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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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können.
    Der alte träge Schwieger seufzte und erwiederte: ich nehme am meisten daran Theil, daß die gute Person in acht langen Tagen fast gar nichts gegessen hat, da kann ich mich am besten hineindenken, denn mich fängt auch an zu hungern, und noch werde ich hier auch nicht die kleinste Anstalt gewahr, diesem Uebelstand abzuhelfen.
    Mansfeld sagte, die Blätter einwickelnd: ich kann mir diesen weiblichen Charakter sehr gut vorstellen und glaube auch an die Geschichte, als eine wahre. Aber schlimm ist es freilich, daß sich von unsern Freunden, die wir hier erwarten, noch gar Nichts bemerken läßt, denn außer dem Hunger und Durst, die wir erleiden müssen, ist, so fürchte ich, ein Gewitter im Anzüge. Die schwüle Hitze war fast unerträglich, jetzt ziehn elektrische Wolken auf und ein plötzlicher Wind weht stoßweise über das Feld, und treibt den Staub vor sich hin.
    O weh! weh! wenn Sie wahr gesagt hatten, rief die Dichterin; ein Gewitter hier im Freien! Ich ängstige mich vor allen Gewittern, dazu, wenn Regen einbrechen sollte, würden meine Manuskripte verderben und auch mein Anzug, der sehr dünn und leicht und nur für die größte Sommerhitze eingerichtet ist.
    Ich fürchte, fuhr Mansfeld fort, unser guter Freimund hat in seiner Zerstreuung es wieder einmal ganz vergessen, daß er uns hieher beordert hat, daß er ein Fest der Verlobung feiern will, daß er eine Tochter zur Verzweiflung bringt und uns hier in der Einsamkeit, wo in einer Meile kein Wirthshaus und Dorf, und kein Mensch zu errufen ist, den Elementen Preis giebt, daß wir hier in der Wildniß, so wie der ausgestoßene Lear, nach Herzenslust herumrasen können.
    Himmel! rief die Sängerin, es fallen schon Tropfen! Es wird plötzlich kühl, der Wind weht stärker, das Gewitter kommt aus der Ebene herüber. Kann denn ein Mensch so abscheulich zerstreut seyn?
    O dieser, antwortete Schwieger, sich verdrüßlich in der Landschaft umsehend, hat wohl schon andre, noch ärgere Dinge möglich gemacht. Aber in der That, es ist außer allem Spaß. Die Bäume hier werden uns vor Sturm und Gewitter nur wenig schützen können, auch muß man daran denken, daß es in diese am ersten einzuschlagen pflegt.
    Jetzt erhob sich ein Sturm, die Bäume brauseten heftig, es wurde finster und große Tropfen fielen dicht und dichter, nur in Pausen vom Sturme wieder hinweg geweht. Das Haus ist verschlossen, die Grotte dort schützt uns nicht, aber hier im Kirschbaum werde ich eine Leiter gewahr, rief der junge Mann.
    Mansfeld hob sie aus dem Baum und setzte sie an das Haus. Ich steige, rief er aus, auf den kleinen Balkon, vielleicht ist die Glasthür offen, so kann ich entweder von innen das Haus eröffnen, oder Ihr müßt mir nachklettern, und wir sind wenigstens gegen die Anfälle des Sturmes geschützt Er kletterte hinauf, ohngeachtet der Einwendungen, die die Dichterin erhob, Schwieger hielt ihm die Leiter. O weh! rief Mansfeld, als er oben auf dem kleinen und engen Altan eingepreßt stand, die Glasthüren sind nicht nur verschlossen, sondern sogar von innen die Laden vor, die gewiß auch verriegelt sind.
    Unglück über Unglück! schrie der erzürnte Schwieger, ich bin schon ganz naß! – Und ich erst, seufzte die Sängerin, halb weinend; zu einfachen, vernünftigen Einrichtungen sollten doch die prosaischen Menschen wenigstens brauchbar seyn.
    Hilft nichts! rief Schwieger, ich steige auch hinauf, halten Sie mir nur die Leiter, poetisches Kind, oben schlagen wir die Glasthür ein, und brechen die Laden in Stücken, daß wir wenigstens dort gegen das Ungewitter unterducken können.
    Ein heftiger Donnerschlag krachte jetzt so gewaltig, zugleich mit dem blendenden Blitze, daß das Haus in seinen Fundamenten zu erschüttern schien. Schwieger setzte den Fuß, der schon auf der Leiter stand, erschreckt wieder auf die Erde, die Dame sank fast vor Entsetzen zu Boden und Mansfeld schien im Begriff, wieder herunterzusteigen, weil er in der ersten Betäubung wohl glauben mochte, der Blitz habe in das Haus geschlagen. Bleibt oben! rief Schwieger, als er sich wieder gesammelt hatte; da der Donner nicht das Haus eröffnet hat, so klettre ich hinauf, und wir schlagen lieber das ganze Zauberschloß zu Trümmern, als daß wir hier im Freien in dieser Sündfluth ersaufen. Halten Sie die Leiter, vortreffliche Freundin, damit ich nicht den Hals breche, und Sie mir dann nachsteigen können.
    Die Freundin hatte vor Angst keine Sprache mehr. Schwieger war schon mit den Füßen auf dem

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