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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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ist erschienen. Normalerweise hätte sie mich an diesem Tag nicht getroffen, aber sie hat mich getroffen. Einige Stunden später wird sie vergiftet. Und soweit ich damals bemerkt habe, war Ihnen ihr Auftauchen hier im Restaurant und ihre Begegnung mit mir überhaupt nicht recht.«
    Maria blickte ihn verblüfft an.
    »Wie, wollen Sie etwa mich beschuldigen, Lena vergiftet zu haben?«, fragte sie. »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Ich beschuldige Sie nicht. Vorläufig beschuldige ich überhaupt noch niemanden. Ich analysiere nur die Lage und spreche mit Ihnen völlig offen, lege alle meine Karten auf den Tisch. Ich habe damals bemerkt, dass Ihnen das Erscheinen Ihrer Kellnerin außerhalb der Dienstzeit und ihr Kontakt zu mir unangenehm waren.«
    »Doch nicht der Kontakt zu Ihnen, was haben Sie damit zu tun?«, rief Maria temperamentvoll aus. »Glauben Sie mir, an Sie habe ich dabei zuallerletzt gedacht!«
    »An wen haben Sie denn gedacht?«
    Maria wandte den Blick ab. »Haben Sie Zigaretten dabei? Ich habe meine wie immer im Auto liegen gelassen«, sagte sie.
    Nikita holte seine Zigarettenschachtel und sein Feuerzeug heraus.
    »Was Sie so alles daherreden . . .« Maria zündete sich eine Zigarette an. »Sie haben ja wirklich scharfe Augen. Ja, ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, Jelena zu sehen. Und es war mir ziemlich unangenehm, aber . . .«
    »Warum?«, fragte Nikita.
    »Der Grund dafür ist rein persönlicher Natur. Zu Ihrem Fall hat er keinerlei Beziehung.«
    »Zu einem Mord kann vieles eine Beziehung haben, manchmal sogar ganz unwahrscheinliche Dinge.«
    »Aber dies nicht.« Maria wurde ärgerlich. »Sie hatten jedenfalls überhaupt nichts damit zu tun. Glauben Sie wirklich, ich hätte mir über Sie Gedanken gemacht, wenn . . .«
    »Wenn was?«
    »Ich habe einen sehr engen Freund, den ich von ganzem Herzen liebe«, sagte Maria schnell, »er ist mein Glück und mein Unglück. Ach, das werden Sie sowieso nicht verstehen, lachen werden Sie über mich!«
    »Maria Sacharowna, Sie bringen mich in Verlegenheit«, sagte Kolossow.
    »Ich wollte doch nicht verhindern, dass Lena mit Ihnen zusammentrifft. Er war es, den sie nicht treffen sollte«, sagte Maria müde. »Haben Sie ihn gesehen, meinen Liebsten?«
    »Simonow? Ja, ich habe ihn gesehen.«
    »Er ist mein Mann, und ich liebe ihn. Aber er . . . er kann keinem Rock widerstehen. Ein Weiberheld!« Maria zerdrückte ihre Zigarette im Aschenbecher. »Auch an Lena hat er sich herangemacht, das weiß ich. Man hat’s mir vorher gesagt, mich gewarnt. . . Sie haben ihn ja gesehen und können sich ein Bild machen. Hundertmal habe ich mir geschworen, ich verlasse ihn, schicke ihn in die Wüste. Aber ich bringe es nicht fertig. Es zerreißt mir das Herz. Am Mittwochmorgen war er hier im Restaurant. Und da taucht plötzlich Lena auf. An ihrem freien Tag, nach einer Nachtschicht! Wozu? Ich konnte mir nur eine Erklärung denken -sie wollte zu ihm. Und da sagen Sie . . .« Wieder seufzte Maria auf. »So, nun wissen Sie alles über mich. Jetzt können Sie getrost lachen.«
    »Dafür gibt es überhaupt keinen Grund, Maria Sacharowna. Solche Dinge sind völlig normal«, sagte Nikita. »Übrigens war Ihr Simonow am Samstag bei der Beerdigung. Ich dachte, Sie hätten ihn geschickt, in offizieller Mission sozusagen.«
    »Er hat mir gar nichts davon gesagt«, erwiderte Maria düster. »Für uns ist Lew Saiko hingefahren. Ich konnte nicht, ich war zu traurig. Aber warum essen Sie denn gar nichts?«
    »Danke, es schmeckt wirklich sehr gut«, sagte Nikita. »Wissen Sie, Maria Sacharowna, manchmal ist es besser, offen miteinander zu reden, so wie wir beide jetzt, statt sich zu winden, Ausflüchte zu suchen und Gerüchte in die Welt zu setzen, nicht wahr? Wir haben uns unterhalten und, so glaube ich, alles geklärt, was der Klärung bedurfte. Nun habe ich noch ein paar Fragen an Ihren Chefkoch. Ist er gerade hier?«
    »Natürlich, wo soll er sonst sein? Er ist in der Küche. Soll ich ihn rufen?«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht. Und gehen Sie bitte nicht fort, bleiben Sie noch bei uns.« Kolossow lächelte Maria herzlich an. »Es ist schön hier bei Ihnen. Gemütlich.«
    »Gefällt es Ihnen wirklich? Dann kommen Sie doch öfter her und nicht nur dienstlich.« Maria lächelte zurück. »Wir werden uns immer freuen.«
    Poljakow erschien so wie er war, in seiner Arbeitskleidung -schneeweißer, gestärkter Kittel und Kochmütze. Der Kittel war offensichtlich von einem ausgezeichneten

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