Das Zaubergift
Rest der Mönche dann mit einer waffenlosen Kampftechnik, die der ihren in nichts nachsteht. Ihre Prahlerei, dass sie vier Jahre in einem Kloster Kampftechniken gelernt hat, muss wohl stimmen. Sie hat es mit drei Gegnern zu tun und schlägt sich ausgezeichnet. Den ersten legt sie aufs Kreuz und umkreist die beiden anderen, sodass die keine Möglichkeit zum Angriff haben.
In der Ferne schrillen Pfeifen. Die Zivilgarde wurde alarmiert. Man kann in Thamlin eben keine Massenkeilerei vom Zaun brechen, ohne dass sich irgendein Nachbar von dem Lärm belästigt fühlt. Und wenn sich in Thamlin ein Nachbar beschwert, rückt sofort die Zivilgarde an. Schreie erklingen, und weitere Pfeifen sind zu hören, und vor dem Haus fährt polternd ein Pferdewagen vor. Sekunden später strömen Männer in den schwarzen Tuniken der Zivilgarde in den Garten.
»Wird Zeit, dass wir gehen.«
Wir beeilen uns und laufen in Gesellschaft einiger Mönche zur Mauer auf der anderen Seite. Ich glaube, dass ich noch eine Gestalt im Schatten sehe, eine kleine Gestalt, die eindeutig kein Mönch ist. Sie erinnert mich an jemanden, aber ich komme nicht darauf, an wen. Als wir die Mauer überwunden haben und im Park verschwinden, sind wir wieder allein.
»Das war vielleicht eine Nacht.«
»Und ein großartiger Kampf.«
Wir entfernen uns schnellstens von dem Schauplatz. Da ich einmal hier gewohnt habe, finde ich meinen Weg auch im Dunkeln. Ich führe uns zu einem kaum genutzten Weg zwischen zwei Villen, bis der Lärm allmählich abebbt. Wir haben einen langen Heimweg vor uns. In der Nacht ist der Verkehr zu Pferde in Turai verboten. Aber es ist noch zu heiß, als dass ein Fußmarsch gemütlich wäre, und mir ist klar, dass ich schon eine Weile nichts mehr gegessen und getrunken habe.
»Hast du genug erfahren, um Gesox zu entlasten?«, will Makri wissen.
»Das weiß ich nicht genau. Ich brauche eine Weile, bis ich mir alles zurechtgelegt habe. Und im Augenblick brauche ich erst mal ein Bier. Warum gibt es hier eigentlich nicht mehr Tavernen? Wir kehren in die erste ein, an der wir vorbeikommen.«
Es ist schon lange nach Mitternacht, und von einem blühenden Nachtleben kann man in diesem Viertel nicht gerade sprechen. Wir finden erst eine offene Taverne, als wir Thamlin bereits verlassen haben und in den Jadetempel-Bezirk kommen. Hier ist es etwas lebendiger. Der Jadetempel-Bezirk hat seinen Namen, wie man sich denken kann, von einem alten Tempel mit Säulen aus Jade, der einmal vor dreihundert Jahren von den Elfen errichtet wurde, aus Dank, weil wir ihnen in einem Krieg gegen die Orgks geholfen haben. Turai hat von allen Städten der Liga das größte Kontingent an Kriegsschiffen geschickt, und wir haben die orgkische Armada in der berühmten Seeschlacht vor der Insel des Toten Drachen völlig aufgerieben. Das hat für die orgkische Herrschaft zur See für lange Zeit das Aus bedeutet. Turais Marine war in dieser Zeit hervorragend, trotz unserer relativ geringen Größe. Auch das ist nicht mehr so wie früher. Wir waren einmal ein wichtiges Mitglied in der Liga der Stadtstaaten. Das sind wir zwar theoretisch immer noch, aber alle wissen, dass es mit unserer Armee und unserer Marine nicht mehr weit her ist.
Mit der Liga allerdings auch nicht. Sie hat die kleineren Stadtstaaten in den letzten vierhundert Jahren vor Übergriffen unserer größeren Nachbarländer wie Nioj beschützt, aber in den letzten zwanzig Jahren zerfällt der Zusammenhalt zusehends. Im Moment sind wir in ständiger Alarmbereitschaft wegen der Silberminen, die an das Gebiet unseres angeblichen Bundesgenossen Mattesh im Süden angrenzen. Wenn wir mit denen in einen Krieg geraten, wird die Liga endgültig auseinander fallen, und Nioj wird uns einfach zum Frühstück verspeisen.
Im Jadetempel-Bezirk wohnen vor allem Menschen, die für die Regierung arbeiten, zumeist niedere Regierungsbeamte.
Wir finden schließlich eine Taverne, in der noch Licht brennt. Makri betrachtet sie skeptisch.
»Es ist alles in Ordnung«, sage ich und marschiere hinein.
Wir werden an der Tür von einem richtigen Hünen von Mann aufgehalten, dessen Muskeln nur notdürftig von einer grünen Tunika verhüllt werden. Sie weist ihn als Angehörigen der Sicherheits-Gilde aus, den man angestellt hat, um unerwünschte Subjekte fern zu halten. Das ist hier eine Taverne, keine Kaschemme wie die Rächende Axt. Gurdh braucht keinen Türsteher. Ihm ist jeder willkommen.
Die Tür ist von einer flackernden Fackel
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