Das Zauberer Handbuch
zu schlüpfen. Natürlich ist es nicht ganz einfach, sich in die Rolle eines verfressenen Orks, eines baumgroßen Trolls oder eines untoten Drachen zu versetzen. Gerade hier jedoch ist es wichtig, all diesen phantastischen Kreaturen »echte«, also für den Leser plausible Empfindungen zu geben. Noch deutlicher gesagt: Je abenteuerlicher und abgefahrener die Protagonisten eines Romans sind, desto erdgebundener und vertrauter sollten ihre Empfindungen sein, denn nur so erreichen wir es, dass sich der Leser trotz aller Andersartigkeit mit diesen Wesen identifiziert und sie auf einer intuitiven Ebene versteht.
Natürlich muss das Handeln einer Person den Regeln der Logik folgen und dem Handlungsmuster des Romans entsprechen – mindestens ebenso wichtig jedoch scheint mir, dass sie emotional richtig verortet ist und ihre Aktionen nicht nur durch kühle Logik, sondern auch von der Gefühlsseite her plausibel begründet sind. Nur so erhalten wir Charaktere, mit denen die Leser mitfiebern, und nichts anderes wollen wir schließlich – Empathie ist also der Schlüssel zum Erfolg.
Eine Warnung muss allerdings noch angefügt werden – denn dieselbe Sensibilität, die dazu befähigt, sich in fremde Personen und Figuren hineinzudenken, schlägt einem ins Gesicht wie der saparak eines Orks, wenn man nicht lernt, damit umzugehen und sich abzuschotten, wenn es nötig ist – zum Beispiel dann, wenn die eigene Arbeit nicht mehr auf objektive, sondern auf persönliche, gar verletzende Weise kritisiert wird. Aber dazu später mehr.
Richtich schreibn
Darüber hinaus gibt es einige Eigenschaften, die nicht unmittelbar mit dem Ausdenken einer Geschichte oder ihrer inhaltlichen Entwicklung zu tun haben, wohl aber mit ihrer Ausformulierung zum Roman – sie alle haben mit dem Grundwerkzeug des Autors zu tun, der Sprache. Das wird niemanden besonders überraschen, dennoch lehrt die Erfahrung, dass es gut ist, sich diese einfache, aber harte Regel noch einmal zu vergegenwärtigen: Die Beherrschung der deutschen Sprache sowie die Sicherheit in der dazugehörigen Grammatik und Orthografie sind unablässige Voraussetzungen dafür, als Schriftsteller Fuß zu fassen. Kein Verlag wird, unabhängig von der womöglich großartigen inhaltlichen Qualität eines eingereichten Manuskripts, mehr als die übliche Sorgfalt darauf verwenden, im Text vorhandene Fehler ausfindig zu machen und zu verbessern. Mit anderen Worten: Manuskripte, die mit orthografischen und/oder grammatikalischen Fehlern gespickt sind, haben keine Chance, vollständig gelesen geschweige denn veröffentlicht zu werden.
Durch die enormen Fortschritte in der Textverarbeitung stehen inzwischen glücklicherweise sehr gute und zuverlässige Rechtschreibprogramme zur Verfügung, die einen Text wenn schon nicht auf Herz, so doch auf Nieren überprüfen – grammatikalische Fehler jedoch (wie den berühmten Dativ, der dem Genitiv sein Tod ist) machen auch sie nicht ausfindig, sodass hier nichts anderes bleibt als eiserne Selbstkontrolle und Disziplin, und notfalls auch der Griff zum Bücherregal. Wörterbücher wie Duden oder Wahrig schaffen Klarheit in vielen Zweifelsfällen und gehören sowohl zur Grundausrüstung des Autors sowie seines Lektors.
Wohlgemerkt gilt dies vor allem für die professionelle Verwertbarkeit von Texten. Wer hobbymäßig schreibt oder seine Texte kostenfrei im Internet veröffentlicht, der hat es mit einem Medium zu tun, in dem oft ein guter Inhalt allemal wichtiger ist als eine korrekte Form – ein zahlender Kunde jedoch, der für ein Taschenbuch rund zehn und für ein Paperback rund fünfzehn Euro hinblättert, verlangt zu Recht ein handwerklich ordentlich gemachtes Buch – und die Sprache ist nun einmal das Handwerk des Autors. Wir werden in sie hineingeboren, wachsen mit ihr auf und nehmen sie bis zu unserer Schulzeit eigentlich gar nicht bewusst wahr. Erst, wenn unsere Lehrer uns darauf aufmerksam machen, dass unsere Ausdrucksfähigkeit zu wünschen übrig lässt oder unsere Rechtschreibung zwar phantasievoll ist, aber nicht den (jeweils gerade) gültigen Regeln folgt, wird uns klar, dass wir da etwas haben, das gleichzeitig Segen ist und Fluch.
Klar ist: Sprache bedeutet Kommunikation und ermöglicht überhaupt erst eine hoch entwickelte Kultur, insbesondere durch ihre fixierte Erscheinungsform, die Schrift. Die praktische Anwendung einer verbindlich geregelten Allgemeinsprache ist schon ein bisschen komplizierter und beinhaltet so manche
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