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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Sor Serafina mitgebracht, als sie als Novizin zu uns kam. »Voreilig!«, hatte die Äbtissin gemurrt.
    Marisol hob den Kopf. In ihren Augen blitzte ein kleiner Funke auf. Die Äbtissin sagte rasch: » Das wird nicht möglich sein. Marisol hat keine Berufung.«
    Da überraschte Trist á n Mendoza uns. Er starrte Marisol eine Weile schweigend an und sagte dann: »Ich kann sehen, dass sie vielleicht nicht berufen ist, doch die Güte ihrer Mutter in ihrem Herzen wird Großes vollbringen. Sie wird selbstlos handeln, auch wenn es ihr Schmerzen bereitet, und wird ihre Stärke zum Guten einsetzen. Sie wird sehr geliebt werden, von einem und von vielen.«
    Marisol hob rasch den Blick. »Wirklich? Bin ich hübsch, wie meine Mutter?«
    Die Äbtissin schüttelte den Kopf. »Marisol! Hüte dich vor Eitelkeit!«
    »Oh bitte«, bettelte Marisol. »Hier im Kloster gibt es keine Spiegel und Josefa sagte, ich sehe meinem Vater ähnlich. Und selbst meine Mutter hat auf ihr Äußeres geachtet. Und diese Novizinnenkittel, die wir tragen müssen, sind so hässlich !«
    Die Äbtissin seufzte. »Mein Herr, ich danke Euch für Euer Angebot. Darf ich vorschlagen, dass Ihr als Akt der Reue Marisol und ihre innere … Güte malt, zusammen mit einigen der anderen Mädchen, die hier bei uns sind? Ihr werdet natürlich von dieser Seite des locutio aus arbeiten und Sor Beatriz wird als Anstandsdame dabei sein.«
    »Sehr gerne, Äbtissin.«
    »Danke!«, rief Marisol begeistert.
    Dann schickte die Äbtissin Trist á n Mendoza zur Unterkunft der Männer und wies Marisol an, an ihre Arbeit zurückzukehren. Ich überlegte laut, warum die Äbtissin es zuließ, dass ein Mann, der sich zu solcher fleischlichen Leidenschaft bekannte, fünf junge Mädchen malte.
    »Dafür gibt es mehrere Gründe. Es wird die Mädchen von diesem schrecklichen Besuch der Inquisition ablenken und der Mann sehnt sich danach, sein Unrecht wiedergutzumachen. Wenn es auch nur den geringsten Hinweis auf etwas Ungehöriges gibt, wenn er vorschlägt, das eines der Mädchen sich anderswo im Kloster mit ihm treffen soll, wird er auf der Stelle weggeschickt. Ich glaube nicht, dass er das möchte.
    Und außerdem würde ich gerne seine Arbeit sehen. Früher mag er zwar die Moral eines streunenden Katers gehabt haben, doch er steht auch in dem Ruf, ein Meister seines Fachs zu sein. Es ist recht unwahrscheinlich, dass wir hier im Kloster viele Meister sehen werden, und dann habe ich eine weitere Idee, von der ich Euch berichten werde, wenn wir wissen, wie es mit dem Portrait geht.«
    Trist á n Mendoza machte sich gleich am nächsten Tag an die Arbeit. Er stand früh auf und ging zur Messe, bevor er sich daranmachte, seine Farben zu reiben und zu mischen. Sein Gesicht war schrecklich eingefallen, fast wie eine Totenmaske, doch während er die Farben anrührte, schien ein wenig Leben in seine Miene zurückzukehren. Derweil sahen die Mädchen ihm durch die Gitterstäbe hindurch zu und stellten ihm Fragen. Als er seine Vorbereitungen abgeschlossen hatte, gab er ihnen Anweisungen, sich so oder vielleicht doch anders auf ihrer Seite des locutio zu gruppieren. Marisol kniff sich in die Wangen, damit sie etwas lebhafter aussahen, und bauschte ihr Haar. Luz hatte ihre Lieblingspuppe auf dem Schoß, die wie für das Gelübde mit Schleier und Blumenkrone geschmückt war. Sie bestand darauf, zu Esperanzas Füßen zu sitzen. Esperanza hatte sich ein Buch mitgebracht und las, während sie wartete. Sanchia zappelte unruhig hin und her und P í a kämmte ihr Haar, sodass es wie ein silberner Wasserfall über ihren Rücken fiel. Bei ihrem Anblick schnappte Trist á n Mendoza hörbar nach Luft. Ich wies ihn scharf zurecht.
    Er war nun nicht mehr der jammervolle Büßer. In seiner Stimme schwang ein entschiedener Ton mit und er sagte den Mädchen, sie müssten stillstehen; er müsse schnell arbeiten, weil er so wenig Zeit habe. Am Abend zuvor hatte er seine Leinwand vorbereitet, auf der er nun zu malen begann, während ich an einem Tisch in der Nähe arbeitete.
    Eine Woche verging. Dann drehte Trist á n Mendoza das unfertige Gemälde so zum locutio , dass die Äbtissin und ich es sehen konnten. Die Äbtissin starrte durch die Gitterstäbe und sagte: »Es ist wirklich recht gut! Noch nicht fertig, doch ich bin erstaunt … Seht Euch Luz mit ihrer Puppe an. Er hat ihre liebe Seele genau eingefangen, ebenso wie er Esperanzas Intelligenz zeigt, Marisols Ungeduld, Sanchias Dämonen und P í as Abgekehrtheit von

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