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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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dumpfes Stroh und Hexel, oder was es seyn mag!
    O Sie Allerglückseligste! rief Mansfeld hinunter; hätte ich nur nicht schon Halsschmerzen, so würde ich in lauten Tönen Ihr Glück besingen. Ich aber, der ich hier kaum stehen kann, viel weniger sitzen oder gar liegen! Schutt, Scherben, feuchte Erde, um mich nur, ohne von oben überschwemmt zu werden, ausstrecken zu können, wäre ja Wonne für mich. Und umschauen? Wie lange noch? Bald bricht die Nacht herein. Unser einziger Trost ist die Wache oder Polizei, die uns einstecken soll. O welche himmlische Freude, in einem Gefängniß zu sitzen! Giebt es nächst dem Olymp eine Seligkeit wie diese?
    Aber Keiner, schrie Schwieger wild, hat Prügel bekommen, außer ich! Und welchen Schlag! So wie ihn etwa die alten Riesen mögen ausgetheilt haben! Himmelkreuzdon –
    Schweigt! rief Mansfeld; es donnert ohne Euch schon genug. Ihr seid noch gar nicht zahm gemacht, nach drei Stunden werdet Ihr schon sanftere Arien singen. So gegen Sonnenaufgang wird aus dem Löwen wohl schon ein Lamm geworden seyn.
    Das Unglück, klagte die Sängerin, das uns so unvermuthet überfallen hat, ist von so gemeiner Art, und trägt auch nicht eine Spur des Poetischen in sich.
    Wie man's nimmt, antwortete Mansfeld; es kommt nur darauf an, wie man es genießt. Trocken und prosaisch ist es wahrlich nicht, aber höchst nüchtern: Ihr Delphin hat Sie doch wenigstens, den weiblichen Arion, aus den Fluthen hier außen ans Land geschafft.
    Die Zähne klappern mir vor Frost, sagte die Dame.
    Könnte man ihnen wenigstens was unterlegen, rief Schwieger, worauf sie tanzen, drücken und knarren könnten, und hätte uns der ungeschlachte Schuft nur wenigstens eine trockne Brodrinde mit hereingeworfen.
    Ja, ja, sagte Mansfeld, ein Riese, ein Zauberschloß, Ihr dort in Ketten und Banden, ich auf diese schwindelnde Höhe hinaufgehext, wir alle Drei winselnd, fluchend, auf das Schicksal scheltend, auf unwahrscheinliche Hülfe hoffend, nach den Sternen seufzend, die diese Nacht wohl nicht scheinen werden.
    Regnet es noch immer eben so stark, Ihr Hans Dampf von Windbeutel dort oben? schrie Schwieger.
    Diese einzige Frage, antwortete Mansfeld, spricht Euer ganzes Glück und Eure ungeheuere Undankbarkeit aus. Wer so fragen kann, der sitzt ja in Abrahams Schooß. Aber so sehr ich der Verdammte bin, so muß ich doch der Wahrheit die Ehre geben und aussagen, daß der höllische Drache über mir schon gelinder und gelinder auf mich herniederspeit; heller wird die Finsterniß eben nicht, aber dünner: der Regen ist freilich noch eben so naß, aber etwas weniger wäßrig, man kann ihn nun doch schon mit Händen greifen, da er vor kurzem noch in Katarakten arbeitete. Ich werde als Wetterbeobachter ganz verdorben seyn; denn Ihr wißt, der Kapuziner, den man so für die Kinder kauft, kommt nur beim Sonnenschein heraus; mich und Euch werden sie aber mit Sonnenaufgang gerade ins Prison stecken.
    Dummer Witz! rief Schwieger.
    Begebt Euch einmal, antwortete Mansfeld, auf meinen Posten hierher und spielt und macht bessern, ich will Euch dann gern aus Euerm Souffleurloch da unten zuhören. – Halt! halt! ich sehe einen Wagen da unten, noch ziemlich weit: Ja, das müssen unsere göttlichen Freunde, der liebevolle Freimund muß es seyn.
    Sollt' es möglich werden? rief Schwieger hoch erfreut.
    Wenn es nur kein melancholischer Engländer ist, fuhr Mansfeld fort, der seine große Reise durch Europa macht und von Wind und Wetter keine Notiz nimmt. – Nein! nein! es sind keine Menschen oben auf dem Wagen: es scheint mir die Chaise unseres Freundes, und die neuen beiden muthigen Renner sind vorgespannt. Unsere Erlösung naht mit schnellen Schritten!
    Schon kam der Wagen näher; er bog wirklich von der Landstraße ab und fuhr langsam den Hügel hinauf. Die muntern Pferde schnaubten, indem sie zur ziemlich steilen Anhöhe empor arbeiteten. Jetzt stand der Wagen oben, der alte Sebastian hielt, und Mansfeld schrie von seinem Balkon hinunter, so laut er es vermochte. Was giebt's denn da? fragte Freimund, indem er den Kopf aus dem Wagen in den Regen hinaussteckte, denn noch immer hielt der Regen an, wenn auch nicht mehr mit dem früheren Ungestüm Himmel! rief Mansfeld: will mich denn kein Mensch hier von meinem Pathmos oder Pontus herunternehmen, wo ich so viele klägliche Elegien habe singen müssen? Wie Simeon Stylites habe ich hier auf einem Beine, oder wie ein Storch auf seinem Neste stehen müssen.
    Die Gesellschaft mußte im Regen

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