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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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mit Sicherheit drauf gerechnet, daß die Familie für mich einen Platz in ihrer Equipage haben wird; ein gutes Souper wird uns Allen recht erquicklich seyn. Ich bin wohl etwas heiß geworden, nicht wahr? O Natur! Natur! Sind Sie nicht auch der Meinung?
    Schwieger machte ein komisches Gesicht und setzte sich verdrüßlich nieder, Mansfeld aber sagte: immer bin ich Ihrer Meinung gewesen, um so mehr, weil Sie, Theure, einen deutlichen Beweis geben, der der ziemlich allgemein verbreiteten Meinung widerspricht, daß den Damen mehr Phantasie und Gemüth, als eigentliche strenge Philosophie zu Gebote stehe. In Ihnen ist aber Alles so sehr im schönsten Gleichgewicht, daß man beständig zweifelt, welche Gabe man erheben, welche man vermissen möchte.
    Soll ich mein Gedicht jetzt gleich vorlesen? fragte die Sängerin.
    Schwieger rückte auf der Bank ungeduldig hin und her. Warum das? nahm Mansfeld das Wort; warum wollen Sie uns die schöne Ueberraschung mißgönnen und rauben, daß der Strom der Verse sich in sein natürliches Bette ergieße, indem Vater und Mutter vor uns stehn, die Braut dort mit schaam- und freudegerötheten Wangen, der männliche Bräutigam hold und ernst dareinblickend, und wir gerührte Zuhörer alle im harmonischen Einklang mit Poesie und Natur.
    O! Natur! Natur! rief die Dichterin wieder begeistert aus; wer ist, der dich verkennen könnte! Ich muß immer lachen, wenn ich die Menschen beobachte, die nur der Convenienz dienen, die der steifen Etikette fröhnen, die der Natur, der himmlischen, gleichsam geflissentlich, aus dem Wege gehen. Aber sie bleiben wirklich recht lange aus, die Guten. Heute, in dem schönen Sommerwetter ist es aber gar nicht ein Bischen schauerlich hier; Mücken und Fliegen spielen und summen hier so alltäglich, wie irgendwo. O so eine recht grausige Gespenstererscheinung möchte ich gar zu gern einmal sehn: versteht sich, in so guter Gesellschaft, wie wir jetzt beisammen sind, und, wo möglich, am hellen Tage. Haben Sie schon etwas dergleichen gesehn? Oder Sie, Herr Schwieger?
    Es begegnet einem wohl, selbst bei Tage, etwas Unerwartetes und Fürchterliches, antwortete Mansfeld, indem er seinen alten Freund, dessen Ungeduld fast schon den höchsten Grad erreicht hatte, mit einem bedeutenden und boshaften Blicke ansah.
    O erzählen Sie, erzählen Sie, rief die Sängerin, es scheint, wir haben noch Zeit. Ich trage Ihnen nachher auch wohl etwas Holdes und Idyllisches vor, auch ein kleines Bild aus meinem engumgränzten Leben. – Aber hier, hier sollten und müßten wir nun eigentlich heut noch etwas Wunderbares oder Gräßliches erleben, denn dieser Ort ist doch der verrufenste im ganzen Lande. Es ergötzt die Phantasie ungemein, sich das Abscheuliche, Verzerrte und Gespenstische recht nahe zu rücken und daran zu glauben; und meinen Sie nicht auch, daß wir Neueren so ein Paar der schlimmsten Furien unter die Musen gemischt haben, die nun mit einander im Chorgesang Front machen müssen? Es ist auch so natürlich und reizend, daß dies geschehn, besonders in der Tragödie, die erst dadurch die wahre, für uns Modernen große und innige Bedeutung erhält. Es giebt eine eigne zarte Wohlbehaglichkeit, den fürchterlichsten Mord zwischen Sohn und Vater, die gräßlichsten Verhältnisse zwischen Geschwistern und Blutsverwandten, die grausamsten Tyranneien eines kalten und doch furchtbar verruchten Bösewichts, dessen Verzweiflung nachher um so hitziger ausfällt, mit den geistigsten Spitzen unseres Empfindungsvermögens, mit den sublimsten Regungen, und möcht' ich doch sagen, mit den himmlischen Fasern unseres verklärten Herzens in schmelzender Rührung so innig zu vermählen, daß wir auch in Hölle Himmel, und auch im Himmel das Entsetzlichste wahrnehmen.
    O wie trefflich! rief Mansfeld, wahrlich, so muß man über Poesie und Tragödie sprechen hören, damit wir gewöhnlichen Menschen inne werden, daß wir noch niemals von der Sache etwas verstanden haben.
    Hier ist einer meiner neuesten Versuche, rief die Muse begeistert, der erste Akt eines Trauerspiels; da Sie gerade in der Stimmung sind, will ich es Ihnen vortragen.
    Schwieger seufzte laut. Immer noch, rief er verdrüßlich, kommen die verdammten Wagen nicht! das ist ein Trödeln und Trenteln mit dem Freimund, daß man ihm manchmal alle Freundschaft aufkündigen möchte.
    Darum, sagte die Dichterin –
    Wie Schade, fiel Mansfeld ein, der einen leidenschaftlichen Ausbruch seines verdrießlichen Freundes befürchtete, wenn wir so

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