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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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Körper des Opfers wurde Thalliumsulfat entdeckt. Der arme Kerl hat einige Stunden vor seinem Tod ausgiebig getfelt und zusammen mit dem Essen eine stattliche Portion von diesem Gift zu sich genommen. Ein äußerst seltener Fall. Und ein seltenes Gift. An deiner Stelle, Katja, und bei deiner Vorliebe für außergewöhnliche Geschichten würde ich diesen Fall im Auge behalten. Mich selber interessiert er vom professionellen Standpunkt aus ebenfalls sehr, daher schlage ich dir eine Zusammenarbeit vor. Einverstanden?«
    »Na klar bin ich einverstanden!« Katja war hocherfreut. Insgeheim dachte sie: Morgen kriege ich bei Kolossow alles über diesen Fall raus. Schließlich wird nicht jeden Tag jemand mit einem seltenen Gift umgebracht!
    Ein Außenstehender hätte glauben können, die junge Frau vor dem Schaufenster diskutiere am Telefon mit einer Freundin lebhaft darüber, ob sie zum Beispiel die italienischen Jeans, die so schick verwaschen aussahen und mit reizenden rosa Blümchen bestickt waren, kaufen sollte oder nicht. Katja schaute sich verstohlen um: Wenn jemand von den Besuchern der Manege hätte hören können, mit welcher Begeisterung sie von einem Giftmord sprach, hätte er sie vermutlich für eine entsprungene Irre oder gleich ganz für eine abgebrühte Killerin gehalten.
    Vierzig Minuten vor dem Gespräch mit Katja hatte Walentina bei Nikita Kolossow angerufen. Der Chef der Mordkommission steckte immer noch in Stolby fest.
    Lessopowalow, der das Gespräch über die Freisprechanlage mithörte, fiel auf, dass Kolossow gar nicht besonders erstaunt war, als er erfuhr, dass im Körper Studnjows Gift gefunden worden war.
    »Es ist schon ein sehr ungewöhnlicher Fall, Nikita«, sagte Walentina. »Erstens die Substanz selbst, die benutzt wurde -Thalliumsulfat. Entweder im pulverisierten Zustand oder als Lösung . . . Zweitens überrascht mich, dass dieser Studnjow offenbar nichts davon gemerkt hat. Es ist nämlich eigentlich kaum möglich, dieses Zeugs nicht herauszuschmecken. Um den Beigeschmack zu überdecken, muss man schon etwas sehr Starkes verwenden.«
    »Was zum Beispiel?«, fragte Nikita.
    »Tja, ich bin nicht sicher . . . Starker Kaffee vielleicht. Morphium zum Beispiel kann man gut in Kaffee tun. Aber hier -ich weiß nicht. . . Vielleicht irgendwelche scharfen Gewürze, Pfeffer etwa oder etwas anderes mit einem intensiven Eigengeschmack. Studnjow hat etwa sechs Stunden vor seinem Tod gegessen und Alkohol getrunken. Haben Sie schon herausgefunden, wo er an jenem Abend war?«
    »Nein, wir ermitteln noch.«
    »Na, dann halten Sie sich ran. Das Gift hat er mit dem Essen zu sich genommen, so viel steht fest. Das muss ungefähr zwischen acht und halb neun Uhr abends gewesen sein. Der Tod ist um halb drei in der Nacht eingetreten. Ich habe das Gutachten des Gerichtsmediziners gelesen. Für mich ist das Bild klar: Er ist nach Hause gefahren, dort zeigten sich die ersten Anzeichen der Vergiftung, er fühlte sich nicht wohl und hat sich ins Bett gelegt. In der Nacht ist ihm dann endgültig übel geworden, er bekam einen Erstickungsanfall. Er ist aufgestanden, um auf den Balkon an die frische Luft zu gehen . . .«
    »Ja, so wird es wohl gewesen sein. Wahrscheinlich hatte er da schon Schwierigkeiten, sich zu orientieren – wir haben aus seiner Wohnung Lärm gehört, Sachen, die zu Boden fielen . . .«
    »Als er vom Balkon stürzte, war er jedenfalls schon tot. Wer immer ihm das Gift verabreicht hat, rechnete offenbar damit, dass der Tod erst einige Stunden später eintreten würde. Und nicht an dem Ort, an dem er das Thallium zu sich genommen hat. Diesen anderen Ort müssen Sie unbedingt finden, Nikita.« Walentinas Stimme klang sehr eindringlich.
    Lessopowalow lauschte ihrem Gespräch mit unzufriedener Miene.
    »Will die Alte uns jetzt doch wieder einen Mord aufhalsen?«, fragte er, als Nikita den Hörer aufgelegt hatte. »Wie wäre es denn Stattdessen mit dieser Version: Er wollte Schluss machen, hat vorher noch mal richtig gut gegessen und getrunken, dabei das Gift genommen und ist anschließend nach Hause gefahren . . .«
    »Zum Sterben?«, fragte Kolossow spöttisch.
    »Ja. In den eigenen vier Wänden stirbt es sich leichter. Aber dann ging es nicht so schnell, wie er dachte. Er hat geglaubt, das Gift wirkt nicht, und beschlossen, sich vom Balkon zu stürzen. Aber genau in dem Moment trifft ihn der Schlag. Ist das etwa nicht logisch?«
    »Völlig logisch, Kostja. Es gibt nur ein ›aber‹.«
    »Welches?«
    »Es

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