Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
wie ich es gemalt hatte. Ich hatte das Gefühl, sie irgendwie betrogen zu haben. Dass ich eine Kopie für den Prinzen angefertigt hatte, sollte ich jedoch noch mehr bereuen. Ich war es nicht gewohnt, mich schuldig zu fühlen, und um diese Gedanken zu vertreiben, füllte ich mein Leben an mit Arbeit und Frauen. Ich malte und malte und mit jedem Jahr wurde ich wohlhabender und erfolgreicher.
Als ich erfuhr, dass das Mädchen Kinder hatte und ein ruhiges Leben führte, dass ihr Mann ihr trotz seiner langen Abwesenheiten sehr zugetan war, war ich erleichtert. Also hatte ich ihr doch nicht geschadet. Ich weiß nicht, wie die Gerüchte aufkamen, dass diese Dame die Geliebte des Kronprinzen sei. Es stimmte wohl, dass er sich nach dem Portrait der Dame verzehrt hatte, doch die Dame selbst war vor ihm sicher. Die Gerüchte hielten sich allerdings hartnäckig, verbreitet von den Unterstützern des Prinzen, die allen Gegenbeweisen zum Trotz behaupteten, dass er ein normaler Mann und ein geeigneter Thronfolger sei. Dann flüsterte man sich zu, der Mann der Dame habe sie verstoßen, weil sie dem Kronprinzen bereits ein Kind geboren habe und ihm bald ein zweites schenken würde. Nichts von all dem glaubte ich, doch ich wusste, dass mein verwünschtes Portrait die Gelüste des Prinzen soweit angefacht hatte, dass er gefährlich war. Dann erfuhr ich, dass der Ehemann und die meisten Kinder der Dame unter geheimnisvollen Umständen gestorben seien und dass sie wieder ein Kind erwarte. Die Königin schenkte den Verunglimpfungen keinen Glauben und bot ihr ihren Schutz an. Sie bat sie, für ihre Niederkunft an den Hof zu kommen. Einer Königin schlägt man nichts ab, doch zum Glück für die Dame starb der Kronprinz plötzlich, als sie unterwegs nach Madrid war.
Einige Monate später erhielt ich eine Botschaft, in der man mich um Hilfe bei dem üblichen Problem bat – ein unerwünschtes Mädchen sollte unauffällig entfernt werden. Ich setzte den üblichen Prozess in Gang, damit das Kind an den üblichen Ort gebracht würde, von dem ich nie genau wusste, wo er sich befand. Erst später erfuhr ich, dass das Kind die Tochter der einzigen Frau gewesen war, deren gutes Herz jemals meine Seele berührt hatte, der einzigen Frau, die ich jemals geliebt hatte. Sie musste meine Unterstützung gesucht haben, als sie herausfand, dass ich half, Kinder wegzubringen, und als sie wusste, wie gefährlich die Position ihrer Tochter sein würde, falls sie sterben sollte.
Sie, die arme verleumdete Dame, starb ebenso wie ihr Kind bei der Geburt, als die Unterstützer von Don Balthazar gerade begannen, die Flammen des Gerüchts anzufachen, dass Don Balthazar auf Befehl des Königs getötet wurde, aber ein Kind gezeugt hatte, ein Mädchen, das die rechtmäßige Erbin des spanischen Throns sei. Sie würden sich geschlossen hinter sie stellen und sie im Namen des Märtyrerprinzen zur Königin von Spanien machen. Zwei englische Spione wurden gefangen genommen und gestanden unter Folter, dass sie auf der Suche nach demselben Kind seien. Sie wurden hingerichtet und die Suche nach dem Mädchen verstärkt. Der König befiehlt, dass man sie findet, bevor sie zur Waffe in den Händen von Spaniens Feinden wird.
Ich begriff, was ich getan hatte: Ich hatte einer guten, einer lieben Frau Tod und Verderben gebracht. Mein Talent ließ mich im Stich, meine Portraits atmeten nicht mehr und alles, was ich zu malen versuchte, war flach und leblos und öde. Meine Aufträge versiegten, meine Schulden stiegen. Ich trank so viel, dass ich Tag und Nacht nicht mehr voneinander zu unterscheiden wusste. Ich ergab mich dem Glücksspiel und als ich keinen Erfolg mehr hatte, kehrten mir die Damen den Rücken zu und ich ging zu Prostituierten und suchte die gemeinsten Vergnügungen der Sinne, um zu vergessen, was ich getan hatte.
Die Last meiner Schuld wuchs, bis ich es nicht mehr ertragen konnte. Ich ging zur Beichte und bereute, dass ich eine untadelige Frau und ihre Familie zerstört hatte, bis auf ein einziges Kind. Als Buße erlegte mir der Priester auf, die überlebende Tochter zu suchen, ihre Vergebung zu erlangen und für sie einen Akt der Reue zu vollführen. Ich fing an, nach dem Kloster zu suchen, in das mit meiner Hilfe so viele unerwünschte Mädchen geschickt worden waren. Doch hatte ich den Prozess zwar oft genug in Gang gesetzt, der Ort selbst blieb aber ein streng gehütetes Geheimnis. Ich konnte versuchen, was ich wollte: Dieses Geheimnis war nicht zu durchdringen.
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