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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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von einer der Vitrinen und versuchte, hineinzusehen. Sie war voller Spielzeug. Eine Puppenschar mit leeren Gesichtern und glasigen Augen starrte sie an. Die meisten waren in Nonnentrachten gekleidet. In einer anderen Vitrine erkannte Menina unterschiedlich große Puppen in schlichten, langen Kleidern, die früher einmal weiß gewesen sein mussten. Jede Puppe hatte einen Wimpel auf dem Kopf, der durch winzige braune Bröckchen von Blumen oder etwas Ähnlichem gehalten wurde. Bräute Christi als Puppen. Für Menina, die unter Baptisten aufgewachsen war, sahen sie fremd, exotisch und ein wenig bizarr aus.
    Auf den unteren Böden stand eine Ansammlung von Puppengeschirr. Als Menina genauer hinsah, erkannte sie jedoch, dass es keine Teller, Schüsseln und Becher waren, sondern Altargeschirr: kleine silberne und goldene Kruzifixe, Kelche und Monstranzen. Daneben standen kleine Altäre aus Marmor und Alabaster mit winzigen Altartüchern, puppengroße Beichtstühle und Weihwasserbecken. Kleine Figuren, die Christus, die Jungfrau und verschiedene Heilige darstellten, waren so gefertigt, dass man sie auf ein kleines Holzgestell schrauben konnte, wie Menina es am Tag zuvor bei der Prozession gesehen hatte.
    Eine weitere Vitrine enthielt Messbücher, die mit Elfenbeinschnitzereien verziert waren und in eine Kinderhand passten, Rosenkränze für Puppen aus Saatperlen, kleine Palmzweige, kleine Peitschen aus angelaufenem Silber, die mit so winzigen Dornen bestückt waren, dass man sie kaum noch erkennen konnte. Es gab auch kleine vergoldete Altarschranken – Menina meinte sich zu erinnern, dass sie reredos hießen –, die wunderbar verziert waren, und Kerzenleuchter in Miniaturformat mit schiefen Kerzen aus echtem Wachs.
    In der letzten Vitrine lag etwas, das wie Schmuck aussah. Menina zuckte zurück. Winzige Kristallschatullen und -gefäße, mit schwarz angelaufenem Silber, Gold und staubigen Edelsteinen eingefasst, enthielten noch winzigere Reliquien aus Elfenbein und Ebenholz – Totenschädel, ein paar abgetrennte Hände, ein Menschenherz, der kleine blutüberströmte Kopf von Johannes dem Täufer … Menina wusste, dass man diese Behältnisse Reliquienschreine nannte. Sie konnte auch erkennen, wo man sie benutzt hatte. Das große dunkle Ding in einer Ecke war eine Kapelle, so groß wie eine Puppenstube.
    All diese Dinge beschworen das Bild von Kindernonnen herauf. Kindernonnen? Sie schauderte, verließ die sala und war froh, am Ende des Ganges Sonnenlicht zu sehen. Durch einen Steinbogen gelangte sie in den Klostergarten. Über einem Kreuzgang im romanischen Stil drängten sich wettergegerbte Wasserspeier mit abgeschlagenen Nasen. Bienen summten in überwucherten Kräuterbeeten umher, zwischen denen Wege aus verblassten roten und blauen Kacheln verliefen. Auf einem Podest stand ein Springbrunnen und ließ ein schwaches Plätschern hören. Es war ein Garten wie aus einem mittelalterlichen Stundenbuch, nur in völlig vernachlässigtem Zustand.
    Menina hockte sich auf die niedrige Mauer des Kreuzgangs, als die Klosterglocke die Stille durchbrach. Zwölf Schläge, es war bereits Mittag. Zeit fürs Mittagessen. Sie brach ein Stück von ihrem Brot ab. Im Sonnenlicht hatte es eine wenig appetitliche graue Farbe. Sie sollte besser in ihr Zimmer zurückkehren und nachsehen, ob dort etwas zu essen stand. Wenn sie nur jemanden fragen könnte, wo ihr Zimmer war. Da hörte sie Schritte und sah hinter den Bögen auf der gegenüberliegenden Seite des Kreuzganges eine Nonne durch die Schatten hasten. Menina rief: »Momento, por favor!« , und dann: »Hola!« , doch die Nonne konnte sie nicht gehört haben, denn ihre langen schwarzen Röcke fegten aus dem Blickfeld, als sie im Innern des Klosters verschwand.
    Menina stopfte das Brot in ihre Tasche zurück und versuchte, sie einzuholen. Sie konnte die Schritte hören, die vor ihr her durch das Dämmerlicht eilten, und nach der Stille und den gespenstischen Erscheinungen am frühen Morgen klangen sie vertraueneinflößend. Nach der Helligkeit im Garten konnten sich Meninas Augen nicht so schnell an das gedämpfte Licht im Innern des Gebäudes gewöhnen. Sie tastete an der Wand nach einem Lichtschalter, dann fiel ihr ein, dass es im Kloster ja gar keinen Strom gab. Die Schritte der Nonnen hörte sie nun nicht mehr und die Tatsache, dass sie nichts sehen konnte, schärften ihre anderen Sinne. Sie nahm einen süßen und leicht moschusartigen Geruch wahr, der sie an Sarah-Lynns Bienenwachspolitur

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