Das Zauberer Handbuch
was der Autor auf seiner Reise benötigt – angefangen von Notizbüchern mit Ideenskizzen über Sekundärliteratur zum Recherchieren und Bildbänden mit Referenzfotos bis hin zu Landkarten, die nicht selten selbst gezeichnet sind. Sogar Requisiten wie Schwerter, Rüstungselemente oder Teile von Gewandungen wurden schon auf Schreibtischen (oder zumindest in dessen unmittelbarer Nähe) gesichtet, und auch Modelle oder Actionfiguren können eine ergiebige Inspirationsquelle sein. Als ich die drei Bände der ORKS-Trilogie schrieb, hat mir ein grünhäutiger, ziemlich grimmig aussehender, allerdings nur knapp zwölf Zentimeter großer Unhold dabei zugesehen, den ich während eines Frankreich-Aufenthalts in einem Spielzeugladen gesehen und spontan gekauft hatte. An manchen Tagen, wenn der Schreibzwang mich nicht losließ und ich bis spät in die Nacht über Balboks und Rammars Abenteuern saß, hatte ich das Gefühl, er würde zum Leben erwachen und auf dem Tisch auf und ab gehen – das war dann das unübersehbare Zeichen, für diesmal Schluss zu machen und zu schlafen.
Natürlich sollte der Schreibtisch so viel Platz bieten, wie man eben braucht, um seine Arbeit zu tun – darüber hinaus jedoch ist, zumindest nach meiner Erfahrung, grundsätzlich alles erlaubt, was den Schreibfluss anspornt. Wichtig ist, dass man die eigenen Bedürfnisse erkennt und sich einen Arbeitsplatz schafft, an dem sich die Kreativität voll entfalten kann. Dass dabei ein gewisses Chaos entsteht, ist unvermeidlich – ich kenne eigentlich keinen Autor, dessen Schreibtisch blitzblank aufgeräumt wäre, selbst auf den Schreibtischen vieler Lektoren herrscht ein herrlich buntes Durcheinander aus Büchern, Manuskripten, Coverentwürfen und noch vielem mehr, was ich stets als Zeichen einer engagierten und kreativen Arbeitsweise werte. Das gilt für alle kreativen Berufe und natürlich auch für Verlage – wenn ich das Büro eines Lektors betrete und sehe dort sich stapelnde Bücher und Manuskripte und am besten noch ein, zwei Poster an der Wand, nehme ich das als einen Hinweis darauf, dass sich hier jemand mit dem, was er tut, intensiv auseinandersetzt und sich an seinem Arbeitsplatz wohlfühlt – eine buchhalterische Tabula rasa spräche da eine ganz andere Sprache.
Auch ich selbst pflege beim Schreiben einen gewissen Schutzwall an Material rings um mich zu errichten, um die reale Außenwelt besser abzuschirmen und das Eintauchen in fremde Welten zu erleichtern. Dass der Autorenberuf keine Kleidungsvorschriften kennt, ist ebenfalls ein großer Vorteil – ob jemand am liebsten in Jeans oder im Maßanzug, in ausgebeulten Jogginghosen oder in mittelalterlicher Gewandung am Schreibtisch sitzt, ist jedem selbst überlassen. Von Bedeutung ist letztlich nur die Qualität der Arbeit, die im Zuge des kreativen Schaffungsprozesses entsteht – nach allem anderen wird niemand fragen.
Nur in einer Hinsicht sollten wir weder Chaos noch Kompromisse dulden – nämlich dann, wenn es um die Form dessen geht, was unseren Schreibtisch verlässt, sei es nun in digitaler oder in gedruckter Version. Denn von diesem Augenblick an befinden wir uns nicht mehr in der Geborgenheit unserer Schreibstube, sondern treten an die Öffentlichkeit, und was wir an den Verlag schicken, muss der Form nach mit den Texten anderer Autoren vergleichbar und konkurrenzfähig sein. Da gerade Ersteinreichungen an Verlage oder Agenturen häufig noch in physischer Form erfolgen, also ganz altmodisch ausgedruckt, sei deshalb nochmal gewarnt: Knicke, Ränder von Kaffeetassen oder dem Papier innewohnender Nikotingeruch werden vom Verlag im Allgemeinen nicht als Ausdruck von kreativem Individualismus empfunden, sondern führen wahrscheinlich dazu, dass ein Manuskript ungelesen zurück ins Kuvert wandert – oder gleich in den Papierkorb.
Wenn es aber doch einmal geklappt hat und wir unsere Unterschrift unter einen Verlagsvertrag gesetzt haben, dann sollten wir alles daransetzen, diesen Vertrag ganz unchaotisch und zuverlässig zu erfüllen. Das Nichteinhalten von Abgabeterminen ist kein Kavaliersdelikt, sondern erzeugt beim Verlag unnötige Mehrarbeit und Kosten und wird natürlich den Eindruck eines Autors erzeugen, der vielleicht ganz talentiert ist, dem es jedoch an der nötigen Disziplin fehlt, um sich in diesem Job zu behaupten. Chaos also immer dort, wo es uns fördert und inspiriert – Disziplin, wo sie angebracht und notwendig ist.
Magische Waffen
Den Helden der Fantasy
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