Das Zauberer Handbuch
Fallstricke, über die auch gestandene Autoren hin und wieder stolpern. Wohlgemerkt geht es auch nicht darum, die deutsche Grammatik in all ihren Einzelheiten bis ins Detail zu beherrschen, wohl aber darum, einen Text in weitgehend fehlerfreier Form abzuliefern. Genitiv vs. Dativ, Adjektiv vs. Adverb, Aktiv vs. Passiv – die meisten Menschen hören auf, sich über derlei Dinge Gedanken zu machen, wenn sie die Schule verlassen. Autoren können sich diesen Luxus nicht leisten, denn Sprache ist das Material, mit dem sie täglich arbeiten, entsprechend ratsam ist es, sie zu pflegen und sich fortwährend darin zu schulen.
Ein Krug vom besten Met
Dies kann einerseits natürlich durch das geschehen, was wir alle ohnehin häufig und gerne tun – nämlich das Lesen von Büchern. Zum Autorenberuf gehört es aber auch, ein offenes Ohr für Sprache zu entwickeln, für all die feinen Nuancen, die Sprache »zwischen den Zeilen« transportieren kann und die so viel über den Sprecher aussagen können – von sozialer Herkunft über regionale Zuordnung bis hin zu all den emotionalen Zuständen, die verbale Kommunikation nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch durch Klang und Stimmführung vermittelt. Wozu, so wird mancher jetzt fragen, braucht ein Fantasy-Autor so etwas? Schließlich wollen wir weder tief gehende Milieustudien betreiben noch unsere Orks in bayerischer Mundart reden lassen. Obwohl, eigentlich …
Es geht ganz einfach darum, ein Gefühl für Sprache und ihre Stimmungen zu entwickeln, denn genau wie jeder Mensch eine ganz eigene Sprechweise hat, »klingen« auch Romane ganz unterschiedlich: Wer ein Sachbuch über garantiert krisensichere Formen der Geldanlage verfasst, wählt sicher eine andere Sprache, als ich es in DIE RÜCKKEHR DER ORKS getan habe, und ein Roman der BLACK DAGGER-Serie wählt andere Worte als Stephenie Meyer in ihren TWILIGHT-Romanen.
Was aber ist es, das diese unterschiedliche Sprache ausmacht? Warum klingen manche Bücher anders als andere? Im Grunde sind es dieselben Dinge, die auch die individuelle Ausdrucksweise von uns Menschen voneinander unterscheiden: Wortwahl, Sprachfluss, Betonung – all diese Parameter bestimmen den individuellen Sprachduktus eines Menschen. Nicht anders verhält es sich bei einem Buch: Ein Politthriller muss eine gewisse Sachlichkeit vermitteln, ein Liebesroman darf sich in ausufernden Beschreibungen ergehen.
Wie aber steht es nun um die Fantasy?
Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es natürlich nicht. Im Lauf seiner Entwicklung hat das Genre die verschiedensten Subgenres und Mischformen hervorgebracht, die sich jeweils ihrer ganz eigenen Sprache bedienen. Epische High Fantasy à la DER HERR DER RINGE klingt sicher anders als Heroic Fantasy à la CONAN, so wie sich die klassisch anmutende Eloquenz eines J.R.R. Tolkien grundlegend vom ungestümen Schwulst eines Robert E. Howard unterscheidet. Entscheidend ist hier aber nicht das individuelle Sprachvermögen des Autors. Ähnlich, wie sich Schauspieler in den Dienst der Rolle stellen, die sie spielen, sollte sich auch ein Autor in den Dienst seines jeweiligen Buches stellen und einen Stil wählen, der Inhalt und Gegenstand angepasst ist. Alles andere wäre eitler Selbstzweck, wie man ihn hin und wieder bei Feuilletonisten mit Amok laufendem Intellekt antrifft: Plötzlich scheint es im betreffenden Zeitungsartikel gar nicht mehr um das besprochene Werk zu gehen, sondern nur noch darum, der vermeintlichen Sprachgewalt des Redakteurs ein Podium zu verschaffen – mit dem Ergebnis, dass der Leser gar nicht mehr versteht, worum es geht.
In der Fantasy ist es ganz besonders wichtig, dass wir als Autoren hinter die Geschichte treten, die wir erzählen wollen, denn schließlich erwarten wir von unseren Lesern ja, dass sie uns in bisweilen unwahrscheinliche Welten folgen. Dies wird jedoch erschwert, wenn wir durch unpassende Sprachwahl selbst in Erscheinung treten und dadurch die Vorstellungskraft des Lesers stören.
In meinem Fantasy-Zweiteiler LAND DER MYTHEN, der auf Sagenmotiven meiner Allgäuer Heimat beruht, habe ich mich beispielsweise für eine etwas schnörkelhafte und antiquiert wirkende, dem märchenhaften Charakter der Geschichte jedoch sehr angemessene Sprache entschieden, während ich mich in der ORKS-Trilogie eher am Stil der Pulp-Klassiker orientiert habe, der mir für unsere Freunde Balbok und Rammar passend erschien. Bei historischen Romanen wähle ich meist eine zwar weitgehend
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