Das Zauberschloß
Schlosse schon ziemlich nahe waren. – Ich muß und will, antwortete der Lord, und werde es auch thun, obgleich ich noch nicht weiß, wie ich werde leben können. Aber besser, es entscheide sich, wie es auch sei, als so den abwechselnden Foltern Preis gegeben zu seyn.
Freilich, antwortete sie mit flammenden Augen, muß ein verständiger, edler Mann, für den ich Sie immer gehalten habe, seine Kenntnisse, Gedanken, Erfahrungen, alle seine guten Eigenschaften aufopfern, um auch jene Reden zu führen, die man so oft von den männlichen Kindern hört. Sie spielen den Beleidigten, Gekränkten: und was habe ich Ihnen gethan? Was kann ich für Ihre Wünsche, die zu bilden ich Ihnen keine Veranlassung gab? Jene Wünsche, Seufzer, Artigkeiten und allen den Tand, der aus dem Munde unerfahrner Jünglinge mir so lästig gewesen ist! Der verständige, erfahrne Mann sollte mit diesen nicht in demselben ausgetretenen Geleise der Thorheit wandeln.
Falmouth sah sie fest und mit einem sonderbaren Blick an. Er konnte seinen Zorn nicht ganz zurückhalten. Ich fürchte, rief er aus, und der Himmel wende ab, was ich ahnde, ein Laffe, ein Nichtswürdiger wird diesen wilden Falken einmal zähmen, denn auch dem stolzesten Herzen schlägt endlich seine Stunde.
Sterben eher! rief sie mit dem heftigsten Ausdruck des Widerwillens. Sie selbst wollen mir es recht leicht machen, Ihre Abwesenheit zu ertragen. So leben Sie denn wohl!
Sie trieb das Pferd an, und Beide waren im höchsten Unmuth bald vor dem Schlosse angelangt. Er stieg ab, um ihr zu helfen, sie wendete sich mit dem Ausdruck des höchsten Unwillens, sie wollte sich eilig vom Pferde schwingen, und das Reitkleid blieb fest am Sattelbogen, ein Moment, und sie stand halb nackt vor dem Erstaunten. Mit einer Schnelligkeit, die unmöglich schien, rannte sie ins Haus und der Lord gab die Pferde ab und begab sich nachdenkend träumend in den Park.
Das Seltsamste, alle gewöhnliche Sitte Aufhebende, war für einen Augenblick dem sprödesten aller Wesen begegnet. Wußte Falmouth jetzt, so wie kein Anderer, wie schön sie sei, so konnte er auch darauf rechnen, daß sie ihn von diesem Moment, der wie ein Blitz vorüber geeilt war, für ihr ganzes Leben mehr als irgend einen andern Sterblichen hassen würde. Auf die sonderbarste Weise war ihm eine Gunst widerfahren, die sein Herz trunken machte, und die er sich doch so wenig aneignen durfte, daß ihm diese Begebenheit nur um so gewisser seinen Scheidebrief schrieb.
Er wollte sein Pferd fordern, denn es schien ihm unmöglich, sie heute wenigstens zu sehn, er wollte reisen, um vielleicht nach einigen Wochen wiederzukommen, als ihm der Vater Florentinens begegnete, der gekommen war, ihn aufzusuchen. Sie dürfen heute nicht fort, sagte dieser, meine Tochter ist krank, hat sich niedergelegt, wie die Dienerin sagt, unter Vergießung unzähliger Thränen: sie soll zittern, leichenblaß seyn und wie irre sprechen, doch will sie mich nicht zu sich lassen; den Arzt, der ein Fieber befürchtet, hat sie mit Heftigkeit von sich geschickt. Alle Vorhänge, die Fensterladen sind geschlossen, so in einsamer Finsterniß liegt sie schluchzend und entzieht sich jeder Hülfe wie jedem Trost.
Der Lord wich allen Fragen aus, was vorgefallen seyn könne, er gestand nur, daß es einen kleinen Streit gegeben, wie er sich schon oft zwischen ihnen ereignet habe, behandelte aber jenes Ereigniß, so wenig es diesem auch glich, wie das heiligste Geheimniß der Liebe. – So müssen Sie mir Gesellschaft leisten, fuhr der Vater fort; wenigstens jetzt noch nicht, bis meine Tochter wieder besser ist, an Ihre Abreise denken.
Florentine erschien an diesem Tage nicht, auch am folgenden ließ sie sich vor Niemand sehn, selbst die vertraute Dienerin durfte nicht zu ihr, jede Nahrung wies sie zurück. Der Arzt ward nicht vorgelassen. Am dritten Tage durfte ihr dieser, der sie nicht krank fand, etwas verschreiben; sie genoß nur Weniges.
So verging eine Woche. Der Vater, welcher fürchtete daß sie in dieser ihm unbegreiflichen Aufregung wahnsinnig werden könne, wollte eben zu ihr gehn, um sich, wenn es nöthig seyn sollte, mit Gewalt den Eingang in ihre Zimmer zu eröffnen, als sie selbst mit ziemlich heitrer Miene in die Bibliothek zu ihm trat. Der Vater umarmte sie mit einer Herzlichkeit und Freude, als wenn sie ihm nach einer tödtlichen Krankheit wieder geschenkt wäre.
Liebes Kind, fing der Vater nach einiger Zeit an, indem er sie genauer betrachtete, was war Dir nur in
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