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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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zweiten Tritt, als sich hinter ihm ein lautes Fluchen erhob, und er zugleich einen so heftigen Schlag auf den Rücken empfand, daß er von der Leiter nieder auf den Boden hinstürzte.
    Halt! halt! Donnerwetter! Spitzbuben! schrie der taube, alte Gärtner, indem er die Leiter wegriß und hinwarf: – komm, Kerl, rief er noch lauter, und ein Knecht trat hinzu, – den saubern Herrn da in den Stall eingesperrt, das Mamsellchen hier neben an; das ist eine schöne Wirthschaft! der dritte Patron kann da oben bleiben, den haben wir sicher genug.
    Es half kein Widersprechen, kein Entgegenschreien von allen Seiten, der Alte war taub und nahm keine Vernunft an, der Knecht verstand nicht, wovon die Rede war, er war nur Zeuge des Einbruchs gewesen, dazu rauschte der Platzregen so gewaltig, der Donner brüllte so furchtbar, ein Hagelschlag fiel prasselnd nieder, so daß für Verständigung, Erörterung und seines Unterscheiden zwischen Einbruch und Einsteigen in das Haus eines Bekannten kein Raum und keine Zeit, noch weniger Begreifen sich fand. Als der taube Alte, wie er überzeugt war, seine Pflicht gethan hatte, sendete er den Knecht nach dem Dorfe hinab, um Polizei, Soldaten, oder die Bauerngerichte herbeizurufen und jene räuberischen Verbrecher der Gerechtigkeit zu überliefern. Wie er Alles vollbracht hatte, begab er sich in sein Häuschen, schloß sich ein und nahm ein Gebetbuch, um mit lauter Stimme ein Lied bei Gefahr des Gewitters abzusingen.
    Als Schwieger sich besonnen hatte, betrachtete er den finstern Stall, so viel er es vermochte, und kletterte dann auf einige Balken, um aus einer kleinen Maueröffnung herauszuschauen. Ihm fast gegenüber stand Mansfeld, an das eiserne Geländer des Balkons geklemmt, von Regen und Sturm gegeißelt. Im kleinen Gemach, wo Brennholz aufbewahrt wurde, schaute sich die Sängerin ebenfalls um, und konnte eben ein kleines Gitter oder Sparrwerk erreichen, von wo sie von der andern Seite den bedrängten Mansfeld auf seiner Worte beobachten konnte.
    Sapperment! rief Schwieger verdrüßlich: das ist eine schöne Invitation! Mansfeld! hat Sie der Teufel noch nicht geholt?
    Noch nicht! erwiederte der junge Mann kläglich; aber die Sache wird und muß bald vor sich gehn.
    O meine Herren, wimmerte die Dichterin, das gemahnt mich an die furchtbare Hochzeit der Nibelungen.
    Sind Sie auch da? rief Schwieger von der Seite; Sie wollten ja die Wunder des Zauberschlosses kennen lernen: nun haben wir deren überlei!
    So standen die betrübten Gesichter sich im Dreieck gegenüber, einander Leidensmienen zusendend, seufzend und laut klagend. Ich stehe hier, rief Mansfeld, halb lachend, halb verzweifelnd, noch unter einer verruchten Dachtraufe, die von oben aus einem Drachenhalse die Fluthen auf mich herabgießt. So weit ist noch nicht einmal die Kultur und Baukunst an dieses Zaubernest gedrungen, daß die Röhren an den Seiten den Platzregen hinabführen.
    Sehen Sie denn Nichts, rief Schwieger hinauf, von unserm verwünschten Freunde?
    Nein, rief Mansfeld zurück, er sitzt ruhig und sicher daheim in seiner angenehmen Stube. Wie der Knecht, der dem gefallnen Selbitz vom Thurm zuschreit, wie Pindarus vom Hügel dem verzweifelnden Cassius, wie die Schwester Anna, die nach den rettenden Brüdern ausschaut, so bin ich hier angepflöckt; rechts, links, von oben und von unten vom Regen umgeben, und nicht einmal Staub sehe ich aufsteigen, keine Heerde Schaafe, denn alle Wege schwimmen und alle vernünftige und unvernünftige Thiere sind unter Dach und Fach gekrochen.
    O machen Sie keine Scherze! winselte und krächzte die Dichterin aus ihrem Gitter; denn wir sind ja in einer mehr als erbärmlichen Lage.
    Die Desperation spricht ja nur aus mir! rief Mansfeld; was, in des Satans Namen, bleibt uns denn noch übrig, als die Zähne auf einander zu beißen und lustig zu seyn?
    Ich könnte den alten Freimund, den Hasenfuß, erwürgen, wenn ich ihn hier hätte! rief Schwieger in wilder Bosheit.
    Ja, antwortete Mansfeld, wenn der Sünder nur hier wäre, er sollte gewiß auch gewahr werden, was Ungewitter und Dachtraufen zu bedeuten haben! Aber, wie könnt Ihr da unten, Ihr sicher Geborgenen, nur die Frechheit haben, Euch zu beklagen, da ich eigentlich, so blank und baar hingestellt, für Euch Alle büße?
    Schweigt, rief Schwieger, Ihr könnt doch noch Euer Elend sehn und nach Hülfe ausschaun; aber hier, der verfluchte, finstre Stall, dies feuchte Loch!
    Und ich! wimmerte die Dichterin; Alles voll nassen Holzes hier,

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