Das Zeichen der Vier
in der Hand, einen Weg durch die wunderliche Tiergesellschaft, die er um sich geschart hatte. In dem flackernden, trüben Licht konnte ich vage erkennen, daß aus allen Ecken und Winkeln blitzende Augenpaare verstohlene Blicke auf uns warfen. Selbst auf den Dachbalken über unseren Köpfen saß dichtgedrängt und würdevoll eine Reihe gefiederter Brüter, die träge das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerten, als unsere Stimmen ihren Schlummer störten.
Toby entpuppte sich als ein häßliches, langhaariges, weiß und braun geflecktes Geschöpf, halb Spaniel und halb Lurcher 22 , mit Hängeohren und einem sehr schwerfälligen, watschelnden Gang. Nach einigem Zögern fraß er mir ein Stück Zucker aus der Hand, das der alte Tierpräparator mir zugesteckt hatte, und nachdem unser Bündnis so besiegelt war, folgte er mir zum Wagen und fuhr, ohne die geringsten Schwierigkeiten zu machen, mit mir fort. Die Uhr vom Crystal Palace 23 hatte eben drei geschlagen, als ich wieder in
Pondicherry Lodge
eintraf. Der ehemalige Preisboxer McMurdo war dem Vernehmen nach als Komplize verhaftet und zusammen mit Mr. Sholto abgeführt worden, und zwei Polizisten standen jetzt bei der schmalen Pforte Posten, ließen mich jedoch mit dem Hund passieren, als ich den Namen des Detektivs erwähnte.
Holmes stand vor der Haustür, hatte die Hände in die Taschen vergraben und rauchte seine Pfeife.
»Ah, da ist er ja!« rief er. »Braver Hund, ja! Athelney Jones ist weg. Wir durften hier, kaum waren Sie gegangen, einer immensen Entfaltung von Tatkraft beiwohnen. Er hat nicht nur unseren Freund Thaddeus, sondern auch den Pförtner, die Haushälterin und den indischen Diener verhaften lassen. Jetzt haben wir das Haus für uns, nur ein Sergeant ist oben geblieben. Lassen Sie den Hund hier und kommen Sie mit.«
Wir banden Toby an einem Tischbein in der Eingangshalle fest und stiegen ein weiteres Mal die Treppe hoch. Das Zimmer war noch genau so, wie wir es verlassen hatten, außer daß ein Laken über die Gestalt in der Mitte gebreitet worden war. Ein müde aussehender Polizei-Sergeant lehnte in einer Ecke.
»Würden Sie mir Ihre Blendlaterne leihen, Sergeant«, sagte mein Gefährte. »Knüpfen Sie mir jetzt dieses Seil um den Hals, so daß ich sie vorn festmachen kann. Danke. Und jetzt muß ich mich meiner Stiefel und Strümpfe entledigen. Nehmen Sie sie doch einfach mit hinunter, Watson. Ich mache mich jetzt auf zu einer kleinen Kletterpartie. Und tunken Sie mein Taschentuch in das Kreosot. Danke, das genügt. Wenn Sie jetzt noch für einen Moment mit mir in die Dachkammer hinaufkommen könnten.«
Wir kletterten durch das Loch nach oben. Holmes richtete das Licht der Laterne einmal mehr auf die Fußabdrücke im Staub.
»Ich möchte, daß Sie Ihr besonderes Augenmerk auf diese Fußspuren lenken«, sagte er. »Fällt Ihnen irgend etwas Außergewöhnliches daran auf?«
»Sie müssen von einem Kind oder einer kleinen Frau herrühren«, antwortete ich.
»Nun, von der Größe einmal abgesehen, meine ich. Gibt es sonst nichts Auffälliges?«
»Sie scheinen mir ganz wie andere Fußspuren zu sein.«
»Nein, ganz und gar nicht. Schauen Sie! Hier haben wir den Abdruck eines rechten Fußes im Staub. Nun mache ich daneben einen von meinem nackten Fuß. Was ist nun der augenfälligste Unterschied?«
»Ihre Zehen sind alle aneinandergequetscht, beim anderen Abdruck ist jeder einzelne Zeh deutlich von denen daneben abgegrenzt.«
»Genau. Das ist der springende Punkt. Behalten Sie das in Erinnerung. Wären Sie jetzt wohl so freundlich, dort hinüber zur Dachluke zu gehen und an deren Rahmen zu riechen? Ich werde derweilen hier drüben bleiben, da ich das Taschentuch in der Hand halte.«
Ich tat, wie er mich geheißen, und nahm sogleich einen durchdringenden, teerähnlichen Geruch wahr.
»Dort hat er beim Hinausklettern seinen Fuß hingesetzt. Wenn
Sie
seine Spur ausmachen können, dann sollte Toby leichtes Spiel damit haben, denke ich. Und nun laufen Sie nach unten, binden den Hund los und halten Ausschau nach Blondin. 24 «
Als ich im Garten unten ankam, befand Holmes sich bereits auf dem Dach, und ich konnte sehen, wie er gleich einem riesigen Glühwürmchen langsam und vorsichtig dem Dachfirst entlangkroch. Hinter einem Büschel Schornsteinen verlor ich ihn aus den Augen, aber nach einer Weile tauchte er wieder auf, um schließlich auf der gegenüberliegenden Seite des Daches zu verschwinden. Ich ging um das Haus herum und fand ihn dort
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