Das Zauberer Handbuch
Eine ganze Reihe von Lesern hat mir berichtet, dass sie am Ende von LAND DER MYTHEN Tränen der Rührung in den Augen hatten. Das wäre sicher anders gewesen, hätte ich mich entschieden, diese Passagen im sachlichen Stil einer Reportage zu schildern. Die Art und Weise, wie eine Szene geschrieben ist, kann deren Wirkung dutzendfach verstärken oder mindern – wie die Musik in einem Film. Sprache und ihre stilistischen Möglichkeiten wirkungsvoll einzusetzen, gehört daher zu den wichtigsten Dingen, die ein Autor überhaupt erlernen bzw. beherrschen kann.
Glückseliges Dauergrinsen
Den einen oder anderen wird es vielleicht verwundern, diesen Punkt hier aufgeführt zu finden – aber wer schon einmal ein Romanprojekt in Angriff genommen oder es gar zu Ende geführt hat, wird wissen, was ich meine.
Man kann eine solche Leistung eigentlich nicht vollbringen, wenn man keinen Spaß daran hat. Freude am Ausdenken von Geschichten gehört ebenso dazu wie jene am eigentlichen Handwerk, am Erzählen und am Schreiben, am Hineindenken in Charaktere und Szenen und an der Suche nach dem optimalen Ausdruck. Wer für sein Leben gern kreativ ist und vor Phantasie sprüht, den Schreibprozess jedoch als unerträgliche Knochenarbeit empfindet, wird in diesem Beruf auf Dauer sicher ebenso wenig glücklich werden wie jemand, der zwar flüssig und routiniert schreiben kann, dem es jedoch an der nötigen Vorstellungskraft fehlt. Beides ist notwendig, und wenn der Autor Freude daran hat, dann wird sich diese Freude auch in seinem Text niederschlagen und sich dem Leser vermitteln. Ist das nicht selbstverständlich?, werde ich immer wieder gefragt.
Ja und nein.
Einerseits sollte tatsächlich selbstverständlich sein, dass der Autor seine Arbeit mit Freude und Hingabe ausführt, wenn sie auch längst nicht so leicht ist, wie es auf den ersten Blick aussehen mag (und häufig auch nicht besonders gut bezahlt). Andererseits gibt es doch viele Beispiele, in denen Autoren um des bloßen Honorars willen in die Tasten gehauen haben – etwa, wenn es um rasch zusammengeschusterte Romane zu gerade Erfolg versprechenden Themen ging oder um den x-ten Band einer erfolgreich laufenden Reihe, den der Verlag noch rasch vor Weihnachten in den Läden haben wollte. Auch das phantastische Genre ist nicht frei von solchen Büchern, die sicher mit einer guten Portion Routine, jedoch ohne erkennbaren Spaß an der Sache geschrieben wurden. Das soll nun nicht heißen, dass der Autor bei seiner Arbeit zu jeder Zeit ein glückseliges Dauergrinsen im Gesicht haben muss. Mal ganz abgesehen davon, dass dies bei Familienmitgliedern und Freunden einen seltsamen Eindruck machen und zu unangenehmen Fragen führen könnte, ist es völlig in Ordnung, im Lauf eines Projekts auch mal durchzuhängen. Jeder Autor kennt die Phasen, in denen es nicht so recht aus der Feder fließen mag; Zeiten, in denen es Probleme inhaltlicher oder dramaturgischer Natur gibt oder die Handlung sich anders entwickelt, als man es ursprünglich beabsichtigt hatte. Das ist durchaus normal, selbst sehr erfolgreiche Autoren sind dagegen nicht gefeit – sobald sie die Schwierigkeiten jedoch überwunden haben, überwiegt bei ihnen wieder die Freude am Erzählen, und so sollte es sein.
Eine Frage des Portos
Wer einen Roman verfassen oder sich sogar seinen Lebensunterhalt im Autorenberuf verdingen will, dem sei zunächst entgegen allen Miesmachern gesagt – ja, es ist möglich. Dass ihr diese Zeilen lest, ist der Beweis. Und dort draußen in den Buchhandlungen gibt es noch unzählige weitere. Aber wer dieses Ziel hat, der braucht neben den vorgenannten Eigenschaften vor allem eines – Durchhaltevermögen.
Zum einen ist Ausdauer vonnöten, um überhaupt einen Roman verfassen zu können – in der Fantasy haben wir es ja nicht selten mit Werken von achthundert oder gar noch mehr Manuskriptseiten zu tun, die freilich erst einmal geschrieben sein wollen und die in vielen Fällen bloß den Auftakt zu einer noch größeren, häufig als Trilogie angelegten Geschichte bilden. Die Schreibzeiten für solche großen Epen sind irgendwo zwischen drei Monaten und drei Jahren anzusetzen – je nachdem, wie groß die Produktivität des Autors ist, wobei ein schneller Schreiber nicht gleichzeitig auch ein guter sein muss, ebenso wie nicht gesagt ist, dass ein Werk, dessen Fertigstellung fünf Jahre dauerte, zwangsläufig zum großen Wurf wird.
Die individuelle Produktivität – der Output eines Autors –
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