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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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noch irgendwem irgendwo erzählt«, sagte Aurora bedeutsam. »Warum sonst ist er ermordet worden?«
    Kolossow blickte sie verwundert an. Einen Moment lang schwieg er.
    »Ach, so ist das«, sagte er dann. »Ich wollte Sie schon die ganze Zeit fragen, was Sie über seinen Tod denken. Also das ist es – Sie glauben . . .«
    »Ich glaube gar nichts. Ich weiß auch nichts. Aber ich . . . ich fürchte mich seit einiger Zeit. Unheimlich ist mir. Das ist alles.«
    »Wieso haben Sie ihn an jenem Abend überhaupt zum Essen eingeladen, wenn Sie sich schon getrennt hatten?«
    »Er hat mich ständig angerufen und um ein Treffen gebeten, hat gesagt, wir müssten uns aussprechen, ich hätte ihn missverstanden, er brauche nichts von mir. Wenn er wollte, konnte er sehr überzeugend sein. Das war sein Talent -Frauen zu bezaubern, herumzukriegen, wenn Sie so wollen. An dem besagten Abend hat er mich angerufen, wollte mich treffen. Ich hatte keine Lust, habe ihm gesagt, ich hätte schon etwas anderes vor. Er darauf: Was denn? Ich habe gesagt, ich habe Gäste zu Mariascha eingeladen. Darf ich auch kommen, hat er gefragt. Was sollte ich machen – mein, bleib weg‹ sagen?«
    »Ich an Ihrer Stelle hätte das getan.«
    Aurora lächelte ironisch.
    »Sie sind ein Mann. Für Sie ist das einfacher. Und überhaupt, was verstehen Sie von all diesen Dingen?«
    »Ja, ich verstehe davon nicht besonders viel. Und ich finde das alles reichlich verwirrend. Sie waren liiert, dann haben Sie sich getrennt, dann sitzen Sie wieder wie gute Freunde zusammen mit ihm an einem Tisch. Plötzlich – bums – ist er tot, aber Sie erscheinen nicht einmal zu seinem Begräbnis. Wo ist da die Logik? Und jetzt stellt sich auch noch heraus, dass Sie böse auf den armen Kerl sind, weil er Ihr Kind als seins betrachten wollte, also im Grunde fast adoptiert hätte.«
    »Aber das ist mein Kind, mein Sohn! Mein Leben!«, schrie Aurora. »Niemand wird sich um meine Kinder kümmern, falls mir etwas passiert. Nicht einmal ihr leiblicher Vater. Und Studnjow mit seinem leeren Geschwätz, seinem verlogenen Grinsen . . . Wie konnte er nur so etwas sagen? Mit diesen Worten, mit dieser Lüge hat er alles kaputtgemacht, dieser Idiot!«
    »Ihr Ex-Mann Gussarow hätte Ihrem Freund solche indiskreten Enthüllungen wohl nicht verziehen?«, fragte Nikita.
    »Was wissen Sie von meinem Leben mit Gussarow? Ich hatte in seinem Haus manchmal Angst, Luft zu holen, geschweige denn . . .«
    »Sagen Sie, Gussarow hat Sie an diesem Freitagabend doch angerufen?«
    »Ja,. Wir saßen schon alle am Tisch. Da plötzlich klingelte mein Handy, und er war dran.«
    »Und was wollte er von Ihnen?«
    »Er hat mich beschimpft und auf alle erdenkliche Weise beleidigt.«
    »Aber wollte er etwas Bestimmtes von Ihnen? Gab es einen Grund, warum er Sie anrief?«, insistierte Kolossow.
    »Unsere Anwälte hatten sich an diesem Tag getroffen, um eine Einigung über die Unterhaltszahlungen für die Kinder zu erzielen. Gussarow hat früher immer gesagt, er werde für die Kinder sorgen. Und ich dachte, dass . . . dass er sich seiner Pflichten als Vater bewusst sei. Aber an diesem Freitag rief er plötzlich an und beleidigte mich, drohte mir.«
    »Er hat es abgelehnt, Unterhalt für die Kinder zu zahlen? Was hat er konkret gesagt?«
    »Nichts, nur . . . Ich sage Ihnen doch, er war wie besessen, hat mich mit einem Schwall von Beschimpfungen und Drohungen überschüttet.« Aurora schaute Kolossow an. »Ich war zu Tode erschrocken, verstehen Sie? Ja, in der letzten Zeit hat er mich schlecht behandelt, sehr schlecht, aber die Kinder hat er immer aus dem Spiel gelassen, und nun plötzlich . . . Und da dachte ich . . .«
    »Sie dachten, dass Studnjows unvorsichtige Äußerungen Ihrem Ex-Mann zu Ohren gekommen seien?«, fragte Nikita.
    »Ja, ich habe sofort gedacht: Da haben wir die Bescherung.«
    »Aber direkt hat Gussarow Sie in diesem Telefongespräch nicht der Untreue beschuldigt?«
    »Nein, er hat mich nur angebrüllt. Und gedroht.«
    »Aber wieso haben Sie Studnjow am Montag angerufen?«, fragte Nikita. »Als ich an sein Telefon gegangen bin?«
    »Gussarows Anruf hat mich aus der Bahn geworfen. Ich war so aufgeregt. Deshalb habe ich Max angerufen, ich wollte eine klare Auskunft, ob er zu irgendwem etwas über meinen Sohn gesagt hat. Und ob Gussarow diese Lüge vielleicht gehört hat.«
    »Aurora, entschuldigen Sie, dass ich Ihnen eine solche Frage stelle«, sagte Kolossow, »aber Hand aufs Herz, haben Sie mit Studnjow

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