Das Zauberer Handbuch
ist von vielen Faktoren abhängig: Zunächst natürlich davon, wie viel Zeit jemand in die Arbeit an seinem Projekt stecken kann – ein Autor, der hauptberuflich schreibt, wird ein größeres Tagespensum haben als jemand, der dies nur nach Feierabend tun kann. Natürlich spielt auch die persönliche Verfassung eine Rolle, sowie die unterschiedliche Beschaffenheit der Szenen, die es zu schreiben gilt. Während die einen förmlich lebendig werden, scheinen andere sich mit aller Kraft dagegen zu wehren, in Worte gefasst und auf Papier gebannt zu werden. Wer sich schon einmal an einem Schreibprojekt versucht hat, ganz gleich, ob es sich um einen ganzen Roman oder um eine Kurzgeschichte gehandelt hat, der weiß, wovon ich spreche, denn solche Täler hat man als Autor immer wieder zu durchschreiten – nicht die berühmte Schreibblockade, vor der sich jeder Autor bekanntlich fürchtet, sondern eine gewöhnliche Schreibflaute, die dafür sorgt, dass alles doppelt so sehr anstrengt wie sonst. Alles, was den Autor dann am Schreiben hält und das halb fertige Manuskript davor bewahrt, unter der Rubrik »unvollendet« abgelegt zu werden, ist eiserner Durchhaltewille, die beharrliche Suche nach einer Lösung.
Das soll nicht heißen, dass es nicht mitunter hilfreich sein kann, die Arbeit liegen zu lassen und darauf zu hoffen, bei einer anderen Tätigkeit auf den oder die rettenden Gedanken zu kommen; wichtig ist, dass man irgendwann zur Arbeit zurückkehrt. Das verstehe ich unter kreativer Ausdauer – und sie verlangt einen gewissen Preis.
Von meinen Lesungen weiß ich, dass viele Leute, und zwar durchaus auch solche, die sich selbst mit dem Gedanken tragen, Autoren zu werden, recht verklärte Vorstellungen vom Schreiben haben. Zugegeben, es hört sich ja auch wirklich gut an: Den ganzen Tag im warmen Kämmerchen sitzen, sich Geschichten ausdenken und sie aufschreiben. Und wenn man mich danach fragt, so erkläre ich ohne Zögern und aus vollster Überzeugung, im Beruf des Autors meinen Traumberuf gefunden zu haben. All dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Beruf des Schriftstellers anstrengend und der Schreibprozess ein mühevolles Unterfangen sein kann. Denn selbst, wenn es gut läuft, wenn sich die Figuren wie von selbst in ihre Rollen und Szenen fügen, stellt das Schreiben noch immer einen kreativen Kraftakt dar, der nicht selten eine innere Erschöpfung zur Folge hat. Vor allem dann, wenn die zu beschreibenden Szenen emotionaler Natur sind.
Wer schon einmal eine Szene verfasst hat, in der ein Hauptcharakter sein Leben lässt, oder ein Finale, in dem sich ein düsteres Schicksal erfüllt, weiß, wovon ich hier spreche: So befriedigend eine solche Szene für den Leser sein kann, so kräftezehrend ist es auch, diese zu schreiben. Denn um all die Motivationen und Gefühle, die sich im Lauf der Handlung bei den Figuren aufgestaut haben, zielgerichtet abzubauen, ist es notwendig, sich auf die Charaktere einzulassen und die Geschichte aus ihrer Sicht zu erzählen – und auch das kann sehr viel anstrengender sein, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Im Zuge der Arbeit an DAS DUNKLE FEUER, dem dritten und letzten Teil der ZAUBERER-Trilogie, war jene Szene am schwierigsten zu schreiben, in der es zum endgültigen Bruch und zum Kampf zwischen den Helden Granock, Aldur und Alannah kommt. Natürlich stand für mich von Anfang an fest, dass dieser Konflikt unvermeidlich war – da die ZAUBERER-Trilogie zeitlich vor der damals bereits bestehenden ORKS-Trilogie angesiedelt ist, waren sowohl der Kampf als auch sein Ausgang klar vorbestimmt. Im Lauf der Arbeit an dem Roman habe ich mich jedoch dabei ertappt, dass mir die Figur des Aldur so ans Herz gewachsen war, dass ich ihre Geschichte am liebsten umgeschrieben hätte. Da ich diese Möglichkeit nicht hatte, blieb mir nichts anderes, als mich den Zwängen der Handlung zu unterwerfen – die Arbeit an den besagten Passagen ist mir aber bis heute in Erinnerung und hat mich eine ganze Menge von genau jener Ausdauer gekostet, von denen ich hier spreche.
Schon jenes Kapitel, in dem die einstigen Freunde nach langer Zeit wieder aufeinandertreffen, war nicht einfach zu schreiben, weil die Figuren mir im Lauf der Trilogie derart vertraut geworden waren, dass ich das Gefühl hatte, sie zu verraten – das finale Duell wurde dann aber ein echter Kraftakt. Nun gab es kein Verstecken mehr, der letzte Kampf musste ausgetragen werden, Freund stand gegen
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