Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
mein Vormund all das herausgefunden?«, wollte Esperanza wissen.
»Da er ein Legat aus dem Vermögen Eures Vaters erhält, sobald Eure Vermählung stattfindet, ließ er keine Zeit verstreichen, sondern suchte sofort nach Beweisen für Eure Abstammung. Als er mit den üblichen Methoden nichts in Erfahrung bringen konnte, versprach Euer Vormund demjenigen eine hohe Belohnung, der ihm die nötigen Informationen beschaffen würde. Der Diener Eures Vaters war der Informant. Zuerst verriet er das Versteck der geheimen Bücher Eures Vaters, dann berichtete er, was er mit eigenen Augen gesehen hatte. Dass Euer Vater eine Novizin kennengelernt habe, die allein, ohne jegliche Begleitung, unterwegs gewesen sei. Dass sie über die schwarze Magie gesprochen hätten, die nötig sei, um die Krankheit zu besiegen, wie Euer Vater und Sor Mar í a Caterina abgewartet hätten, ob die Schutzmaßnahmen, die sie beide ergriffen hatten, erfolgreich sein würden. Dass sie überlebt hätten, sei ein Beweis, dass der Satan sie gegen eine Seuche geschützt habe, die Gott geschickt habe.
Wochenlang versorgten sie die Kranken und die Sterbenden, schliefen ein paar Stunden, wann immer es ihnen möglich war. Von Zeit zu Zeit schickte Sor Mar í a Caterina eine Nachricht ans Kloster, jedoch erlaubte sie niemandem, ihr zu helfen, um nicht eine weitere Nonne und vielleicht das ganze Kloster der Krankheit auszusetzen. Es schickte sich nicht für eine Novizin, doch es waren schwierige Zeiten.
Als das Weihnachtsfest nahte, beendete eine Zeit der Kälte schließlich die Epidemie. Sor Mar í a Caterina wusste, dass sie nun ins Kloster zurückkehren sollte. Zwar hatte sie ihr Gelübde noch nicht abgelegt, doch Novizinnen bekommen nur selten die Erlaubnis, dem Kloster endgültig den Rücken zu kehren. In seiner Verzweiflung ersann Euer Vater einen kühnen und gefährlichen Plan: Sor Mar í a Caterina würde einfach verschwinden. Sie würden zum muslimischen Glauben ihrer Vorfahren zurückkehren, als Muslime vor den Augen Gottes heiraten und aus Spanien fliehen.
Sie und Euer Vater kamen in mein Haus, wo sie vor mir und zwei anderen Zeugen verkündeten: ›Ich erkenne keinen anderen Gott an als Allah und Mohammed ist sein Prophet.‹ Sie heirateten als Muslime. Als Zeichen ihres Versprechens gab Euer Vater Eurer Mutter einen sehr schönen Ring, mit Diamanten und Perlen besetzt. Doch das Glück in ihrer beider Augen war größer als der Wert aller Juwelen der Welt.
Als Mar í a Caterina nicht mehr ins Kloster zurückkehrte, durchsuchte man das Stadtviertel, in dem sie gearbeitet hatte, doch man fand nur einen einzigen Schuh und leere Medizinflaschen. Man nahm an, dass sie der Krankheit erlegen und ihr Leichnam zusammen mit anderen Opfern in ein Gemeinschaftsgrab geworfen worden war. Stattdessen verbarg sich das Paar in meinem Haus. Ich flehte sie an, Spanien sofort zu verlassen, doch die Regelung seiner Angelegenheiten, die Euer Vater meinte, vornehmen zu müssen, verzögerte ihre Abreise, und dann stellte Mar í a Caterina fest, dass sie ein Kind erwartete, und war zu krank, um reisen zu können. Sie nahm Eurem Vater das Versprechen ab, dass er, wenn sie die Geburt nicht überleben sollte, das Baby taufen und als Christ aufwachsen lassen würde, als der natürliche Sohn oder die natürliche Tochter Eures Vaters.«
»Und meine Mutter?«
»Sie starb bei der Geburt, so wie sie es befürchtet hatte, und um Euretwillen führte Euer Vater sein Leben fort. Weder Eure Mutter noch Euer Vater hat sich jemals von dem muslimischen Glauben abgekehrt, dem sie angehörten, doch Euer Vater hielt sein Versprechen und erzog Euch als Christin. Nur der Diener kannte die Wahrheit und hat für sein Schweigen über viele Jahre Geld von Eurem Vater erpresst. Ein Geringerer als Euer Vater hätte den Missetäter ermorden lassen. Euer Vormund ist zu gierig, um Euch an die Inquisition auszuliefern. Euer Vermögen würde an das Heilige Offizium fallen und er hat vor, es für sich zu behalten.«
»Und der Diener … Er ist doch sicher in Gefahr?«
»Ah, der Diener … Man fand ihn mit aufgeschlitzter Kehle in einer finsteren Gasse. Räuber, ganz bestimmt von Eurem Vormund angeheuert«, antwortete Don Jaime trocken. »Nun, meine Liebe, die Frau Eures Vormundes wirft mir misstrauische Blicke zu. Ich werde einen Weg finden, Euch zu helfen. Lasst die Frau sehen, wie ich Euch segne.«
Esperanza wurde klar, dass es niemanden in ihrer Nähe gab, dem sie vertrauen konnte. Mit jedem
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