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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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um sie zu begrüßen.«
    »Sie hat mal ein ganz nettes Lied gesungen«, meinte Katja versöhnlich.
    »Ja, vor hundert Jahren. Dann ist auf MTV ständig dieser eine Videoclip von ihr gelaufen, wo sie im Bett liegt und aus unerfindlichen Gründen eine Mütze mit Ohrenklappen trägt. Übrigens ist sie wegen dieses Unfalls gekommen.«
    »Was für ein Unfall?«
    »In Stolby ist irgendein Bekloppter aus dem siebten Stock vom Balkon gefallen. Und sie«, Swetlana wies mit dem Kopf auf die Tür, »kam sofort angerauscht, wollte wissen, wie das passiert ist. Offenbar war es ein Bekannter von ihr. Ihr Boyfriend!«
    »Weißt du das sicher, oder sagt dir das deine Intuition?« Katja horchte, aber die schwere Doppeltür des Chefzimmers ließ keinen Laut durch.
    »Meine Intuition hat mich noch nie im Stich gelassen.«
    »Und wieso ist Kolossow dazugebeten worden?«
    »Er war vor Ort in Stolby. Und anschließend hat er sie ja auch ausfindig gemacht, unser Popsternchen, meine ich . . .«
    »Ausfindig gemacht?«
    »Genaueres weiß ich nicht, da musst du ihn schon selbst fragen. Mir hat er nichts mitgeteilt. Vielleicht macht er bei dir ja eine Ausnahme.« Swetlana ordnete mit der Geste einer beleidigten Prinzessin ihr tizianrot gefärbtes Haar. »Vor dir brüstet er sich ja besonders gern, wenn er mal wieder so eine Heldentat vollbracht hat. Kurz gesagt – alle weiteren Auskünfte in Büro Nummer neun.«
    Aber Katja beschloss, Kolossow lieber außerhalb des Präsidiums abzufangen. Bis um neun musste sie im Pressezentrum bleiben. Glücklicherweise wurde es im August noch nicht so früh dunkel, und sie konnte aus dem Bürofenster beobachten, wann Kolossows alter Shiguli am Kontrollpunkt auftauchte.
    Um fünf nach zehn riss ihr die Geduld. Sie ging hinunter ins Foyer, wartete dort noch eine Weile, begab sich dann nach draußen . . . und erblickte Kolossow.
    Mit einer Packung Kefir in der Hand trottete er müde auf sein Auto zu. Es dämmerte. In der Nikitski-Straße flammten die Laternen auf.
    In Kolossows Auto, das sich tagsüber in der Sonne aufgeheizt hatte, war es stickig wie in einer Konservenbüchse. Katja hatte sich mit Absicht nach hinten, auf Distanz, gesetzt. Kolossow hatte sie sofort gesehen, als sie das Präsidium verließ, begrüßt und gesagt: »Steig ein, ich bringe dich nach Hause.«
    Die City war trotz der späten Stunde immer noch verstopft. Sie gerieten fast sofort in einen Stau.
    »Schön braun bist du geworden«, bemerkte Nikita. »Wo hast du Urlaub gemacht?«
    »In Sotschi.«
    »Mit deinem Mann?«
    »War Sergej Meschtscherski auch mit?«
    »Wieso?«
    »Nur so. Er hat mich vor ein paar Wochen angerufen und gesagt, er wolle nach Sotschi. Ob ich auch Lust hätte.«
    »Du?« Katja lächelte ungläubig. »Du fährst doch prinzipiell nie im Sommer in Urlaub.«
    »Na, wenn man mir eine Woche Sonnenbaden in Sotschi anbieten würde, in Gesellschaft netter Freunde, dann würde ich’s vielleicht riskieren.«
    »Bitte sehr«, sagte Katja, »ich kann dir gern die Telefonnummer in Sotschi geben. Eine Privatpension, Platz ist noch genügend da. Wenn du willst, kannst du schon morgen losfahren. Sergej testet dort mit seinen Kumpels irgend so eine neumodische Barkasse. Und auch sonst sitzen sie nicht auf dem Trockenen. Wadim macht eifrig mit und freut sich seines Lebens. Er ruft nicht mal mehr zu Hause an!«
    »Dein Mann?« Kolossow drehte sich zu ihr um. »Er ist also noch in Sotschi?«
    »Er hat immer noch Urlaub, während ich hier im Smog ersticken darf«, beklagte sich Katja. Hinter ihnen begann plötzlich ein wütendes Hupkonzert. Die Wagen vor ihnen hatten sich schon wieder in Gang gesetzt, Kolossow hatte es im Eifer des Gesprächs gar nicht bemerkt.
    »Wolltest du wirklich nach Sotschi zu Meschtscherski?«
    »Ja.« Kolossow bog auf den Gartenring ab. »Aber nicht zu Meschtscherski. Wie lange bleibt dein Mann noch?«
    »Zwei Wochen.«
    Sie fuhren schweigend weiter. Kolossow bog vom Gartenring auf den Frunse-Kai ab. Vor Katjas Haus stoppte er. Gegenüber, am Neskutschny-Garten, legte gerade ein Ausflugsdampfer an.
    »Sieh mal dort«, sagte Katja, »schon halb zehn, und die Leute fahren immer noch spazieren.«
    »Sie fliehen vor dem Smog. Hier bei euch kann man wenigstens noch atmen.« Kolossow blickte sie im Rückspiegel an. Er hatte den Motor abgestellt und den Zündschlüssel abgezogen.
    Katja stieg aus, Nikita folgte ihr. Der Augenblick war passend.
    »Weißt du was?«, sagte Katja.
    »Was?«
    »Komm.« Sie fasste den Chef

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