Das Yakuza-Mal
Gestein ist schwarz, was vielleicht der Grund dafür war, daß die Insel meinem berühmten Urgroßvater übergeben wurde. Die andere Insel hat keinen Namen. Sie ist unser erstes Ziel und für den Erfolg unserer Mission von größer Bedeutung. Ihre Fläche beträgt weniger als zwei Quadratkilometer.
Changling hingegen ist fünfmal größer. Habe ich damit Ihre Frage beantwortet?«
Mulvaney sagte: »Wenn Sie jemals aus dem Ninja-Geschäft aussteigen, kann ich Sie mir sehr gut als Makler für Ferienwohnungen vorstellen. Sie haben ein gewisses Talent dafür.«
Nobunaga lachte. »Ihr Sinn für Humor gefällt mir, Mulvaney-san. Vielleicht kann ich Sie eines Tages in Chicago besuchen. Ich glaube, daß Chicago und Kioto sehr ähnlich sind.«
»Nur in gewisser Hinsicht, Nobunaga«, erwiderte Mulvaney.
»Wird unsere Einheit das Zwischenziel angreifen?« fragte Osgood.
»Ja. Aber an dieser Operation brauchen Sie beide sich nicht zu beteiligen.«
»Das werden wir aber. Auf jeden Fall. Völlig sinnlos, nur so herumzuhängen«, erwiderte Mulvaney.
Osgood ließ eine Sekunde verstreichen, dann sagte er: »Ich hätte es vielleicht anders ausgedrückt, aber Mulvaney hat recht. Wir haben Sie, Ihren Vater und Ihre Männer in diese Sache hineingezogen. Wir werden uns nicht heraushalten, während andere ihr Leben riskieren.«
»Ich glaube, Sie beide könnten Ninjas werden.«
Mulvaney schüttelte den Kopf: »Keine schlechte Idee, aber in Chicago gibt es heute schon so viele Kampfsportschulen, daß die Konkurrenz mörderisch sein würde.«
Nobunaga lachte erneut; plötzlich aber schien es, als habe er sich selbst abgeschaltet. Er senkte den Kopf, bis das Kinn seine Brust berührte, und schloß die Augen. Osgood hob die Augenbrauen und zuckte mit den Achseln. Mulvaney hob ebenfalls fragend die Schultern und schloß dann die Augen. Die erste Etappe ihrer Reise zu der Insel sollte ungefähr vier Stunden im Lastwagen dauern, hatte man ihm erklärt. Jetzt hatten sie erst eine Stunde Fahrt hinter sich, und Mulvaney zwang sich zu schlafen. Er kniff die Augen zu, wie er es als Kind schon getan hatte, wenn er sich zum Schlafen hatte zwingen wollen. War Andy Oakwood noch am Leben? Und wenn er sie durch irgendein Wunder wirklich dort herausholen konnte und auch selbst am Leben blieb, was würde dann aus ihnen werden? Er hatte ihr gesagt, daß er sie liebte. Und sie hatte ihm ebenfalls ihre Liebe eingestanden.
Es war nicht das erste Mal, daß er das einer Frau gesagt hatte. Zu Stella hatte er dasselbe gesagt, aber nur, damit sie endlich ihr Höschen auszog. Sie hatte ihm nämlich von Anfang an klargemacht, daß er sie nur dadurch so weit bringen würde. Aber dieses Mal war es etwas anderes, nicht nur leere Worte, das wußte er genau.
Ajaccio. Ellermann. Tsukiyama. Tanaka. Ein Name fehlte. Er mußte diesen Namen herausfinden. Wahrend er in seinem Gedächtnis nach diesem Namen suchte, schlief er ein. Er ließ sich von der Müdigkeit überrollen, denn je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er, den Namen bereits zu kennen...
In Himi, in der Bucht von Toyoma, sprang Osgood von dem schwarzen Lastwagen herunter.
Hier war es merklich kälter. Links von ihm lag eine Halbinsel, die wie ein Schlangenkopf aus der Insel Hondo ins Japanische Meer hinausragte. Hinter dieser Halbinsel ging die Sonne im Winter immer besonders rasch unter. Schon im Lastwagen war es ihm nicht sonderlich warm gewesen, aber immerhin warm genug, um seinen navy-blauen Seemannsmantel ausziehen zu können. Eigentlich war es in diesem abgeschiedenen Fleckchen Erde völlig unnötig, ihn wieder anzuziehen, nur um sein Schulterholster zu verbergen. Aber jetzt schlüpfte er doch hinein, um sich vor dem Wind und der Kälte der Nacht zu schützen.
Mulvaney sprang ebenfalls vom Lastwagen und trat neben ihn. Sie standen in einer kleinen Erdvertiefung, Kies knirschte unter ihren Stiefeln.
Beide zündeten sich Zigaretten an. Osgood sagte zu Mulvaney: »Deine Art von Humor scheint bei Tsukahiras Sohn ganz gut anzukommen.«
»Man reißt eben Witze, sonst müßte man immer darüber nachdenken, daß man bald umgelegt wird, und dreht dann durch.«
»Wahrscheinlich hast du recht. So was wie Galgenhumor.«
»Ja, so könnte man's nennen.«
»Kannst du mal einen Moment lang ernst sein?«
»Ich kann's versuchen. Hast du mir endlich mal was Wichtiges zu sagen?« fragte Mulvaney mit völlig ernster Miene.
»Keine Witze. Abgemacht?«
»Abgemacht.«
Osgood zögerte einen
Weitere Kostenlose Bücher