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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Alles, was ich erfahren konnte, war, dass es ein Kloster in den Bergen war, ein Ort der Schwalben. Ich verschenkte meinen ganzen Besitz an die Armen und das, was ich an Geld nicht verschleudert hatte, und behielt nur meine Pinsel, Farben und Leinwände. Wenn mich Gott zu dem Mädchen geleiten würde, so schwor ich, würde ich ein Meisterwerk zu Seinem Ruhme malen. Zwei Jahre lang bin ich nun als Bettelmönch und Pilger von einem Kloster zum anderen gereist. Doch ich bin krank und zweifelte daran, dass ich sie vor meinem Tod finden und sie mir die Absolution erteilen würde.
    Vor einigen Wochen dann sah ich unterwegs große Schwärme von Schwalben, die auf ihrem Vogelzug in die Berge flogen, und die Leute in den Bergen sagten, die würden nach Hause zurückkehren, zum Kloster Las Golondrinas. Zum ersten Mal fühlte ich Hoffnung; vielleicht waren sie gekommen, mir den Weg zu weisen.« Er atmete schwer und der Kopf sank ihm auf die Brust. »Ich bin der elende Trist á n Mendoza.«
    »Und das Kind, das Ihr sucht?«
    Er flüsterte: »Mar í a Isabela Vilar de Asunci ó n .«
    Was der Mann sagte, stimmte mit Marisols Geschichte überein. »Ja«, sagte die Äbtissin nach einem Augenblick vorsichtig. »Ja, sie ist hier. Aber ich weiß nicht, ob Ihr sie sehen dürft.« Die Äbtissin und ich berieten uns – sollte man es Marisol sagen? Sie ist nicht so widerspenstig, wie sie scheint. Es war jedoch an ihr zu verzeihen, wenn es ihr möglich war, und dem armen Mann sollte man nicht das Recht verwehren, darum zu bitten. Die Äbtissin beschloss, nach ihr zu schicken.
    Erhobenen Hauptes betrat Marisol den Raum. Sie rechnete mit einem Tadel, weil sie eine Klosterregel gebrochen hatte, und stieß ein erschrockenes »Oh!« aus, als sie den Mann hinter dem Gitter sah.
    Die Äbtissin wies sie an, sich zu setzen, und sagte geradeheraus: »Marisol, dieser Mann gibt an, er sei Trist á n Mendoza, der das Verlobungsportrait deiner Mutter gemalt hat.«
    »Wenn er es wirklich ist, soll er sich vorsehen«, sagte Marisol unfreundlich. »Josefa hat uns immer gewarnt, dass man dem Maler nicht trauen könne und Frauen in seiner Gegenwart auf ihre Tugend achten sollten.«
    Selbst Marisol wand sich unter dem strengen Stirnrunzeln der Äbtissin, wenngleich sie ihr Nachgeben mit einem leisen Schnauben begleitete, um uns zu zeigen, dass es ihr egal war. Der Mann fiel auf die Knie und rief: »Ein Wunder!«
    »Was soll das?«, fragte Marisol misstrauisch.
    »Meine Gebete wurden erhört. Ich bin gekommen, um meine Schuld zu gestehen und Gnade und Vergebung von Euch zu erbitten, für das Unheil, das ich über Euch und jene gebracht habe, die Ihr liebtet. Ich bin der Mörder Eurer ganzen Familie. Ich habe ihr Blut an meinen Händen, auf meiner Seele.«
    Marisol murmelte: »Dieser Bettler ist verrückt. Erlaubt mir zu gehen, Äbtissin.«
    »Sei still!«, befahl die Äbtissin.
    Der Mann umklammerte das locutio und wiederholte seine Geschichte.
    Ausnahmsweise blieb Marisol eine Entgegnung schuldig. Sie fiel auf ihrem Stuhl in sich zusammen und sah klein und verletzlich aus. Sie presste die Lippen aufeinander und blickte mich verstört an. Ihr temperamentvoller Trotz war verschwunden. Tränen stiegen ihr in die Augen, während sie sich bemühte, die Wut wieder aufzubauen, die ihr Schutzschild gegen die Welt ist. »Ich wusste nicht, warum man mich von ihr und Josefa wegbrachte, und ich wusste nicht, dass sie gestorben ist. Ich habe beide so sehr gehasst. Und nun sagt Ihr mir … Ich hasse Euch auch, von ganzem Herzen und mit jedem Atemzug.«
    Marisol streckte die Hand nach meiner aus. Lange Zeit herrschte Schweigen.
    »Marisol, wir haben gelernt, dass wir vergeben sollten, wenn man uns um Vergebung bittet, so wie wir hoffen, dass Gott uns unsere Sünden vergibt …«, begann die Äbtissin freundlich, aber fest. »Es ist zum Wohle unserer eigenen Seele und zum Ruhme Gottes.«
    Marisol nickte, während sie ihr Taschentuch in den Händen wrang. »Arme Consuela«, flüsterte sie.
    Demütig sagte Trist á n Mendoza: »Ich habe geschworen, meine Gabe in Gottes Dienste zu stellen. Lasst es mich nun tun. Ich habe ihrer Mutter mit einem ehrenrührigen Portrait Unrecht getan – darf ich nun ein geistliches Portrait von Mar í a Isabela in ihrer Novizinnentracht malen, um ihren Eintritt in das Leben als Nonne zu würdigen? Solche Portraits werden oft von der Familie eines Mädchens in Auftrag gegeben, das ins Kloster geht.«
    Das war richtig, ein solches Portrait hatte

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