Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
Vom Netzwerk:
wieder an Gott und die katholische Kirche zu übergeben, liefen sie mit ihrem Plan, das Land von Ungläubigen – Mauren, Juden und Ketzern – zu reinigen, beim Grafen offene Türen ein. Sein Stolz auf seinen Stammbaum wurde nur von seiner Hingabe an die Kirche übertroffen.
    Drei seiner Söhne, von denen keiner besonders kräftig war, waren für die Kirche vorgesehen und befanden sich bereits im Seminar in Valladolid. Die anderen drei waren mit Töchtern aus anderen Familien Alter Christen verlobt. Nur Isabelas Zukunft war noch ungewiss. Sie hatte seit ihrer Geburt ein lahmes Bein und der Priester hatte den Grafen schon oft gedrängt, sie in eines der Eliteklöster von Madrid zu stecken. Er hatte ihm immer wieder vor Augen geführt, wie vorteilhaft es für die Familie wäre, eine Tochter bei Nonnen mit königlichem Blut und engen Verbindungen zum Hof unterzubringen.
    Es stimmte und dennoch … der Graf vermutete, dass der Aufstieg des Priesters in der Kirche von seiner Fähigkeit abhing, ihr menschliche Beutestücke mit Wohlstand und aus gutem Hause in die Arme zu treiben. Doch die Sache mit dem Stammbaum ließ den Grafen zögern. Der uralte, edle Titel der Familie konnte auch an weibliche Nachkommen weitergegeben werden. Sollten seine Söhne kinderlos sterben, würde der Titel an Isabela gehen und durch sie an ihre Kinder.
    Kurz vor der Geburt ihres letzten Kindes hatte die Gräfin darauf gedrängt, dass Isabelas Heirat eine weitere Absicherung für den Familiennamen sein sollte, und der Graf hatte in verschiedenen Familien Verhandlungen über ihre Verlobung geführt. Nun kniete er neben der Totenbahre seiner Frau und schwor, diese Verhandlungen zu einem raschen Ende zu bringen, ohne das Ende der Trauerzeit abzuwarten. Er war der Machenschaften des Priesters allmählich überdrüssig.
    Isabela schwankte auf den Knien, sie fühlte sich matt. Die Leichen waren bereits zwei Tage lang aufgebahrt und sie war sich sicher, dass sie einen leichten Verwesungsgeruch riechen konnte. Ihr Geruchssinn war neuerdings besonders ausgeprägt und ihr Magen rebellierte. Schnell presste sie sich ihr Taschentuch an den Mund, um nicht würgen zu müssen, und tastete mit fliegenden Fingern nach der Duftkugel, die ihr an einer Goldkette um die Taille hing. Sie hielt sie sich an die Nase und atmete den Duft von getrockneter Orangenschale, Nelken und Anis ein. Doch nachdem sie den Geruch des Todes einmal wahrgenommen hatte, schien er sie in seiner erstickenden Umarmung festzuhalten. Sie musste weg, sonst würde sie sich vor allen hier im Raum übergeben … Sie begann, sich von dem Samtkissen zu erheben, auf dem sie gekniet hatte. Wegen ihrer Behinderung war man nachsichtig mit ihr und niemand würde sie dafür tadeln, dass sie sich zurückzog.
    Sie schüttelte den Kopf, als ihr ein Diener aufhelfen wollte. Erneut bekreuzigte sie sich und wandte sich zur Tür. Es kostete sie Mühe, sich aufrecht zu halten. Sie wollte zeigen, dass sie ohne Hilfe zurechtkam, dass sie stärker war, als sie schien. Sie wusste, dass Alejandro sie beobachtete, und spürte, dass seine Augen ihr von seinem Platz unter den singenden Mönchen aus mit Liebe und Sorge im Blick folgten, obwohl er sich seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen hatte. Morgen um diese Zeit würden sie dieses Haus hinter sich gelassen haben. Zusammen.
    Dass die Tochter aus der Familie des stolzen Defensor del Santo Sepulchro ihr Schicksal mit dem eines Hauslehrers der Familie verbinden würde, hätte niemand für möglich gehalten. Aus diesem Grund konnten die beiden jungen Leute sich unter den Augen aller leidenschaftlich ineinander verlieben.
    Da die Gräfin durch ihre Schwangerschaften zu krank war, um sich um die Erziehung ihrer Tochter zu kümmern, wurde Isabela schon früh mit ihren Brüdern zusammen ins Schulzimmer geschickt. Ihre Lehrer waren ältliche Gelehrte aus dem nahegelegenen Kloster, die die Anwesenheit eines kleinen Mädchens mit missbilligendem Zungenschnalzen kommentierten. Was konnten Frauen mit Bildung anfangen? Doch der Graf war mächtig genug, um sich in den meisten Dingen durchzusetzen, und Isabela, begierig nach Aufmerksamkeit und Lob, erwies sich als die gewissenhafteste Schülerin unter den Geschwistern und erwarb sich durch Fleiß und Disziplin nach und nach die Anerkennung der Lehrer. Bisweilen vergaßen sie tatsächlich, dass sie ein Mädchen war.
    Und dann kam ein neuer Lehrer in die Familie, kurz vor Isabelas vierzehntem Geburtstag.
    Fr. Alejandro Abenzucar war

Weitere Kostenlose Bücher