Das Zauberschloß
war daher froh, als man im Schatz der Gärtnerhütte noch einige Kartoffeln vom vorigen Jahre fand; diese wurden schnell auf dem Heerde gesotten, oder gebraten und mit schwarzem Brodte vorgesetzt, zu welchen Gerichten das Salz die einzige Würze ausmachte.
So beim kärglichen Mahle sitzend, welches sich keiner am Mittage als Erquickung hatte denken können, um die dämmernde Lampe im Saale, in dem mehr große Schlagschatten, als Menschen zu seyn schienen, ward die Gesellschaft noch durch einen jungen Vetter vermehrt, der ohngeachtet des schlechten Wetters auf seinem Engländer herausgeritten war, um die Gesellschaft zu überraschen und am Fest und Schmause Theil zu nehmen.
Man erkannte sich etwas mühsam und Mansfeld sagte: Treten Sie heran, junger Herr und Freund, und helfen Sie uns auch feierlichst den Ankauf dieses wunderbaren Zauberschlosses begehn. Wie unpassend, fast gemein wäre die Sache, mit Wein, Torten, Pasteten, Ueppigkeit und Champagner die Besitzergreifung eines Feen- und Geisterreiches zu feiern, das thut jeder Wirth, der an seiner Kneipe den goldnen Esel oder Löwen neu hat überfirnissen lassen. Diese Schmausereien, das Gläseranklingen, diese Toasts und Trinksprüche, Thränen der Rührung und Glückwünsche, Umarmungen und Lippendrücken und Wangen mit den Lippen streicheln, alles dieses, meine Freunde, ist längst bei hunderttausend patriotischen Veranlassungen, bei Jubelgreisen und Ordensfabricationen, bei wohlthätigen Zwecken und silbernen Hochzeiten, bei Confirmationen, Hauskränzungen so genutzt, abgenutzt und vernutzt worden, daß kein Bauverständiger mehr aus diesem Schutt das edle Gebäude einer ächten Feierlichkeit aufführen mag. – Recht so, junger Einweihling, setzen Sie sich so, daß wenigstens die Spitze Ihrer Nase etwas von diesem Oelschimmer, um nicht das unanständige Wort Thranlampe zu gebrauchen, auffängt. – Sie sehn selbst, wie wenig man hier sieht, in diesem Reich der Schatten und der Unformen, in welchem alle unsere noch so trefflichen Formen verwandelt und entstellt werden. – Die hohe, eleusinische Weisheit unseres edeln Wirthes und Mystagogen hat uns dieses schauerliche, unterirdische Fest bereitet, hier in grauenhafter Dunkelheit, von Geistern, wir selbst Geist und Gespenst, magisch umgeben, die erste große mystische Zusammenkunft der privilegirten Zauberer, Magier, Hexen, Hexenmeister und Zauberinnen. – Ja, theurer, einzuweihender Jüngling, in den Ersten Grad, – denn ein einzuweichender und eingeweichter, platzregendurchgossener, sturmdurchwühlter, ärger als jemals Tamino es seyn konnte, sind Sie immer noch nicht, und werden auch zu diesem Ausschuß ausbündiger Mysterien, wie wir Drei hier sie heut überstanden, vielleicht nicht zugelassen werden, und auch wohl den großen Schlag als Tempelritter niemals empfangen, der unserem edelsten Schwieger heut zu Theil geworden – ja, um in meiner Rede fortzufahren – nehmen Sie, fassen Sie eine dieser mystischen, symbolischen Früchte, vom gemeinen Mann Kartoffel genannt, die unterirdisch reift, von keinem Lichte geküßt, das ächte Symbol dunkler Geheimnisse, der ächten englischen Maurerei, in der höhern Sprache Pataten, Patatoes genannt – nehmen Sie die überjährigen, hie und da schon auswachsenden und geheimnißvolle Warzen treibenden – brechen Sie die grüngrauen Knospen ab, lösen Sie die schwarze Hülle des todten Buchstabens, daß Ihnen der lichte, weiße, nährende Geist appetitlich entgegen schimmere. Nicht wahr, wie leicht wird die Hülle abgestreift? Wie bald dringen wir zur Wahrheit hindurch? – Aber, halt, mäßigen Sie sich – fahren Sie bei dem allgemeinen Mangel nicht so in das wenige aufgespeicherte Salz, in den Witz hinein, begnügen Sie sich, wie wir Aelteren alle hier, mit gezählten Körnern. Trinken Sie nun, wir haben es selbst dem Brunnen entschöpft, das klare, ungefälschte Wasser. Der alte Cyclop dort, das Symbol der rohen Natur, ja der bösen Kräfte, wollte uns seinen Branntwein anbieten, den wir Alle verschmähten. – Die Weihe ist vollbracht! Aufgezehrt ist Alles. So das Bild des goldnen Zeitalters wieder herstellend, wünschen wir uns Alle Glück, daß der Himmel es uns vergönnt hat, jenen immerdar beneideten Stand der Unschuld einmal persönlich zu erleben. Unser Großmeister, Schwieger, scharrt noch die Krumen des Brodtes zusammen, Sappho lächelt uns an, die Braut denkt unsrer ernsten Symbolik nach, die Mutter betrachtet mich mißtrauisch, der hohe Freimund
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