Das Zauberer Handbuch
stehen nicht selten magische Waffen zu Gebote, wenn es darum geht, die ihnen auferlegten Prüfungen zu bestehen – gibt es auch dazu ein schriftstellerisches Pendant? Ich denke ja, und es hat ursächlich mit jenem »magischen« Moment zu tun, von dem ich schon mehrfach berichtet habe und in dem sich bloße, pure Inspiration zu einer konkreten Idee verfestigt. Das Problem dabei ist, dass jeder Autor für sich selbst herausfinden muss, auf welche Art »Magie« er anspricht, denn so wie sich Menschen voneinander unterscheiden, unterscheiden sich auch deren Arbeitsweisen. Rituale können allerdings durchaus hilfreich sein, wenn es darum geht, vom Alltag in die Phantasiewelt unseres Textes zu wechseln und eine Atmosphäre zu schaffen, die der Kreativität förderlich ist.
Kerzenlicht ist nicht nur romantischer Zweisamkeit dienlich, sondern kann auch in diesem Fall eine ganz eigene Wirkung entfalten, ähnlich wie die bereits erwähnte Musik. Ob man auch Räucherstäbchen abfackeln muss, ist eine andere Frage, aber wem es hilft, der kann auch das ruhig tun. Auch bestimmte Genussmittel können helfen, die ganz spezielle Atmosphäre aufzubauen, die für das Schreiben erforderlich ist – und ich spreche hier nicht von Alkohol.
Markus Heitz beispielsweise schwört nach eigenem Bekunden beim Schreiben auf Assam-Tee, ich selbst greife ab und zu in eine Tüte mit Lakritzbonbons. Man kann sich erstaunlicherweise tatsächlich an einen Punkt hin konditionieren, an dem man einen bestimmten Geschmack reflexhaft mit kreativer Arbeit verbindet und die Imagination so ein wenig ankurbeln. Umgekehrt geht das übrigens auch – von Bestsellerautor Heinz Konsalik wird kolportiert, er habe, um nach Phasen intensiven Schreibens wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden, ein Glas Milch ganz langsam und in kleinen Schlucken ausgetrunken.
Wie ihr sicher feststellen werdet oder vermutlich bereits festgestellt habt, ist das Schreiben bzw. der kreative Fluss durchaus auch tageszeitenabhängig. Nicht zu jeder Stunde fließt es flüssig aus der Feder, fällt es einem leicht, sich zu konzentrieren. Wo die »goldene« Zeit für das Schreiben liegt, muss natürlich jeder für sich selbst herausfinden – ich für meinen Teil habe festgestellt, dass die frühen Vormittags- sowie späten Abendstunden meiner Arbeit am zuträglichsten sind. Gerade die Nacht, wenn es still wird und keine Telefone mehr klingeln, hat für mich ihren ganz eigenen Reiz, und ich genieße es, dann, wenn andere längst schlafen, am Schreibtisch zu sitzen und meine Protagonisten in aberwitzige Abenteuer zu stürzen.
Und weil es schon angesprochen wurde, sei auch noch ein Wort zum Thema Alkohol gesagt. Natürlich hat Alkohol die bekannte Wirkung, uns zu enthemmen und unseren Redefluss anzukurbeln, und natürlich wirkt sich das auch auf kreative Arbeit aus – nach einigen Feldversuchen auf dem Gebiet kann ich allerdings berichten, dass es der Qualität des Geschriebenen in keiner Weise zuträglich ist. Zwar vermag der Einfluss von Alkohol den Schreibfluss durchaus freizusetzen und der sprachlichen Kreativität Flügel zu verleihen, allerdings sind die Sicherheit und das Ziel dieses Fluges höchst ungewiss und ich war immer wieder erstaunt, wenn ich das Ergebnis meiner Bemühungen am nächsten Tag begutachtet habe – als abstrakte Lyrik wäre manches davon durchaus zu gebrauchen gewesen, als erzählende Prosa allerdings nicht. Seither unterscheide ich lieber zwischen Arbeit und Privatem und lasse während des Schreibens die Finger von Reben- und Gerstensaft.
Und natürlich auch vom Blutbier, auch wenn Balbok und Rammar mich dafür sicher für einen lus-dok halten.
Zweites Buch
DIE REISE BEGINNT
1
Wo alles anfängt
Im Leben eines jeden Fantasy-Helden gibt es den Punkt, da er aufhört, ein »normales« Wesen zu sein und durch Einflüsse, die meist außerhalb seines Wirkens liegen, dazu gezwungen wird, sich auf das Abenteuer einzulassen: den Orks Balbok und Rammar ist es so ergangen, als sie von ihrem Stamm verstoßen wurden und sich auf die Suche nach dem Kopf ihres Anführers machen mussten; Granock, als er in den Straßen Andarils von Farawyn aufgegriffen wurde, der ihm anbot, als erster Mensch ein Zauberer von Shakara zu werden. Für Marty Flynn, den Helden meiner PIRATTEN!-Bücher, ändert sich alles in dem Augenblick, da er sich entschließt, den Rat seines Freundes Aristoteles zu missachten und sich an Bord der furchterregenden »Rattengift« zu schleichen. Die
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