Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
Vom Netzwerk:
dieser Woche? Wie ist es Dir ergangen? Warum hast Du Dich mir entzogen? Wie konntest Du mir diesen Kummer machen, da ich jetzt wirklich sehe, daß Du nicht krank gewesen bist?
    Er, der Lord, sagte sie erröthend, hat Ihnen Nichts erzählt? Sie wissen es wirklich nicht?
    Weiß er, mein Freund, erwiederte der Vater, etwas von Dir, was Du mir verschweigen konntest?
    Sie erzählte ihm kurz und eilig das Ereigniß, und beschloß dann mit den Worten: und nun bitte ich Sie, lieber Vater, sagen Sie ihm, daß ich ihn heirathen werde, ihn heirathen muß.
    Wie? rief der erstaunte Vater; mein Kind, so sehr Du dadurch meinen innigsten Wunsch erfüllen würdest, so bitte ich Dich, ja ich beschwöre Dich, Dein Wort wieder zurückzunehmen. Mache Dich nicht, aus einer zarten Schaam, aus einem überspannten Gefühl, zeitlebens unglücklich. Du hast es hier mit keinem unbesonnenen Jünglinge zu thun, der sich für Deine Sprödigkeit vielleicht dadurch zu rächen suchte, daß er Dich durch Erzählung dieses Unfalls lächerlich machte: ein edler, ernster Mann ist der Lord, dessen Zartgefühl ihm selbst nicht erlaubt hat, mich, den Vater, zum Vertrauten zu machen.
    Und wenn er der elendeste Laffe wäre, rief Florentine heftig aus, so müßte ich sterben, oder er müßte mein Gemahl werden. Wenn auch nie ein Wort über Falmouths Lippen geht, so ist es doch in seiner Erinnerung, in seinem Wesen, was nur mein Mann wissen darf. Er ist edel, er liebt mich –
    Aber, rief der Vater, noch keinem Deiner vielen Freier bist Du so schnöde begegnet, jeden andern hast Du mehr ausgezeichnet. Du machst Dich elend, Dein Widerwille, Dein Haß gegen diesen Mann, der freilich kein Jüngling mehr ist, mußte einem Jeden auffallen, der Dich auch nicht so oft, nicht so aufmerksam beobachten konnte, als Dein Vater.
    Sie umarmte den Allzubesorglichen, innig von seiner Liebe gerührt, da sie wußte, was es ihn kostete, ihr abzurathen. Wie er sie zärtlich an sich drückte, weinte sie heftig und erschüttert an seiner Brust, wich dann zurück und sagte unter Thränen: Ach, Liebster, jetzt erst, seit ich meinen Entschluß gefaßt habe, weiß ich es, daß ich ihn liebte. Ich liebte ihn, so wie er zum ersten Mal unser Haus betrat. Das Gefühl ängstigte mich eben, und ich wollte ihn dafür bestrafen, daß er mich mir selbst entwendet, daß er mich den Gefühlen untreu gemacht hatte, die ich für meine besten hielt. Wie gerührt war ich oft in der Einsamkeit, wenn ich mich seiner Blicke, seiner schönen Worte, seines tiefen Gefühls und seiner Schüchternheit erinnerte. Ich nahm mir vor, milder zu seyn; so wie ich aber seiner ansichtig wurde, gewann mein wilder Sinn wieder die Oberhand. Ja, es stachelte ein Etwas, eine Bosheit in meinem Herzen, daß ich nicht ruhen konnte, bis ich ihn recht grausam gemißhandelt hatte. Geweint habe ich einige Mal des Nachts über meine eigne Schlechtigkeit. Sagen Sie ihm das Alles, lieber Vater, denn noch kann ich es ihm selbst nicht entdecken, so sehr auch mein ganzes Herz umgewendet ist. Nur wird er, wenn wir verbunden sind, nicht meine Freude an meiner Beschäftigung stören, er wird mich nicht nach den großen Städten und in das Geschwätz der Weiber hineinschleppen. Wir werden gemeinschaftlich die Bücher lesen, die ich liebe, wie er bis jetzt that, und ich werde gewiß von ihm die Poesie lieben lernen. Neulich lauschte ich im Nebenzimmer, als er Ihnen mit seiner vollen, schönen Stimme die rührende Ballade vorsang. Alles erzählen Sie ihm, Liebster, und bitten Sie ihn, daß er allen Zorn gegen mich fahren lasse und mir die Qualen vergebe, die ich ihm zufügte.
    Wie erstaunte Lord Falmouth, als ihm diese Botschaft wurde, wie entzückt war er, daß ihm dieses unvermuthete Glück werden sollte. Er ging mit dem Vater zu ihr hinüber. Sie trat ihm heiter entgegen, der Vater legte ihre Hände in einander und sie umarmte den Geliebten zuerst freiwillig und drückte, das Antlitz ganz Röthe, zuerst den Kuß auf den theuren Mund, der sie so schweigsam geschont. Sie wurden das glücklichste Paar in der Provinz und sahen schöne Kinder und wohlgebildete Enkel in einem langen, stets heitern Leben.

Nach einer kleinen Pause rief die Dichterin: Unnatürlich! der ganze Charakter des Frauenzimmers ist nur Chimäre! Ich glaube doch auch das Geschlecht zu kennen, aber eine solche Person wird niemals in der Natur gefunden werden. Und dazu finde ich die Geschichte selbst ungeziemlich, und mich wundert nur, wie sie uns Herr Mansfeld hat vortragen

Weitere Kostenlose Bücher