Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
seltsame und tödliche Seuche in einem der ärmsten und am dichtesten bevölkerten Viertel von Sevilla auf, in der Nähe der Docks, wo Schiffe aus Amerika beladen und entladen wurden. Zwei Matrosen, die gerade von einer Galeone aus Hispaniola an Land gekommen waren, waren die ersten Opfer. Sie tranken in einer Taverne in den Docks, als sie plötzlich krank wurden. Sie brannten vor Fieber, nach einem Tag waren ihre Leiber so angeschwollen, dass sie fast platzten, sie bluteten aus den Ohren und der Schmerz in ihren Köpfen ließ sie schreien, bis der Tod ihre Qualen beendete. Bei ihnen waren einige Huren, die bald darauf krank wurden, mit denselben Krankheitszeichen, mit denselben Qualen. Auch sie starben. Kurze Zeit später waren auch einige andere Männer krank, die den Huren ebenfalls beigewohnt hatten, und die Seuche verbreitete sich in dem Viertel, in dem viele Matrosen lebten, wie Feuer in trockenem Holz. Auch in anderen Teilen der Stadt wütete sie und tötete erst viele Vollmatrosen, dann Ladenbesitzer und Metzger und andere, und dann die Dienerschaft in den Häusern der Reichen und schließlich die Reichen selbst.
Es war die Zeit im Jahr, in denen viele Schiffe zwischen Amerika und Spanien hin- und herfuhren, bevor die Herbststürme begannen, und der Verlust von Seeleuten zu einer solchen Zeit ist eine Katastrophe. Spanien rechnete mit einem Angriff muslimischer Heere, die sich in Nordafrika sammelten, und konnte seine Verteidigung nur mithilfe der Reichtümer aus der Neuen Welt aufrecht halten.
Schon bald gab es zu viele Tote, als dass man sie aus den Straßen hätte einsammeln können, und wer immer konnte, floh aus Sevilla. Euer Vater war einer der wenigen mit medizinischem Wissen, die blieben, um zu helfen. Und er erinnerte einen verzweifelten Verwaltungsbeamten daran, dass es im Kloster Regina Coeli eine Novizin gab, von der man sich erzählte, dass sie wusste, wie man Krankheiten aus der Neuen Welt behandeln musste.
Vor ihrem Eintritt ins Kloster war Sor Mar í a Caterina eine tüchtige Apothekerin. Als sie ihr Noviziat begonnen hatte, wurde der Erzbischof auf sie aufmerksam, weil sie zurückgekehrte Missionare von Krankheiten heilte, die sie aus der Neuen Welt mitgebracht hatten. Unter ihrer Pflege genasen diese Priester häufig und von ihnen lernte sie viel über Krankheiten der Neuen Welt und über Heilmethoden der Eingeborenen. Spanische Ärzte neideten ihr ihren Erfolg und nannten sie eine ungläubige Hexe, doch der Erzbischof erlaubte nicht, dass man Schritte gegen sie unternahm.
Normalerweise hätte Sor Mar í a Caterina ihre Ratschläge durch das locutio erteilt, doch das Problem mit der Seuche war zu drängend, als dass man Nachrichten durch Boten ins Kloster hinein und wieder hinausschicken konnte. Mar í a Caterina sollte selbst zu den Patienten gehen. Auf Anweisung des Erzbischofs wurde sie in einer stürmischen Nacht, in der nur wenige Menschen unterwegs waren, hastig zu einer wartenden Kutsche geleitet, zusammen mit ihrer Truhe mit Medizin.
Es war ein schwerer Sommersturm mit heftigem Regen und Winden, die Unrat durch die Luft wirbeln ließen. Die Pferde wurden nervös. Die Straßen waren glatt und nass und schließlich kam ein heftiger Donnerschlag, der die Pferde durchgehen ließ. Der Kutscher verlor die Kontrolle und Sor Mar í a Caterina bekam schreckliche Angst, als die Pferde parallel zum Fluss mit der Kutsche davonjagten. Kurz bevor sie einen Abhang hinunter auf das Flussufer stürzten, löste sich die Kutsche von dem Pferdegespann. Kutscher und Vorreiter fielen in den Fluss, doch ein Passagier wurde hinausgeschleudert. Euer Vater sah den Unfall. Er war vor die Tür getreten, um die Blitze zu beobachten, und hastete den Abhang hinunter, um dem Passagier zu helfen. Zu seiner Überraschung war es eine Frau, die sich, zutiefst erschreckt, aber unverletzt, nur um die Truhe sorgte, die sie in der Kutsche bei sich gehabt hatte. Sie sagte, sie sei unterwegs zu dem Viertel, in dem das Fieber wütete. Euer Vater bestand darauf, sie und ihre Medizin zum Ziel ihrer Reise zu begleiten.
Schon bald waren sie in ein Gespräch über die Seuche vertieft. Beide erinnerten sie sich daran, dass Ibn Sina ähnliche Anzeichen erwähnt hatte, und sie sprachen über die besonderen Merkmale dieser neuen Krankheit. Erst als die Dame ungeduldig ihren Umhang abnahm, um besser sehen zu können, was sie tat, bemerkte Euer Vater, dass seine interessante Begleiterin die Kutte einer Novizin trug.«
»Wie hat
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