Das Zauberer Handbuch
einen Menschen handeln, den es zu befreien, eine Information, die es zu beschaffen oder eine Intrige, die es aufzudecken gilt.
2) Aufbruch
Der Held verlässt sein gewohntes Umfeld und begibt sich auf die Reise, die zunächst ihn und schließlich seine ganze Welt verändern wird – aber natürlich tut er das nicht ohne Vorbereitung. In der Fantasy erfahren wir für gewöhnlich sehr genau, wo unsere Helden herkommen und was für Fähigkeiten sie besitzen – dies ist die sog. Heldengenese. Ob es nun Wunderwaffen sind, die die Hauptfigur an die Hand bekommt, ob es sich um geheimes Wissen handelt oder um brisante Informationen, häufig kommt an dieser Stelle die Figur eines Lehrers oder Mentors ins Spiel. In Granocks Fall ist dies natürlich der weise Zauberer Farawyn, aber auch die Elfin Alannah wird über Strecken des Romans zu Granocks Mentorin.
3) Bewährung
Die erste große Bewährung für den Helden ist die Eroberung des Preises, zu dessen Erlangung er ausgesandt wurde – spätestens, wenn er den Preis in seinen Händen hält, wird jedoch klar, dass er dadurch noch ungleich größere Ereignisse ausgelöst und mächtigere Gegner heraufbeschworen hat. Die Eroberung des Preises, der abstrakter Natur sein kann (wie das Bestehen des prayf in DIE ZAUBERER) oder ganz konkreter (wie das geheimnisvolle Artefakt in SPLITTERWELTEN) ist ein notwendiger Schritt in der Reifung des Helden und eine weitere Stufe auf der Spannungsleiter.
4) Freund und Feind
In dieser Phase seiner Geschichte begegnet der Held sowohl Verbündeten als auch Gegnern, und er muss weitere Prüfungen bestehen, die harmloser, aber auch lebensbedrohender Natur sein können. Dazu gehören Zweifel, die den Helden befallen können und die er überwinden muss, um am Ende nicht nur seinen Feind zu besiegen, sondern auch sein altes Selbst. Granock beispielsweise blickt einer Unzahl von Gegnern ins Auge, ehe er zur Persönlichkeit reifen und vom Novizen zum Eingeweihten werden kann – angefangen von seinen elfischen Mitschülern, die ihm mit Argwohn und Misstrauen begegnen, bis hin zu den Verschwörern, die im Auftrag des Dunkelelfen arbeiten. Dabei bleibt die Welt aber undurchschaubar und in ständiger Bewegung – manche Figuren, die anfangs Granocks Gegner sind, werden später seine Verbündeten, andere, die er für Verbündete gehalten hat, entpuppen sich als Gegner.
5) Der finale Konflikt
In Campbells Modell ist der finale Konflikt, also der Kampf des Helden um die Rückkehr in seine eigene Welt und deren Wiederherstellung, oft nur noch eine Frage der Form, nicht selten wird der Held mit dem Segen der Götter nach Hause geschickt. Ein spannender Fantasy-Roman hingegen sollte und muss hier seinen eigentlichen Höhepunkt haben. Alles Vorausgegangene, die Prüfungen ebenso wie die Erlangung des Preises, haben im Grunde nur diesem einen Zweck gedient, den Feind zu besiegen und das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. Bei diesem letzten Kampf gerät der Held in Todesgefahr, verliert um ein Haar oder tatsächlich sein Leben. Es ist die Erfüllung des dramaturgischen Versprechens, das wir zu Beginn des Romans gegeben haben und das sich z.B. im Lauf einer Trilogie durchaus noch steigern kann.
In DIE ZAUBERER findet der finale Konflikt in der Pyramide des Dunkelelfen statt. In DIE ZAUBERER – DIE ERSTE SCHLACHT ist es die titelgebende Auseinandersetzung im Flusstal, die zum finalen Konflikt des Romans gerät und bei der Elfen, Orks und Menschen erstmals aufeinandertreffen. In DIE ZAUBERER: DAS DUNKLE FEUER schließlich tobt der finale Konflikt um Tirgas Lan, die Hauptstadt des Elfenreichs.
Dies sind die fünf Phasen der Heldenreise, wie ich sie verstehe und wie sie sich im Zuge meiner täglichen Arbeit entwickelt haben. Sie sind, wenn man so will, eine Formel für kreative Zauberer, die alle Grundstrukturen eines Fantasy-Romans beinhaltet. Wer nach ihr vorgeht, wird seinem Werk fast zwangsläufig eine für den Leser nachvollziehbare Struktur geben, die Einleitung, Höhepunkt und Abschluss beinhaltet und unter diesem Aspekt ein zufriedenstellendes Leseerlebnis bietet.
Allerdings sollte man auch dieser Formel nicht allzu sklavisch folgen, denn zwar kann sie einem Roman zu innerer Logik und Geschlossenheit verhelfen, jedoch nicht zwangsläufig zu Spannung. Im Gegenteil, folgt man ihr allzu offenkundig, besteht die Gefahr, dass der Leser die Handlung nicht nur nachvollziehen, sondern sie vorausahnen kann und schon erwartet, was als Nächstes
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