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Das Zaubergift

Das Zaubergift

Titel: Das Zaubergift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Scott
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dass sie weiß, wie hoffnungslos es ist. Jeder normale Mensch wäre schon längst gestorben. Kein Heiler, Kräuterkundiger oder Apotheker in ganz Turai kann Vexials zerschmetterte Beine wieder zusammenfügen. Und sie können auch seinen Wundbrand nicht stoppen, der ihn ganz sicher töten wird, falls er nicht zuvor dem Blutverlust erliegt. Selbst die Zauberer sind machtlos gegen Wundbrand.
    Lolitia wird plötzlich zutraulich. Sie erzählt uns, dass sie sich schon vor etwa einem Jahrzehnt mit Vexial eingelassen hatte, als er noch ein armer junger Student war, der in einer Dachstube in Zwölf Seen lebte. Hier las er seine philosophischen Schriftrollen bei Kerzenlicht. Sie liebte ihn damals und liebt ihn immer noch. Als er in die Wildnis ging, um das Leben eines Mönchs zu führen, verzweifelte sie und glaubte, niemals wieder glücklich werden zu können. Schließlich landete sie mit Rodinaax vor dem Altar, weil sie keine besseren Aussichten hatte und ihre Eltern scharf darauf waren, von Geld und Ruhm eines berühmten und wohlhabenden Bildhauers zu profitieren.
    Sie erzählt mir, dass sie zehn Jahre lang mit Rodinaax zusammengelebt hat. Während dieser Zeit war ihr Leben zwar behaglich, aber langweilig. Und so wäre es vielleicht auch geblieben, hätte sie nicht eine Nachricht von Vexial dem Sehenden erhalten, der sie bat, sie in einer Villa in Thamlin zu treffen.
    Sie ging hin. Und sie begannen auch sofort ihre Affäre, denke ich jedenfalls, auch wenn sie das nicht sagt.
    Das alles wirft eine Menge interessanter Fragen auf. Wie zum Beispiel kommt ein Abt aus einem Bergkloster an so viel Geld, dass er sich eine große Villa in Thamlin kaufen kann? Und was will er damit? Kampfmönche leben unter äußerst asketischen Bedingungen und formen ihren Verstand und ihre Körper mit strengen Übungen. Ich glaube kaum, dass die Orden für ihre Äbte Ausnahmen machen. Und sie dürfen auch keine falschen Namen annehmen, so tun, als wären sie Aristokraten, und in Villen in teuren Vierteln herumflegeln. Außerdem bezweifle ich stark, dass sie Affären mit verheirateten Ex-Freundinnen unterhalten dürfen, auch wenn verschiedene Sekten höchst unterschiedliche Standpunkte zu der Frage des Zölibats beziehen. Aber diese Fragen muss ich für den Moment hintanstellen und mich auf Gesox konzentrieren. Nachdem Lolitia sich mir erst etwas geöffnet hat, brechen bald all ihre Dämme, und sie erzählt mir alles, was sie weiß. Schlicht gesagt: Sie ist in das Atelier gekommen, sah Gesox über Rodinaax gebeugt und stellte fest, dass die Statue weg war.
    Das deckt sich so weit mit der Geschichte, die auch die Zivilgarde kennt.
    »Warum seid Ihr geflohen?«
    »Ich habe Panik bekommen. Ich wusste, dass man über mich munkelte, dass ich eine Affäre hätte. Die Leute glaubten, ich träfe mich mit Gesox, dabei habe ich mich in Wirklichkeit mit Vexial getroffen. Ich fürchtete, die Gardisten würden mich beschuldigen, meinen Ehemann getötet zu haben, damit Gesox sein Geschäft übernehmen könnte. Also bin ich geflohen. Ich wusste nicht, dass man Gesox verdächtigt. Ich mag ihn und wollte ihm nicht schaden, aber ich musste einfach fliehen.«
    »Das klingt, als wärt Ihr froh gewesen, die Chance zur Flucht zu bekommen.«
    »Und wenn ich es war?«
    Diese Worte spricht sie mit sehr viel Nachdruck. Vielleicht ist es ja fürchterlich unerträglich, mit einem reichen, berühmten und viel beschäftigten Bildhauer verheiratet zu sein.
    »Ihr scheint nicht gerade von Gram gebeugt angesichts des Mordes an Eurem Gatten.«
    »Ich bin traurig. Aber es gibt andere Dinge, die mich trauriger machen.«
    »Was ist mit der Statue passiert?«
    Lolitia behauptet, nichts darüber zu wissen. Wenn sie etwas von dem magischen Beutel weiß, lässt sie sich jedenfalls nichts davon anmerken. Ich weise sie darauf hin, dass der Dieb der Statue mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Mörder ihres Mannes sein muss und dass Vexial und der Sternentempel seit kurzem dringend eine Statue brauchen. Was Vexial zu einem sehr geeigneten Verdächtigen macht.
    Sie schüttelt den Kopf. »Vexial hätte meinem Ehemann kein Leid angetan. Warum auch? Und außerdem, als Rodinaax’ Statue verschwand, war Vexial bereits dem Tode nahe. Seine Mönche haben vier Tage gebraucht, um ihn aus den Bergen in die Stadt zu tragen.«
    »Verletzt oder nicht, er hat seinen Mönchen immer noch den Befehl gegeben, die Stadt zu durchsuchen. Jedenfalls haben sie meine Zimmer auf den Kopf

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