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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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Verfluchte Weiber! Er schüttete die Gewürzmischung »Samt« in die Sauce, schloss die Pfanne fest mit einem Deckel und schaltete die Kochplatte herunter. Gleich würde die Sauce eindicken.
    »Fahr bloß nicht dorthin!«, drang es an sein Ohr. »Auf keinen Fall, Aurora, hör auf mich . . . entschuldige meine Direktheit, Kindchen, aber du hast im Moment wirklich genug eigene Probleme am Hals . . . Ach, man hat dich hinbestellt? Ja, ich verstehe . . . Gut, dass du mich sofort angerufen hast. Natürlich . . . kein Problem. Ich sage gleich Serafim Bescheid, er soll mitfahren. Und Mochow treibe ich auch noch auf. Er hat gute Beziehungen zur Presse, das kann jetzt nicht schaden . . . Wirklich, wie konnte er so etwas tun?! Er war doch noch so jung . . . Und er hat dich geliebt. . . Er war ganz verrückt nach dir, Kindchen . . . Aber, entschuldige die direkte Frage, hattet ihr vielleicht einen Streit? Hallo!«
    Lew hob mit majestätischer Geste den Deckel der Pfanne -voilà, die Sauce war fertig! Die geschmorten Hammelfleischstückchen schwammen in der würzigen Fruchtsauce wie Inseln in einem goldfarbenen, nach glutheißem Honig schmeckenden Ozean. Das Fleisch duftete appetitlich und aromatisch. Jetzt durfte man nicht länger warten, sondern musste es sofort servieren. Lew drückte auf die Taste der Sprechanlage und rief in den Speisesaal: »Hammel Tanger ist fertig!«
    Endlich konnte er nun den Herd verlassen, um Maria Sacharowna zu begrüßen. Aber sie war gar nicht mehr im Nebenraum. Auch der Chefkoch war verschwunden. Offenbar hatte er als wohlerzogener Mensch den Raum verlassen, damit sie ungestört telefonieren konnte.
    Gleich frühmorgens hatte Katja dem Chef der Mordkommission einen Besuch abstatten wollen, aber daraus wurde nichts. Eine dringende Arbeit kam dazwischen: Nachts war in Morosowka, einem Vorort von Moskau, ein bewaffneter Rowdy festgenommen worden. Es hatte eine Schlägerei und einen Schusswechsel gegeben. Eine solche Geschichte durfte Katja sich nicht entgehen lassen. Bis mittags saß sie an dieser Story, telefonierte, recherchierte. Erst um halb zwei fand sie Zeit, zu Kolossow zu gehen. Im Morddezernat herrschte eine verdächtige Aktivität. Die Türen vieler Büros waren weit aufgerissen. Ständig hörte man die verschiedenen Klingeltöne der Handys. Und immer nur die beiden bei den Ermittlern beliebtesten Melodien: »Unser Dienst ist gefahrvoll und schwer« und das Ganovenlied »Murka«. Nikitas Handy spielte allerdings, wie Katja wusste, einen Trauermarsch, was seine Vorgesetzten jedes Mal schockierte. Aber er hielt hartnäckig an diesem Klingelton fest, denn, so sagte er, am Handy habe er noch niemals eine gute Nachricht gehört, nur immer: »In Mytischtschi ist jemand erschossen worden, du musst herkommen!« oder »Ein Mordfall in Noginsk, schnell!«
    Doch jetzt war aus Kolossows Büro kein Ton zu vernehmen, die Tür war abgeschlossen und der Hausherr selbst nicht anwesend. Katja warf einen Blick ins Vorzimmer. Der Anblick der Sekretärin Swetlana Ulitkina weckte sofort ihr Interesse. Swetlana saß so angespannt an ihrem Computer, als sei sie live auf Sendung. Ihr Gesicht drückte eine komplizierte Mischung aus Neugier, Ungeduld und Eifersucht aus.
    »Eine Besprechung?«, fragte Katja. »Ist Kolossow auch dabei?«
    »Alle sind dabei.« Swetlana sprach leise. »Kannst du dir vorstellen, wer uns heute mit seinem Besuch beehrt hat? Das rätst du nie! Aurora! Die berühmte Aurora, erinnerst du dich?«
    »Die Schlagersängerin?«, fragte Katja. »Von der hat man aber schon lange nichts mehr gehört.«
    »Genau, sie war wie vom Erdboden verschluckt. Und früher tauchte sie in jeder Fernsehsendung auf, in allen Konzerten . . . Aber ich habe sie sofort erkannt – sie hat sich überhaupt nicht verändert, macht immer noch auf diese Kleinmädchen- und Unisex-Masche.« Swetlana presste verächtlich ihre kirschrot geschminkten Lippen zusammen. »Ganz à la Britney Spears: Jeans mit Strassbesatz, knappes T-Shirt, nackter Bauch . . . Natürlich, ihre Figur ist noch Eins A, aber ihr Alter kann sie trotzdem nicht verbergen . . .«
    »Sie ist bei der Besprechung dabei? Ist sie allein gekommen?«
    »Wo denkst du hin! Natürlich mit Gefolge! Ihren Leibwächtern. Das sind vielleicht zwei Typen, der eine ist jung und dick, von Kopf bis Fuß in Leder, wahrscheinlich so ein verrückter Biker. Der andere ist auch noch jung und sieht ziemlich wild aus. Unser Chef«, Swetlana schnaubte, »ist persönlich rausgelaufen,

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