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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Hoffnung / etwas rechtschaffenes auß ihm zu haben / auß dem Bettel aufgenommen vnterwegs / und paßte ihr auff; Er gieng zwar nicht weiß / wie die Geister in den Häusern zu erscheinen pflegen / von denen man sagt / wann sie gehen / daß es bedeute / die Mägd würden dicke Bäuch kriegen / sondern er war bekleidet und auffgebutzt / als hätte er an einem lieben Feyertag in der Statt herumb stutzen wollen: über das war er mit seinem Degen an der Seiten armirt , und hatte seine Hirschlederne Winter- Occasion Händschuch an / eben als wann er mit einem Duellanten alsobald in einen Zwey-Kampff hätte tretten wollen: Jch kondte mir nicht einbilden / was dieser Auffzug / und seine vermuthliche Außfahrt so bey Nacht bedeuten möchte: doch bildet ich mir ein / er möchte irgends entweder mit einer Gesellschaft zu einem Schmauß / oder zu einem Holderstock gehen wollen / worbey mein Seckel das beste thun müste / weil er von sich selbst nichts vermochte / und auch ohne seine saubere Kleidungen sonst nichts von mir zu Lohn hatte: Aber ehe ich mich / seine intention zu ergründen / mit fernerer Nachsinnung bemühen dorffte / fragte ihn meine Baas Beschliesserin / wo er so spat hingedächte? sintemal sie wüste / daß sie das Hauß beschlossen / und er darauß nicht kommen könte / er müste dann einen Diebs-Schlüssel haben / solches zu öffnen / so sie aber nimmermehr hoffen wolte!
    Zu dir! zu dir! du meines Lebens Auffenthalt / stehet mein Sinn / Gemüth / und auch der Entschluß (antwortet er) entweder das Leben oder den Tod zu empfangen! Ey behüt Gott! was redet ihr? sagte darauff meine Beschliesserin; wie redet ihr so wercklich? Gott hat euch das Leben geben / das werde ich euch nicht nehmen: gehet darvor in euer Bett / und lasset diese Thorheit unterwegen / oder ich schwere euch / werdet ihr euch unterstehen / mich nur im geringsten anzurühren / daß ich ein solch Lermen-Geschrey anfangen werde / daß ihr die Händ überm Kopff darüber zusammen schlagen sollet; dörfft ihr euch einbilden / meines Herrn Vettern Hauß in seiner Baasen Person zu schänden / der euch doch mit so vielen Gutthaten überschüttet? Jch schohne eurer / als seines Dieners den er liebet / ich wolte sonst kurtz zu wegen bringen / daß er euch widerumb vor Sant Velten hinweg jagte: dahingegen euch die Continuation eures wolverhaltens bey ihm zu grossen Glück und Ehren bringen mag! darumb fahret sinnig / und bedenckt kurtz / was ihr tut!
    Der Teuffel hol mich mit Leib und Seel (behüt Gott mich und den lieben Leser) so fern ich werde wissen / antwortet er / daß ich eurer Liebe nicht theilhafftig werden solte / wann ich mir nicht alsobalden! sehet da! (mithin seinen Degen beym Gefäß fassende) diß kalte Eysen so gleich in mein vor Liebesflammen allerdings verzehrtes Hertz stosse; und damit euch zugleich eures allergetreuesten Liebhabers: wie meinen Leib seines Lebens beraube!
    Darauff zoge er seinen grausamen Froschgicker / seinen Blutdurstigen Degen wolt ich sagen / von Leder / den ich billich grausam nenne / weil er seines eygenen Herrn Lebens nicht verschohnen wolte / und stellete sich damit in eine postur , wie Saul etwan gestanden seyn mag / als er in sein eygen Schwerd fiele: Da ich nun dran stehen / die Beschliesserin aber weiters reden wolte / diesen erbärmlichen Selbst-Mord zu verhindern / da gab mein Weib mit ihrem Glöcklein ein Zeichen / welches bedeutet / daß die Beschliesserin alsobalden zu ihr kommen solte: sie gehorsamte schnell / ich aber folgte ihr allgemach schleichend hernach / beyde den verliebten Narren in seiner Anfechtung verlassende / er mochte sich gleich umbbringen oder nicht.

CAP. V.
    Der Unsichtbare siehet das Fundament eines Gebäus / darauff ihm Hörner gesetzt werden solten.
    DJe Beschliesserin gieng zu meinem Weib in ihr Cabinet / und ich schraubte mich nach ihr hinein: Jhr gab diese ein verschlossen Brieffgen / mit Befehl / solches Morgen frühe mit sampt dem Tag ihrem Vetter Apothecker zubringen / und zu vernehmen / wann sie die im Schreiben bestellte Wahren abholen solte: Sie nam beydes das Schreiben / und den Befehl ihrer Schuldigkeit nach gehorsamlich auff / verzögerte aber damit / so gleich fortzufahren / weßwegen mein Weib sie solches zu thun hiesse: aber sie wegert sichs und sagte / Hertzliebe Frau Baas / sie vergebe mir / wann ich ihr jetzunder unterthänig zu folgen / wegen Beobachtung meiner Ehr / Bedenckens habe: dann unser Fritz (so hiesse mein mittler Gadendiener) hat mir allererst

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