurde / daß mich nicht allein die Wald-Vögelein nicht scheueten / die ich unterwegs antraff / sondern da ich in die Statt kam / auch die Leut beydes bekandte und unbekannte mich weder grüssen / noch wie ich sonst gewohnet war / den Hut vor mir abzogen; geschweige daß ein Bettler ein Allmosen von mir gefordert; Worauß ich dann genugsam versichert worden / daß mich warhafftig niemand sehe.
Derohalben gieng ich gar getrost zum allerersten in mein eygen Hauß / zuforderist zu sehen / wie mein Gesind in meiner Abwesenheit hausete; Mein Weibgen fande ich / meinem Beduncken nach weit betrübter / als ich sie mein Lebtag je gesehen / massen sie ohne unterlaß einen Seufftzen nach dem andern gehen liesse / darauß ein jeder ohnschwer die Grösse ihres Anligens abnehmen konte; und weil ich mir nichts anders einbilden konte / als daß sie sich ohn Zweiffel beydes umb mein bisheriges Anligen bekümmerte / und sich umb mein Abwesenheit so ängstigte / als name ich solches vor ein gewisses und unfehlbares Zeichen ihrer zu mir tragenden hertzlichen Liebe an / welches mich nicht wenig erfreute / ja dermassen erquickte / daß ich vermeynte / ich hätte nunmehr genugsame Ergötzung durch das / was in meinem Naßtüchel verknüpfft war / vor mein verloren Gelt empfangen / und wann mir gleich einer damahl noch so viel als ich verlohren / darvor geben wollen / so hätte ichs doch mit niemand vertauscht; Gleich wie michs nun trefflich kützelte / daß mich mein Weib so hoch liebte / also hatte ich hingegen auch ein grosses Mitleiden mit ihrer bezeugenden Hertzens-Angst / die sie auß solcher Liebe von meinetwegen mit Ungedult gedulden muste / so / daß ich mich allerdings vor ihr hätte sehen lassen / beydes sie zu trösten / und sie mit meiner Gegenwart / die sie so hertzlich wünschte / zu erfreuen / dafern ich anderst nicht auch also unsichtbar mein Haußgesind umb ihr Verhalten außnemmen wollen:
Zu diesem Ende schliech ich überall im Hauß herumber / und fande / daß ein jedes sein Geschäffte so getreulich verrichtete / als es bißhero zu thun gewohnet; Jch paßte wol drey Stund / biß gegen dem Abend in meinem Gaden beym Gelt-Kasten / wohinein man die tägliche Losung zu thun pflegte / umb zu sehen / ob meine Gaden-Diener / deren ich drey unterschiedliche hatte / der Untreu nicht mit mir spielten / ob sie im verkauffen genau / im Gelt einnehmen vorsichtig / und selbiges bey einem Heller an sein gehöriges Ort zu thun / fleissig wären / konte aber das geringste nicht spüren / so mich zum Unwillen bewegen sollen / dann ich fande sie / wie ich sie zu haben wünschte.
Also laurete ich auch in der Küchen / wie es dort her gieng / so wol als im Keller / fande aber an beyden Orten nichts sonderliche vorgehen / das mir grossen Schaden hätte verursachen mögen / ausser daß die Beschliesserin so wol ihr als der Köchin Portzkändel auß meinem köstlichen Neckerwein füllete (nachdem sie zuvor einen zimlichen Dauben-Zug darauß gethan) und hernach das Faß wiederumb auß dem Tischwein voll machte / welches mich zwar nicht groß verdrosse / weil es mir an meinem Vermögen keinen sonderlichen grossen Schaden thun kondte / ob es gleich meinen Neckerwein / wann man ihn vielmahl so heimsuchte / an seiner trefflichen Güte etwas verringerte; die Köchin aber sahe ich mit einer Hand / man kan wol erachten / an was vor ein Ort / den Flöhen nachfahren / und also etliche gefangen nehmen (von denen sie theilen das Land auß ihrem Bann verwiese / theils aber gar hinrichtete) und hernach mit ungewäschenen Händen die so rohe als gekochte Speisen herumb sudelen; was hab ich aber die Tröpffin solches zu verdencken gehabt? Es war halt in der Hitz deß Augstmonats / in welcher diß Unziefer jederman (geschweige deß Weiblichen Geschlechts) plaget; zu dem sagen die Weiber / Würst macht feist; Jtem / wer ein Ding nicht weiß / dem machts auch nicht heiß; Nichts desto weniger fienge mich mehr an zu kotzern als zu hungern / als ich ihr jagen und morden sahe / und wie sie mit denen noch blutigen Nägeln beydes in die Würtz- und Saltzbüchs grieffe / die Speisen
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