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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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sein Weib ein gut Jahr haben; umb den Fritzen bekümmer dich nur nicht / und lasse dirs ein Fabel seyn / wann er sagt / er wolle sich selbst umbbringen / so fern du dich nicht nach seinen Begierden accommodir est; Es ist deß rechten Krauts / und gar nichts neues / wann sich die lose Vögel so stellen / uns arme blöde und einfältige Weibsbilder erstlich zu einer mitleidenlichen Forcht: und endlich umb unser Kräntzlein zu bringen / wie leyder schon manche / die sich solcher massen zur Erbärmd treiben lassen / mit ihrem unwiderbringlichen Schaden / und Verlust ihres allerbesten Kleinods / nemlich der Jungfrauschafft / erfahren; dencke nur nicht anderst / als daß der Vogel jetzt wieder (ohne daß er sich einigs Leyd angethan / oder solches zu thun sich nur in Sinn genommen haben solte) in seinem Bette ligt / und neue Netz zu legen ersinnet / damit er das Wildbret / so ihm vor dißmal unverhofft entgangen / ins künfftig berücken möge; und wanns gleich einem solchen gailen Hengst Ernst wäre / wie er sich stellet / so / daß er würcklich vollbrächte was er drohete / so wäre es doch einer Jungfrauen besser und verantwortlicher / sie liesse einen solchen Narren / wann er ja nicht anders wolte / alleinig zum Teufel hinfahren / als daß sie in den Weg trette / darauff sie (geschweige der Schand / so sie vielleicht hier zeitlich deßwegen zu gewarten) ihme eine Mitgefärtin abgeben könte.
    Man sagt von den Holländischen Weibern / sie seyen (sonderlich in den Handelschafften der Kauffleute) viel schlauer / klüger und abgeführter / als an vielen Orten die Männer! aber ich versichere / daß ich mein Weib viel spitzfündiger und arglistiger gefunden habe / als die Holländische Weiber immer seyn mögen; Höret nur / wie das boßhafftige Thier ihr Spiel so artlich ankartet! sie hatte ein zubereit Bett eben blößlich vor zwo Personen in ihrem Cabinet stehen / auff dem sie offt unter Tags zu faulentzen pflag / auch in demselben deß Nachts schliefe / wann ich nicht zu Hauß war; Jn dasselbe hiesse sie die Beschliesserin ligen / ob sie gleich sagte / daß sie vor gewiß darvor hielte / sie hätte sich dieselbe Nacht vor dem Fritzen unter Wegs nichts mehr zu besorgen; und darauff fienge sie erst recht an / von der grausamen und unerträglichen Passion der Liebe mit ihr zu discurir en / und ihro dieselbe so artlich abzumahlen / daß es schiene / als wann sie ihr Lebtag sonst nichts gethan / als hierauff stud irt hätte: und nachdem sie vermeynet / daß sie nunmehr die Beschliesserin durch weitläufftige Umbschweiffung / und vernünfftige Gründe zu ihrem Zweck bequem genug gemacht / berichtet sie ihr auch / was massen sie nun eine lange Zeit hero in einen Studiosum verliebt gewesen / welcher erst vergangene Woch den Gradum eines Doctors der Medicin angenommen ( ô mirum! wie war mir damahl umbs Hertz?) welchen sie auch nimmermehr auß ihrem Gemüth schlagen könte / und solte sie gleich sein Angedencken mit sich ins Grab hinunder nehmen: thät ihr auch darauff mit bitten / weynen und seufftzen unglaubliche Verheissungen / wann sie reinen Mund von dieser ihrer Liebe halten: und ihr verhülfflich seyn wolte / daß sie deß geliebten Doctors geniessen könte;
    Jch muß bekennen / daß die Beschliesserin lang anstunde / ehe sie sich hierzu gebrauchen zu lassen / resolvir en konte / biß sie endlich beydes durch Flehen und Verheissungen gewonnen ward / und sich überreden liesse / zu versprechen / ihr in diesem Geschäfft willfährig und getreu zu seyn; darauff sagte sie ihr / daß sie in dem Schreiben an den Apothecker etlich Confect bestellet / so sie Morgen dem Doctor , weil es sein Namens-Tag wäre / überbringen / und ihn damit in ihrem Namen anbinden solte; auch solte sie Morgen frühe ein paar feister Genffer Cappaunen abnehmen / und auß dem einen eine Tarte mit Rosenwasser / kleinen Rossinen / und anderer Specerey durch die Köchin machen / den andern aber füllen und braten lassen; hernach schriebe sie ein kleines Brieffgen folgenden Jnhalts an den Doctor:
     
    Hochgeehrter Herr Doctor , von gantzem Hertzen noch höher geliebter Freund.
     
    Die stetige Anmahnung meiner Hoffnung / so ich zu dessen hohen Verstand und Vortrefflichkeit gefast / seiner berühmten Erfahrenheit in der Medicin künfftig zu geniessen / hat mich erinnert / daß der heutige Tag seinem liebreichen Namen gewidmet; an welchen Tägen je ein Freund dem andern mit einer Gab seine Freundschafft zu bezeugen / und ihm noch viel solcher Täg

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