Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
fragte sie das Portrait, um die Stille zu durchbrechen. Sie zuckte zusammen, als sie Sor Teresa hinter sich gackern hörte: »Aha! Hier sind Sie also!« Menina drehte sich hastig um. Sor Teresa stand in der Tür. »Sie sollten nicht hier sein, ist nur für Nonnen«, sagte sie vorwurfsvoll. »Wenn ist Besuch, Frauen aus dem Dorf, sie kommen und sitzen hier.« Sie zeigte auf das Eisengitter. »Alle Leute, sind keine Nonnen, sie sitzen auf der anderen Seite. Was machen Sie da?« Das Misstrauen in ihrer Stimme war kaum zu überhören.
Menina kam sich vor wie ein ungehorsames Kind, das man bei etwas Verbotenem ertappt hatte. »Das war Hauptmann Fern á ndez Gal á ns Idee! Er sagte, ich sollte mich nach Gemälden umsehen, die vielleicht wertvoll sein könnten, um sie zu verkaufen, und wir könnten sie zu –«
Sor Teresa richtete sich zu voller Größe auf und ließ einen empörten Schwall spanischer und englischer Worte auf Menina niederprasseln. »Wie können Sie es wagen, Hauptmann Fern á ndez Gal á n zu beschuldigen! Alejandro ist kein Dieb! Sie sind es, die uns bestehlen will. Pah! Sie müssen das Kloster verlassen!«
»Nein, nein, nein! Wir wollen nichts stehlen . Der Hauptmann meint, das Kloster braucht Geld, und er wollte, dass ich ein Gemälde finde, das Sie verkaufen können.«
»Hmpf!«, machte Sor Teresa. Dann folgte ein weiterer spanisch-englischer Wortschwall, der sich hauptsächlich um Alejandro und seine schlimme Lebensweise drehte. Sie wüsste nicht mehr, was sie von ihm halten sollte. Menina stellte erstaunt fest, dass sie offenbar einen wunden Punkt getroffen hatte. Sor Teresa hatte eine Menge über den Hauptmann zu sagen, über das Leben, das er führte, dass er immer schon ein … irgendetwas Schändliches … gewesen sei, seit er ein kleiner Junge war. Und das sei er auch heute noch, nicht einen Deut besser … Und dann folgte etwas in schnellem Spanisch, darüber, dass er schamlosen Mädchen hinterherlief, die ihr Leben damit zubrachten, Aufmerksamkeit zu erregen und Männer anzulocken. Genau diese Sorte Mädchen schien er anzuziehen. Sie warfen sich ihm geradezu an den Hals, kein Wunder, dass er nicht verheiratet war – er kannte ja nur putas . Menina starrte sie überrascht an. Sor Teresa hatte die Freundinnen des Hauptmanns gerade als Huren bezeichnet! Zählte sie sie etwa auch dazu? Nun, sie war es wirklich leid, dass die Leute sie so nannten!
»Ich bin keine puta und auch keine seiner Freundinnen! Ich habe ihn gestern zum ersten Mal gesehen! Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass er mich für eine komplette Idiotin hält, weil ich den falschen Bus genommen und mir meine Sachen habe stehlen lassen. Er war wirklich unhöflich. Aber da Sie mir erlauben, hier zu übernachten, dachte ich, ich könnte versuchen zu helfen, wie der Hauptmann es vorgeschlagen hat. Es tut mir leid, dass ich in Ihren privaten Bereich eingedrungen bin, doch ich konnte niemanden finden, den ich hätte fragen können. Warum lassen Sie mich Ihre Gemälde nicht ansehen? Wie ich dem Hauptmann schon erklärt habe, studiere ich Kunstgeschichte nur am College, ich weiß ein bisschen, aber nicht viel. Was ich tun kann, ist, den Schmutz zu entfernen, mit altbackenem Brot. Und ich kann mir Notizen machen, wenn etwas aussieht, als könnte es wertvoll sein. Dann kann ein richtiger Fachmann sich die Sachen ansehen und Sie beraten, wenn Sie verkaufen wollen.«
»Hmpf«, machte Sor Teresa wieder. »Wir werden sehen. Vielleicht wollen wir unsere Gemälde nicht verkaufen. Nun kommen Sie. Sie müssen essen und ich muss in die Kapelle zurück.«
»War hier die Bibliothek?«, fragte Menina, während sie Sor Teresa aus dem Raum folgte.
»Altes Skriptorium«, antwortete Sor Teresa.
»Skriptorium? Eine Schreibstube?«
»Ja, eine Nonne hat hier immer geschrieben. Kloster hatte immer eine Schreiberin – eine scriba . Viele Bücher, war auch eine Bibliothek, etwas Besonderes, weil nicht so viele Bücher damals, Bücher sehr wertvoll. Nicht so viele Leute konnten lesen. Aber in diesem Kloster waren die Nonnen immer gebildet, konnten lesen, daher kamen viele Leute, wollten wissen, was in den Büchern steht, die Schreiberin findet die Bücher und sagt ihnen, was sie wissen wollen.«
»Sie hat es nachgeschlagen«, sagte Menina.
»Ja. Erst müssen Leute Erlaubnis von der Äbtissin haben, aber wenn sie erlaubt, sie können zum Skriptorium gehen. Sie sehen, ist locutio in diesem Raum, wie in Salon der Äbtissin. Die Kirche sagt,
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