Das wunderbarliche Vogel-Nest
leicht verzeihen: lag ihr darauff einen gantzen Last-Wagen voll vor / was massen ich sie / die Beschliesserin / schon vor langer Zeit hero inbrünstig geliebt: und dannoch meine Liebes-Schmertzen verborgen / und meinem Weib zu Ehren Lieb und Treu / mit unleidenlicher Gedult getragen hätte: So ich ihr aber nunmehr die Hand im Sack erwischt / und vor Augen sehe / daß sie solche meine Treu mit Untreu belohnen / und mir auß dem Geschirr schlagen wolte / so wäre ich verhoffentlich nicht zu verdencken / wann ich auch meinen Begierden den Zaum lassen / und mein Weib mit ihrer Müntz bezahlen werde: Jch näherte mich auch darauff zu ihr mit solchen liebreitzenden Geberden / wie es die Beschaffenheit meiner damahligen Gelegenheit erfordert / und reitzte sie mit grossen Verheissungen dermassen / daß ich sie nemlich künfftig vor allen andern Weibsbildern in der gantzen Welt eintzig vor meine Allerliebste halten / und sie meinem grossen Vermögen nach mit der Zeit wol versorgen wolte / biß sie endlich das küssen annam / und zu mir sagte / ich sehe wol / daß mein Kräntzlein prædestin irt ist / in diesen 24. Stunden verlohren zu gehen / von einem / der sich umb seinetwegen selbst umbbringen wolte / hab ichs erst diese Nacht errettet / nun aber gehets auß meinem eygenen Ubersehen dahin: doch will ichs lieber einem solchen Mann / wie der Herr Vetter ist / gönnen / als einem leichtfertigen Betrüger / der dessen nicht werth ist;
Solcher Gestalt erlangte ich was ich wolte / und thät meinem Weib / was sie nie zu thun im Sinn hatte: Aber was vermeynestu wol / was der gerechte Richter an jenem grossen Tag hierzu sagen werde? Du wirst hierauff mit besserer Billichkeit / als die Hohepriester zu Jerusalem zum Juda sagen / da schaue du zu! Diß war zwar die geringste Frucht meiner Unsichtbarkeit! es setzte nachgehende wol erschröcklichere Schnitz! so / daß es wol bey mir hiesse:
Jch fiel je längr je tieffer drein /
Kein guts war an dem Leben mein.
Aber es gehet nicht anderst zu / wann man umb deß verfluchten Gelts und Guts willen Gottes und seines Worts vergist / geschweige / wann man sich der Zauberer Hülffe gebraucht / solches zu erlangen: ich vermeynte damals / als ich diß unschuldige / einfältige und fromme Schäflein zu Fall gebracht / ich hätte alles wol außgericht / und mich an meinem Weib / dem elenden Werckzeug dapfferlich gerochen; aber hätte ich in meinem Garten / da ich die von ihrer Zierde entblößte Blumen-Zwiebeln in der Erde betrachtet / den heiligen Einsprechungen meines guten Engels gefolgt / so hätte ich Christlich und weislicher gethan / und es wärs weder mit mir noch meinem Weib / viel weniger mit diesem armen Mägdgen nimmermehr so weit kommen! hätte ich den fahrenden Schüler so lang zaubern lassen als er gewolt ohne mich / so wäre ich in dieser Antrettung der Sündenbahn nicht zugleich ein Ehebrecher und Jungfrauen-schänder worden.
Vor dißmal aber betrachtet ichs nicht so weit / sondern war nur drauff bedacht / wie ich den Possen / welchen ich meinem Weib auch reissen wolte / Werckstellig machen möchte; Unterliesse auch darneben gar nicht / mit meiner Beschliesserin noch ein paar mahl zu widerholen / was ich mit ihr angefangen; und als sie mit weinenden Augen mir ihr Sorg entdeckte / sie möchte vielleicht hierdurch unter die Zahl der Mütter kommen / gab ich ihr diesen Rath zum Trost / sie solte alsdann unsern Fritzen / wann sie es merckte / bey Zeiten zum Vatter einkommen lassen.
Jndessen hatte der Apothecker sein Marzapan verfertigt / das gaben wir der Beschliesserin mit / und unterrichteten sie / wie sie mein Weib überreden solte / sie hätte so lang drauff warten müssen / umb der Frauen solches zu zeigen / dann der Apothecker gesagt / so fern ihr diß / daran er eben gemacht / nicht beliebig / so könte er ihr wegen anderer Geschäfften vor sinckender Nacht kein anders verfertigen; Wir gaben ihr auch das Schreiben widerumb verschlossen an den Monsieur Docteur Louis mit nach Hauß / damit sie / wann etwan die Frau darnach fragte / nicht wie Butter an der Sonnen bestünde / und als wir vermeynten / sie wäre kaum in meinem Hauß angelangt / siehe / da kam sie widerumb / das übrig Confect auch abzuholen: Ob ich nun gleich ungezweifelt vermeynte / ich hätte die Beschliesserin durch meine Freundlichkeit und ansehenliche promessen gewonnen / daß sie mir treu seyn müste / so schenckte ich ihr doch zum Uberfluß / und auch vor ihr Kräntzlein ein halb dutzet Ducaten / damit sie
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