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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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hinauszufahren. Oder sind Sie vielleicht zu müde dazu?«
    »Keineswegs. Ich glaube sowieso nicht, daß ich Ruhe finde, bevor ich mehr über diese verrückte Sache weiß. Ich habe das Leben ja nun wirklich auch von seinen dunklen Seiten kennengelernt, aber glauben Sie mir, diese überraschende Folge seltsamer Ereignisse hat meine Nerven vollständig zerrüttet. Dennoch liegt mir viel daran, die Sache mit Ihnen zu Ende zu verfolgen, da sie nun bereits so weit gediehen ist.«
    »Ihre Gegenwart wird mir eine große Hilfe sein«, antwortete er. »Wir verfolgen den Fall auf eigene Faust weiter und überlassen es Freund Jones, seine Windeier voll Stolz zu bekrähen. Wenn Sie Miss Morstan abgesetzt haben, möchte ich, daß Sie bei der Pinchin Lane Nr. 3, drunten in Lambeth, ganz nahe am Ufer der Themse, vorbeigehen. Das dritte Haus auf der rechten Straßenseite gehört einem Tierpräparator; Sherman ist sein Name. Er hat ein Wiesel, das einen jungen Hasen geschnappt hat, im Fenster ausgestellt. Klopfen Sie den alten Sherman heraus und bestellen Sie ihm, zusammen mit meinen besten Empfehlungen, daß ich Toby ganz dringend brauche. Dann packen Sie Toby in die Droschke und fahren hierher zurück.«
    »Ein Hund, nehme ich an?«
    »Ja, ein wunderlicher Bastard mit einem ganz und gar stupenden Geruchssinn. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich Tobys Hilfe derjenigen der ganzen Londoner Kriminalpolizei vorziehen.«
    »Gut, ich bringe ihn her«, sagte ich. »Jetzt ist es ein Uhr. Wenn ich ein frisches Pferd bekomme, sollte ich bis drei Uhr wieder da sein.«
    »Und ich«, sagte Holmes, »will mal schauen, was von Mrs. Bernstone zu erfahren ist und dem indischen Diener, der laut Mr. Thaddeus in der Dachkammer nebenan schläft. Danach werde ich die Methoden des großen Jones studieren und mir seine nicht eben subtilen Sarkasmen anhören. ›Wir sind gewohnt 21 , daß die Menschen verhöhnen, was sie nicht verstehen.‹ Fürwahr, Goethe trifft immer den Kern der Sache.«

7. Die Episode mit dem Faß
    Die Polizei hatte einen Wagen mitgebracht, und den benutzte ich nun, um Miss Morstan nach Hause zu geleiten. Wie es der Frauen engelhafte Art ist, hatte sie all das Ungemach mit gefaßter Miene ertragen, solange jemand schwächerer da war, der ihren Beistand benötigte, und an der Seite der verstörten Haushälterin hatte ich sie heiter und gelassen vorgefunden. Sobald wir jedoch im Wagen waren, wurde sie bleich und brach dann in heftiges Schluchzen aus, so sehr hatten die Ereignisse dieser Nacht ihr zugesetzt. Sie hat mir später gestanden, daß sie mich während dieser Fahrt für kalt und herzlos gehalten habe. Wie wenig wußte sie doch um den Kampf, der in meiner Brust tobte, die Anstrengung, die es mich kostete, Zurückhaltung zu üben. Mein Mitgefühl und meine Liebe wurden zu ihr hingezogen wie meine Hand zuvor im Garten. Für mein Gefühl hätten Jahre konventionellen gesellschaftlichen Verkehrs mir nie einen so tiefen Einblick in ihre liebenswürdige, beherzte Natur gewähren können wie dieser eine Tag voller seltsamer Erlebnisse. Doch waren da zwei Gedanken, welche die Worte der Zuneigung nicht über meine Lippen kommen ließen. Sie war schwach und hilflos, an Gemüt und Nerven erschüttert. Ihr in einem solchen Augenblick meine Liebe aufzudrängen wäre nichts anderes gewesen als ein Ausnutzen ihrer Lage. Und was noch schwerer wog, sie war reich. Falls Holmes seine Ermittlungen zu einem erfolgreichen Abschluß brachte, erbte sie ein Vermögen. War es anständig, war es ehrenhaft, wenn ein Militärarzt auf halbem Sold sich eine Vertrautheit zunutze machte, die durch einen glücklichen Zufall entstanden war? Würde sie mich nicht für einen ganz kommunen Mitgiftjäger halten? Wie dürfte ich riskieren, daß sie auch nur vorübergehend auf einen solchen Gedanken verfiele. Dieser Agra-Schatz erhob sich wie eine unüberwindbare Schranke zwischen uns.
    Es war beinahe zwei Uhr, als wir das Haus von Mrs. Cecil Forrester erreichten. Die Diener hatten sich längst zurückgezogen, aber Mrs. Forresters Interesse war durch die seltsame Mitteilung, die Miss Morstan empfangen hatte, geweckt worden, so daß sie aufgeblieben war, um deren Rückkehr abzuwarten. Sie selbst, eine charmante Frau mittleren Alters, kam, uns die Tür zu öffnen, und es tat mir im Herzen wohl zu sehen, wie liebevoll sie den Arm um die Zurückgekehrte schlang und sie in mütterlichem Ton begrüßte. Es war offensichtlich, daß diese hier nicht einfach eine entlohnte

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